Pfaffenhofen
"Große Verantwortung der Gemeinden"

Im Landkreis entstehen immer mehr Kindergärten und Krippen - trotz schwieriger Rahmenbedingungen

19.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:56 Uhr

−Foto: PK-Archiv

Pfaffenhofen (PK) In Steinkirchen soll gebaut werden, Hettenshausen und Ilmmünster schmieden Pläne, in Menning laufen die Arbeiten und in Geisenfeld gibt es auch einen neuen Kindergarten. Momentan entstehen zahlreiche Kindertagesstätten im Landkreis - ein Trend mit Chancen und Problemen.

Seit ein paar Jahren eilt Rita Obereisenbuchner (kleines Bild) von einem Kindergarten zum nächsten. "Da wurde von den Zuschussgebern eine richtige Welle losgetreten", erklärt die Architektin. "Und das sind alles eilige Projekte, die binnen Jahresfrist geschehen sollen." Ob nun der Kindergarten Ecolino in Pfaffenhofen, der 2014 eingeweiht wurde, eine Erweiterung in Reichertshausen oder auch in Hettenshausen oder auch ein Projekt in Schweitenkirchen: Letztlich entstehen im gesamten Landkreis neue Räume für die Kinderbetreuung - denn seit der gesetzliche Anspruch auf einen Krippenplatz gilt, ist die Politik hier unter Zugzwang. "Das Ganze hängt auch unmittelbar mit der Bauleitplanung der Gemeinde zusammen", fügt Obereisenbuchner an. "Wenn eine Gemeinde wächst, braucht sie auch Kindergärten."

Die wichtigsten Infos zu Kindergärten- und -krippen finden Sie hier.

Diesen Trend kann auch Wilfried Schober vom Bayerischen Gemeindetag bestätigen. "Erfreulicherweise steigen die Bevölkerungszahlen", erklärt er. "Dazu kommen die Flüchtlinge, die ebenfalls Kinder haben - hier braucht es auch dringend Integration."

"Wenn eine Gemeinde wächst, braucht sie auch Kindergärten."

Rita Obereisenbuchner, Architektin

 

In den vergangenen acht Jahren hat Obereisenbuchner mit ihrem Team insgesamt neun Kindergärten und -krippen im Landkreis geplant, als neue Einrichtung oder als Anbau. "Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sich die kleinen Gemeinden schwertun mit Prognosen", erzählt sie. Denn ob es nun auch langfristig einen Bedarf für eine neue Krippe als Millionenprojekt gibt, da wollen sich die Kommunen nicht verschätzen. Dem stimmt auch Schober zu: "Der Bedarf kommt letztlich in Wellenbewegungen: Plötzlich gibt es einen Mordsbedarf - und dann klingt es wieder ab." Momentan gibt es wieder einen Anstieg in Bayern - eben aufgrund der guten wirtschaftlichen Lage und des Zuzugs sowie auch wegen des gesetzlichen Anspruchs auf einen Betreuungsplatz. Vonseiten des Staates gibt es hier daher Unterstützung für die Gemeinden, damit sie genug Betreuungsplätze schaffen können. "Genug Geld wäre da: Bundesweit sind es vier Milliarden Euro, die hier als Fördergelder bereitstehen", sagt Schober.

