Pfaffenhofen
DGB sieht den Mindestlohn bedroht

Geballte Klassenkampf-Rhetorik bei der Pfaffenhofener Festveranstaltung zum 1. Mai

03.05.2015 | Stand 02.12.2020, 21:21 Uhr

Massive Kritik am Kurs der Arbeitgeber übte bei der DGB-Festveranstaltung Gastredner Jörg Schlagbauer - Foto: Paul

Pfaffenhofen (PK) Rund 150 Teilnehmer sind am Freitagmorgen zur Festveranstaltung des DGB anlässlich des 1. Mai in den Pfaffenhofener Rathaussaal gekommen – eine kurzfristige Ausweichlösung, denn auf den ursprünglich dafür vorgesehenen Sparkassenplatz prasselte der Regen.

„Die Arbeit der Zukunft gestalten wir“, lautete das diesjährige Motto der Veranstaltung, bei der Pfaffenhofener DGB-Chef Roland Dörfler Gastgeber war. Und es gab in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten schon Maifeiern des Gewerkschaftsbunds, wo dieser Imperativ weniger durch sozialpolitische Fakten unterlegt war. In den vergangenen zwölf Monaten konnten die Arbeitnehmervertreter unter anderem die Errungenschaften eines gesetzlichen Mindestlohns und der abschlagsfreien Rente mit 63 Jahren nach mindestens 45 Berufsjahren verbuchen. Das mag gut klingen. Aber der Klassenfeind lauert aus Gewerkschaftssicht und will ihnen die mühsamen Errungenschaften gleich wieder streitig machen – worauf Festredner Jörg Schlagbauer, seines Zeichens Betriebsrat und Vorsitzender der IG Metall Vertrauenskörperleitung bei Audi in Ingolstadt, vehement hinwies: „Die Arbeitgeber suchen immer wieder Mittel und Wege, ihren Geldbeutel auf unsere Kosten prall zu füllen – und den sollen wir ihnen dann auch noch nach Hause schleppen. Da sage ich entschieden Nein. Das Gegenteil muss der Fall sein: Die da oben in der Champagneretage müssen unsere Lohntüten prall füllen und unsere Ansprüche auf soziale Gerechtigkeit erfüllen.“

Auch die weiteren Ausführungen Schlagbauers waren keine Kuschelrhetorik: „Es darf nicht sein, dass sich einige schwarze Schafe vor dem Mindestlohn drücken und anderen, die den Mindestlohn zahlen, mit Dumpinglöhnen Konkurrenz machen.“ Mit dem Mindestlohn („als Sternstunde der Demokratie längst überfällig“) verbessere man das Leben von fünf Millionen Menschen in Deutschland. „Wer dagegen wettert und sich vor einer Belastung des Staates fürchtet, der glaubt sicher auch: Aspirin verstärkt Kopfschmerzen.“

Außer zu unmittelbaren Arbeitnehmerrechtsthemen nahm der Gastredner auch zu weiteren Aspekten Stellung – etwa zum geplanten Freihandelsabkommen TTIP – und sparte auch hier nicht mit Polemik: „Wollt ihr lieber ein braunes Chemie-Gebräu made in USA oder unser süffiges Bier aus Bayern“ Und wenig später: „Letztlich geht es den Konzernen und damit dem Kapital doch darum, Kosten zu senken und ein Maximum an Gewinn einzufahren. Alles läuft auf einen Punkt hinaus: Liberalisierung auf Teufel komm raus.“

Wiederholt wies Jörg Schlagbauer im Verlauf seiner Festrede auf seine politische Positionierung als Sozialdemokrat hin und griff massiv die CSU an („in Berlin mitmachen, in München dagegen sein“). Kein Wort verlor er im Übrigen darüber, dass der SPD-Bundesvorsitzende und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel zu den entschiedensten Befürwortern eben dieses Freihandelsabkommen gehört.

Die Staatsregierung bekam von dem Gewerkschaftsfunktionär aber auch auf weiteren Politikfeldern ihr Fett weg, etwa im Zusammenhang mit dem G 8: Dieses hindert unsere Kinder am Kind-Sein und sei „nichts anderes als eine preußische Kadettenanstalt auf bayerischem Boden.“ Aber „Seehofer und seine Beamten“ hätten von der Materie ja so wenig Ahnung „wie ein Hahn vom Eierlegen.“

Angesichts dieser Schimpfkanonade verdient es schon fast Bewunderung, dass Alt-Bürgermeister Hans Prechter, als überzeugte CSUler und als Gast mit im Saal, zum Schluss mit aufstand und ohne zu murren alle drei Strophen des alten Gewerkschaftskampflieds „Wann wir schreiten Seit an Seit“ mitsang.