Ernsgaden
Der Dudelsack folgt seiner Snare Drum

Ernsgadener Schotte Stuart Booth musiziert seit 2009 bei den "Geisenfeld Highlanders"

31.05.2015 | Stand 02.12.2020, 21:14 Uhr

Stuart Booth (Mitte) mit seinen beiden Kollegen von den Geisenfeld Highlanders, Jörg Jacobi (rechts) und Timothy Ellyson - Foto: Hadwiger

Ernsgaden (GZ) Sie lieben die Freiheit und sind „ein bisserl stur, aber sehr liebenswert“. Wohl wegen dieser humorvoll beschworenen Ähnlichkeit von Bayern und Schotten fühlt sich Stuart Booth, der bei den Geisenfeld Highlanders an der Snare Drum den Takt vorgibt, im Freistaat sehr wohl.

Seit 1998 lebt der 51-Jährige nun schon in Ernsgaden. Seine Wiege allerdings stand im kleinen Örtchen Burnt Island, in der Nähe von Edinburgh. „Kirkcaldy, die Partnerstadt von Ingolstadt, liegt auch nicht weit weg“, erklärt Booth. Gab es da also eine frühe Prägung in Richtung Bayern? Wohl eher nicht. „Ich bin zuerst im hohen Norden Deutschlands gelandet“, erzählt der Fluggerätemechaniker, der bei Airbus Defence and Space arbeitet.

1988 war das, als er als Soldat für die englische Armee in Bremen Dienst tat. Damals wurde er getroffen, allerdings nur von Amors Pfeil. Eine „Verletzung“, die ihn nach dem Ende der Militärzeit 1992 für immer nach Deutschland ziehen ließ. Zunächst nach Speyer, weil er dort im Hubschrauber-Bereich der damaligen DASA eine Stelle bekommt.

Durch seine Aufgaben im Außendienst kommt der Vater einer heute 16-jährigen Tochter gelegentlich auch nach Manching. Ob die Ähnlichkeit der Völker oder seine Qualifikation der Grund ist, wird sich nicht mehr endgültig klären lassen. Sicher ist jedoch: Man bietet ihm einen Job an und er siedelt um. Bereut hat er das nie. „Die Stimmung unter den Kollegen ist super und ich fühle mich richtig wohl hier“, sagt der passionierte Musiker, der sich seine Liebe zur schottischen Tradition bewahrt hat.

Doch wie kann er die in der Holledau ausleben? „Dafür gibt es ja die Geisenfeld Highlanders“, meint der Musiker lachend. Und berichtet, wie es zu deren Gründung kam. Vor „ungefähr sieben Jahren“ habe er auf einer Feier von Jörg Jacobi, dem Dudelsackspieler, gehört. „Und da hab ich mir seine Adresse gesucht und stand eines Tages einfach vor seiner Tür und klingelte“. Es war Sympathie auf den ersten Blick, die Begeisterung für „Pipes and Drums“ verbindet eben. Und so erweckten die beiden 2009 zunächst ein schottisch-bayrisches Duo zum Leben, inzwischen ist mit Timothy Ellyson, dem Bassdrummer (ein Amerikaner, der „wenigstens schottische Wurzeln nachweisen kann“) ein Dritter im Bunde. Jeden Mittwoch wird geprobt, um für Auftritte in der Region aber auch bei größeren Events wie diversen Highland-Games gut eingespielt zu sein. Booths Part ist die „Double Snare“, eine sehr lautstarke Trommel, die über zwei sogenannte Teppiche zur Verstärkung der Resonanz verfügt. Das Fell selber ist aus Kevlar, also jenem Material, aus dem kugelsichere Westen hergestellt werden – „es muss ja ziemlich viel Schläge aushalten“, meint der Rhythmusexperte.

Im vergangenen Jahr sind Booth und Jacobi gemeinsam zu einer Schottlandreise aufgebrochen. Sie erleben atemberaubende Landschaften, die raue Schönheit der nördlichen Insel, aber auch intensive private Momente. Jörg Jacobi spielte im Hintergrund Dudelsack, als sein Bandkollege die Asche des eigenen Vaters im Hochland-Bergtal Glen Etive verstreute, so wie dieser es gewünscht hatte. „Das war ein bewegender Moment, einfach unvergesslich“, gesteht Booth mit belegter Stimme.

Wenn der Wahl-Ernsgadener von der Landschaft der Highlands erzählt, dann spürt man die Begeisterung. Er kenne „jede Ecke“ seines Landes, betont der leidenschaftliche Golf- und Tennisspieler, der beim Wasserski auf dem Lorenzi-Weiher schon mal „die Wellen der Nordsee vermisst“. Gefragt, ob er auch für eine Unabhängigkeit Schottlands sei, antwortet Booth mit Bedacht. „Schön wäre das schon, aber die Folgen und Risiken sind nicht abschätzbar.“ Eine politische Mehrheit für einen solchen Entschluss sei wohl nicht zu erlangen, weil „von England viel Druck ausgeübt und mit wirtschaftlichen Ängsten gespielt wird“.

Als Bürger Bayerns hat der keltische Trommler das Modell „Freistaat“ als eine Art politische Zwischenlösung schätzen gelernt. Dass über ihr „übrigens genau wie über Schottland eine weiß-blaue Fahne weht“, ist für ihn ein weiteres Indiz der Ähnlichkeit. Er jedenfalls salutiert für beide Flaggen gerne. Trommelwirbel inklusive.