Pfaffenhofen
Das Ende der Wende

Zwei Kilometer Abstand und sinkende Vergütung: Die Zeit der Windräder scheint vorbei zu sein

17.01.2014 | Stand 02.12.2020, 23:11 Uhr

Hopfengärten und Windräder – so wie hier in der Nähe von Frickendorf – kommen in Zukunft wohl eher nicht mehr oft zusammen. Die Politik verschlechtert die Rahmenbedingungen gerade erheblich: durch höhere Abstandsflächen zu den nächsten Wohnhäusern und durch eine geringere Vergütung des erzeugten Stroms. Arch - foto: Straßer

Pfaffenhofen (PK) Monatelang ist die Windradplanung ein beherrschendes Thema gewesen. Jetzt führt die „große“ Politik diesen Aspekt der Energiewende ad absurdum. Hohe Abstandsflächen und sinkende Vergütung des erzeugten Stroms machen den Neubau von Anlagen so gut wie unmöglich.

Für die Gegner fühlt es sich so an, als würde der Bau von Windrädern wie ein Damoklesschwert über ihren Köpfen schweben. Die Befürworter sehen die Anlagen hingegen als mitentscheidenden Aspekt der Energiewende. Weg von den Atomkraftwerken, hin zu erneuerbaren Energie, zu „natürlicher“ Stromerzeugung mit Hilfe von Sonne, der Erdwärme oder eben des Windes. Die Politiker in Berlin und München sind allerdings gerade auf einem guten Weg, zumindest der Windenergie einen gewaltigen Riegel vorzuschieben. Während die Große Koalition im Bundestag vorhat, die EEG-Förderung, also die finanzielle Vergütung des durch Windräder erzeugten Stroms, drastisch zu kürzen, hat sich die CSU auf ihrer Fraktionsklausur in Wildbad Kreuth dazu entschlossen, die vorgeschriebenen Abstandsflächen zwischen Windrädern und den nächsten Wohnhäusern gewaltig zu erhöhen. „10H“ lautet die Formel, die hinter dem Vorhaben der Christsozialen steht. Am besten erklärt es sich anhand eines konkreten Beispiels: Wenn ein geplantes Windrad 200 Meter hoch werden soll, muss das nächste Haus mindestens 2000 Meter, also das Zehnfache, davon entfernt stehen. Eine simple Rechnung mit drastischer Wirkung. „Für den Landkreis würde das bedeuten, dass wohl an überhaupt keiner Stelle ein Windrad errichtet werden kann“, sagt Manfred Russer. Der Hohenwarter CSU-Bürgermeister ist in Personalunion Chef des Planungsverbands Windkraft Pfaffenhofen. Vertreter aller Landkreisgemeinden versuchen darin, einen übergreifenden Teilflächennutzungsplan aufzustellen, der sogenannte Positivflächen ausweist. Dabei handelt es sich um eine Art Überblicksplan, wo Windparks entstehen könnten. Er soll eine sogenannte „Verspargelung“ der Landschaft verhindern. Also dass einzelne, optisch nicht gerade schön anzusehende Windräder, an vielen Stellen im Landkreis entstehen. Diesem Plan liegen jedoch Abstandsflächen von 950 Metern zu Wohnhäusern und 650 Metern zu Gewerbegebieten zugrunde. „Bei zwei Kilometern ist es sehr unwahrscheinlich, dass überhaupt noch eine Fläche übrigbleibt“, sagt Russer offen. Und trotzdem: Am kommenden Mittwoch treffen sich in Rohrbach die Mitglieder des Planungsverbandes, um das Verfahren offiziell einzuleiten. Etwa ein Jahr wird es danach noch dauern, bis der Windatlas komplett fertig ist. „Ich gehe davon aus, dass wir das durchziehen, egal was die Politik für äußere Vorgaben macht“, sagt Russer. Schließlich sei der Landkreis mit dem fertigen Plan auf jeden Fall für die Zukunft gerüstet. Schließlich könne es gut sein, dass die Vorgaben irgendwann erneut geändert würden. „Die Politik kann da ja recht schnelllebig sein“, sagt Russer. Mit Blick auf den Umgang mit der Windkraft kann man ihm da nur beipflichten. Schließlich war der Bau von Windrädern noch vor wenigen Monaten ausgesprochen gewollt. Die Vorgabe aus dem Maximilianeum lautete bis vor Kurzem noch, dass in jedem Landkreis Dutzende Windräder errichtet werden sollten.

Wie der CSU-Landtagsabgeordnete Karl Straub aus Kreuth berichtet, lautet die offizielle Begründung der ausgeweiteten Abstandsfläche nun „Schutz vor Verspargelung“. Neben der Festsetzung der Abstandsfläche kommt es ihm aber persönlich auch darauf an, ob sich ein Windrad tatsächlich finanziell rechnet – und ob es für eine erfolgreiche Energiewende tatsächlich hilfreich ist. „Das ist eine Riesenaufgabe. Und den Sinn von Windrädern muss man schon hinterfragen“, sagt er. Er hält eine solide Wirtschaftlichkeitsberechnung für absolut nötig. „Vor allem in den Gegenden, wo der Wind eben nicht so heftig weht – und bei uns im Landkreis ist das wirklich die Frage, ob sich tatsächlich Investoren finden.“ So gesehen seien die erweiterten Abstandsflächen auf der Klausur zwar durchgegangen. Als Ausschlag gebend stuft Straub diese Änderung aber gar nicht ein. „Viel erheblicher ist das Absenken der Vergütung, wie sie aus Berlin offenbar beschlossen wird.“

Denn das komplette Aus für weitere Windräder im Bayernland soll der CSU-Beschluss im Grunde auch nicht werden. „Es gibt eine Ausnahmeregelung“, berichtet Straub. Sollte ein Gemeinde- oder ein Stadtrat mehrheitlich der Meinung sein, dass ein Windrad gewünscht ist, steht „10H“ dem Vorhaben nicht im Weg. Auch ein positiver Bürgerentscheid würde den Bau ermöglichen. „Es können noch Windräder kommen, zumindest wenn die Bürger das wirklich wünschen“, sagt Straub. Die bereits gegründeten Bürgergenossenschaften können also aufatmen. Theoretisch ist weiterhin alles möglich. Ob Windräder rentabel seien, stehe aber auf einem ganz anderen Blatt. „Es gibt Erfahrungen, wonach die vorab errechneten Erträge um 80 Prozent unterschritten wurden“, führt Straub aus. Und damit würde sich natürlich kein Investor und keine Gruppe von Windradbefürwortern einen Gefallen tun.