Geisenfeld
Genügend Geld von den Paten

Nach zwölf Jahren kann Otfried Meier sein Projekt für 64 Tsunami-Waisen allmählich ausklingen lassen

27.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:25 Uhr

Geisenfeld (GZ) Was als kurzzeitige Soforthilfe gedacht war, hat sich zu einem nachhaltigen Projekt entwickelt, dem 64 Tsunami-Waisen ihre Existenz und ihre Ausbildung zu verdanken haben. Jetzt können Initiator Otfried Meier und die Paten ihr zwölfjähriges Engagement allmählich ausklingen lassen.

Am Samstag hatte Otfried Meier nach drei Jahren wieder zu einer Infoveranstaltung ins Geisenfelder Rathaus eingeladen. Und dabei konnte der 75-jährige Geisenfelder, der jeden Winter für drei Monate in Sri Lanka lebt, eine beeindruckende Bilanz ziehen.

Den Tsunami auf Sri Lanka mit Tausenden Toten musste Otfried Maier im Dezember 2004 selbst miterleben. Und er entschloss sich spontan zu einer Hilfsaktion. Zunächst flossen die von ihm gesammelten Spenden in den Bau einfacher Häuser und funktionaler Brunnen - und es gab Startkapital für Existenzgründungen. Schnell wurde jedoch klar, dass dies alleine nicht ausreicht. Viele Kinder, die durch die Flut zu Halb- oder Vollwaisen geworden waren, litten Not. Ein GZ-Bericht über die Suche des Ruheständlers nach Pateneltern brachte dann eine enorme Resonanz. Nach und nach fanden sich 44 Paten, die sich bereit erklärten, monatlich 20 bis 40 Euro für "ihr" Patenkind zu entrichten (oder in einen gemeinsamen Fond einzuzahlen) - ein Betrag, der ausreicht, das Kind zu versorgen und ihm den Schulbesuch zu ermöglichen.

Alle Buben und Mädchen, so die Abmachung, werden bis zu ihrem 18. Geburtstag unterstützt. Und maximal vier weitere Jahre, wenn sie ein Studium antreten. Insgesamt, so konnte Meier jetzt bilanzieren, gingen auf dem von der Stadt Geisenfeld verwalteten Konto von 2005 bis jetzt 120 110 Euro ein, wobei über die korrekte Auszahlung und richtige Verwendung vor Ort ehrenamtlich ein Notar wacht.

Von den ursprünglich 64 Patenkindern sind mittlerweile 44 altersbedingt aus der Förderung gefallen, "und aus fast allen ist etwas geworden", freut sich der Geisenfelder Ruheständler. Viele hätten Abitur gemacht, einige sogar studiert. So wie die heute 27-jährige Nureka Sadamalee, die jetzt Finanzabteilungsleiterin in einem großen Betrieb des Landes ist.

16 Patenkinder besuchen noch die Schule oder absolvieren eine Ausbildung, vier studieren. Mit dem jüngsten Kind auslaufen wird die Förderung im April 2023, geht aus Otfried Meiers penibel geführten Unterlagen hervor. Und der frühere Leiter der Geisenfelder Isar-Amper-Werke hat errechnet, dass es ab 2018 keine weiteren Spenden mehr braucht, um die Förderung aller Kinder bis zum Ende gewährleisten zu können. "Wir haben dafür noch einen Bedarf von knapp 20 000 Euro, aber noch 16 000 Euro auf dem Konto sowie weitere rund 4500 Euro, die bis Jahresende eingehen", rechnete er am Samstag den im Rathaussaal versammelten Paten vor.

24 sind es noch, die regelmäßig Unterstützung leisten -, etwa die Hälfte von ihnen aus Geisenfeld und die meisten von Anfang an. 13 Paten waren auch schon mal zu Besuch bei ihrem Patenkind, manche von ihnen mehrfach. So wie das Ehepaar Bernhard und Angelika Köberlein aus Wolnzach, die ihre Shanika bereits fünfmal besucht haben - zuletzt 2016. Die heute 20-Jährige hatte bei dem Tsunami ihre Mutter und alle vier Geschwister verloren und ist dann bei ihrer Tante aufgewachsen - mit Unterstützung der Köberleins.

"Da ist oft eine ganz enge Verbindung, ein richtiges Eltern-Kind-Verhältnis entstanden", weiß Meier, und Angelika Köberlein kann dies für ihren Fall bestätigen. Shanika, die derzeit nach ihrem Schulabschluss eine Computerfortbildung macht, kann deshalb auch nach Ablauf der offiziellen Aktion auf weitere Unterstützung hoffen - solange ihre Pateneltern den Eindruck haben, dass ihre Patentochter seriös mit dem Geld umgeht.

Da will auch Otfried Meier ein Auge darauf haben. Weiterhin wird er immer eine Woche vor Heiligabend in der örtlichen Schule ein Treffen abhalten, bei dem seine Schäfchen ihre Zeugnisse vorlegen müssen. Was diese in der Regel auch gerne tun: "Die wissen alle ganz genau, dass sie es ohne die Unterstützung ihrer Paten nicht geschafft hätten. Und ihre Dankbarkeit ist auch für mich der schönste Lohn", sagt Otfried Meier, den alle Patenkinder seit Anfang an nur "Papa" nennen. Das, so sagt der Geisenfelder schmunzelnd, "habe ich ihnen nie austreiben können".