Ganz so einfach sieht Architektin Obereisenbuchner die Finanzfrage allerdings nicht. "Das ist eine große Verantwortung der Gemeinden", sagt Obereisenbuchner. Denn auch wenn vonseiten der Regierung Fördergelder in Aussicht stehen: "Nach unseren Erfahrungen deckt das etwa ein Drittel der Gesamtkosten." Der Rest der Ausgaben bleibt letztlich doch bei der Gemeinde hängen. Denn staatlich gefördert wird nach der Anzahl der Kinder und der Größe der Hauptnutzfläche. Das bedeutet im Umkehrschluss aber, dass beispielsweise in einer Krippe für ein Kind etwa 3,5 Quadratmeter veranschlagt werden. Letztlich bedeutet das eine Raumgröße von 42 Quadratmetern. "Und da sollen zwölf Kinder und zwei Erwachsene rein." Für eine Gruppe im Kindergarten stehen in den Vorgaben mindestens 50 Quadratmeter - bei 25 Kindern. Erst ab drei Gruppen ist ein Mehrzweckraum vorgeschrieben. "Das ist echt winzig", sagt Obereisenbuchner. "Das mag ein Geldgeber so entscheiden, aber ein Planer darf das eigentlich so nicht machen." Doch hier hat die Architektin bisher stets die Erfahrung gemacht, dass die Gemeinden im Landkreis nicht auf diesen Vorgaben beharren. "Die Gemeinden tragen das mit, dass wir die Krippen größer machen als es das Mindestraumprogramm vorschreibt", sagt sie. "Es waren bisher alle Bauherren bereit, dass sie hier mehr investieren." So können die Planer die Räume größer gestalten, dazu gibt es beispielsweise noch Spielflure und einen Bistrobereich, in dem nicht nur das Mittagessen stattfinden kann, sondern den auch einmal eine Gruppe als Ausweichort nutzen kann oder wo auch mal kleine Veranstaltungen mit den Eltern organisiert werden können.

Dennoch geben die Kosten Planer und Gemeinden natürlich den möglichen Rahmen vor. "Die steigenden Baukosten beschäftigen uns sehr", sagt Obereisenbuchner. Denn die Firmen sind gut ausgelastet, entsprechend steigen die Preise. Das kann auch Schober vom Gemeindetag bestätigen. "Die Gemeinden müssen das Vorhaben ausschreiben - und wenn sie Glück haben, bekommen sie zwei Angebote." Diejenigen, die ein Angebot abgeben, nennen überteuerte Kosten - aber mehr Auswahl haben die Gemeinden ja nicht, so Schober. "Das ist das Problem der boomenden Wirtschaft."

Um eine langfristig praktikable Kindertagesstätte zu bieten, plant Obereisenbuchner deshalb lieber eine umfassende Lösung: "Wir tendieren dazu, eher Kinderhäuser zu planen", sagt sie. Die Fläche der Krippenräume gestaltet sie an der oberen Grenze des Machbaren - das sind etwa 54 Quadratmeter. Für einen Kindergartenraum sind derweil 55 Quadratmeter für eine Gruppe nötig. So lässt sich die Einrichtung letztlich flexibel gestalten: je nach Bedarf als Krippenraum oder Kindergartengruppe. Das ist momentan beispielsweise in der künftigen Kindertagesstätte von Ilmmünster und Hettenshausen der Plan: Von vier Gruppenräumen sind die beiden im Obergeschoss fix als Kindergarten gestaltet, die beiden im Erdgeschoss hingegen sollen variabel als Krippe oder Kindergarten genutzt werden können. Daher gilt für die Planer ganz klar: "Wir wollen uns nicht verwirklichen, sondern eine Lösung", sagt Obereisenbuchner. "Es geht nicht um den künstlerischen Ausdruck." In der Praxis schreibt daher der Zweck die Regeln: "Wir müssen schauen, welche Räume nebeneinander liegen sollen, damit es funktioniert", sagt auch ihr Kollege Florian Schöllhorn. Daher sehen sie auch Dinge wie Piratenschiffe oder Kletterdrachen eher skeptisch. "Es ist nicht das Ziel, dass wir etwas reinzwingen, das dann nicht funktioniert. Letztlich füllen die Kinder das Haus mit Leben."

Wie Schober erklärt, gibt es - neben den rein bauplanerischen Hürden - noch ein weiteres, großes Problem für die Gemeinden. "Beim Personal sieht es zappenduster aus", sagt er. "Neue Kindergärtnerinnen gibt es nicht. Momentan bräuchte man ganz viele - aber der Markt ist leer gefegt." Für München, so berichtet Schober, werbe die Stadt bereits in den neuen Bundesländern, um passende Fachkräfte zu finden - die dann wiederum dort fehlen. "Es gibt eigentlich viele, die sich für den Beruf interessieren", sagt Schober. "Aber die Ausbildung dauert viel zu lange und macht den Beruf unattraktiv."