Geisenfeld
"Routine vermittelt Geborgenheit"

Marianne Koch betreut seit 32 Jahren das Eltern-Kind-Programm der Katholischen Erwachsenenbildung

09.02.2016 | Stand 02.12.2020, 20:13 Uhr

Foto: Magdalena Zurek

Geisenfeld (GZ) Eine Woche ohne ihre Kleinen? "Da fehlt mir direkt was", meint Marianne Koch. Seit 32 Jahren betreut sie das sogenannte Eltern-Kind-Programm (EKP). Als sie mit dem Projekt der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) begann, waren derlei pädagogische Angebote noch "exotisch".

Heute sind sie fester Bestandteil des KEB-Jahresprogramms. Anders als bei den üblichen Kindertagesstätten oder Kinderparks kann man sein Kind bei Marianne Koch nicht einfach abgeben. "Die Mütter oder Väter müssen bei den Stunden dabei bleiben", betont sie. Denn der Sinn des vom Institut für Frühpädagogik in München entwickelten Programmes ist es, "miteinander und voneinander zu lernen". Die Eltern erhalten Tipps zur Beschäftigung mit den Kleinen, tauschen untereinander Erfahrungen aus. Die Kinder lernen, sich auf andere einzulassen, und alle zusammen "haben hoffentlich genau so viel Spaß wie ich", meint die 61-Jährige.

Zwischen zwei und dreieineinhalb Jahren sind sie alt, die Buben und Mädchen, die sich in der EKP-Gruppe montags und dienstags zwischen 9 Uhr und 11 Uhr amüsieren. Und sie sind heute keinen Deut anders als vor drei Jahrzehnten. "Die heutige Generation freut sich genau wie jede vorher über Fingerspiele, Vorleserunden mit Kuschelfaktor oder das gemeinsame Singen, Tanzen und Basteln", so die Betreuerin. All das sollte aber strukturiert geschehen. Denn "Kinder brauchen Routine", betont die gelernte Erzieherin, die weiß, wie wichtig wiederholte Abfolgen vom Guten-Morgen-Kreis über die gemeinsame Brotzeit bis zur Abschiedsrunde sind. "Das vermittelt Sicherheit und Geborgenheit". Meist sind es die Mütter, die an den Kursen teilnehmen. Und Koch erklärt ihnen gerne, wozu das Zusammenspiel von Musik, Bewegung und Sprache gut ist: "Es hilft bei der Vernetzung im Gehirn, fördert Kreativität und logisches Denken und stärkt dabei das Selbstbewusstsein der Kinder."

Kinderbetreuung, das war "schon immer eine Leidenschaft von mir", gesteht die Wahl-Holledauerin, die der Liebe wegen hier heimisch wurde. Ihr Mann hatte sich 1982 erst nach Ingolstadt und dann nach Neuburg versetzen lassen, wo er vor seinem Unfalltod als Amtsgerichtsdirektor tätig war. Als neues Zuhause diente der jungen Familie sein Elternhaus in Rottenegg, das die Witwe noch heute bewohnt.

Geboren in Lenggries hat sie nach der Schule die Fachakademie für Sozialpädagogik besucht und dann sieben Jahre lang in Parsdorf bei München in einem Kindergarten gearbeitet. Das Dasein "auf dem Dorf" empfand die junge Mutter bald als recht eintönig, "mir fiel die Decke auf den Kopf", erinnert sie sich mit einem breiten Lächeln. Ihrer Freundin Marianne Strobl aus Wolnzach ging es ähnlich. Deren Tante, ihres Zeichens langjährige Vorsitzende der Katholischen Erwachsenenbildung im Landkreis, "war unsere Rettung". Sie machte die beiden auf das Eltern-Kind-Programm aufmerksam. In Freising qualifizierten sich beide bei einer Fortbildung für ihre zukünftige Aufgabe. Die Suche nach geeigneten Räumlichkeiten führte Koch zunächst ins Geisenfelder Kolpingsheim, heute treffen sich die Gruppen im Pfarrheim.

"Der Anfang war mühsam", räumt sie ein. Nur fünf Teilnehmerinnen kamen zur ersten Kurseinheit, und "mir selber fehlte es auch noch an Routine", gesteht sie lachend. Damals lief der Nachwuchs im ländlichen Raum noch "so nebenher mit". Wenn die Mama auf dem Hof schuftete, kümmerte sich halt die Oma. In Geisenfeld gab es einen einzigen Kindergarten - den der Klosterschwestern. Und an Beschäftigungsangeboten für die Kleinsten bestenfalls "eine Turnstunde beim TV".

Von der anfänglichen Unsicherheit ist der begeisterten Großmutter (das Bild der Enkelin ist unübersehbarer Mittelpunkt im heimischen Esszimmer) nichts geblieben. Koch hat im Laufe der Zeit viele Weiterbildungen absolviert, Erfahrungen gesammelt. Ein Zimmer ihres geräumigen Hauses ist voller Bücher, Spiele und Materialien. "Zum Basteln nehm €˜ ich aber am liebsten das her, was nichts kostet und was jeder daheim hat". Zwei Rollen Toilettenpapier reichen ihr für eine Erlebnistour aus. Mit dem Papier kann man Papa zur Mumie machen und die beiden Pappröllchen lassen sich flugs in Fernrohre umwandeln.

Manchmal wird es auch für sie, trotz ihrer Ausbildung, schwierig. Etwa wenn eines "ihrer" Kinder an Krebs erkrankt. Oder die Mutter stirbt. Da empfindet sie - die selber ihre Tochter durch einen Unfall verloren hat - es als "Privileg", dass die Caritas-Erziehungsberatungsstelle zweimal im Jahr eine Supervision für die EKP-Betreuer anbietet. "Das hilft uns, damit umzugehen".

Obwohl sie sich langsam dem Rentenalter nähert, denkt Marianne Koch nicht ans Aufhören. "Dafür ist die Aufgabe viel zu bereichernd", meint sie mit einem Strahlen. Und man glaubt ihr aufs Wort.