Die Maurerstochter und der Frauenmörder

26.08.2007 | Stand 03.12.2020, 6:32 Uhr

Die 16-jährige Katharina Schätzl aus Wolnzach. Dieses Foto des Mordopfers veröffentlichte die Ilmgau-Zeitung am 28. Oktober 1931. Ein ausführlicher Bericht über das Verbrechen war schon einige Tage vorher erschienen.

 Pfaffenhofen/Wolnzach (PK) Die Autorin Andrea Maria Schenkel hat nach ihrem erfolgreichen, wenn auch wegen Plagiatsvorwürfen mittlerweile umstrittenen Erstlingswerk "Tannöd" nun ihren zweiten Kriminalroman mit dem Titel "Kalteis" vorgelegt (PK berichtete). Und wie schon im letzten Buch, in dem die Autorin den Mordfall von Hinterkaifeck als Vorlage verwendet hatte, gibt es auch im neuen Schenkel-Krimi interessante Bezüge zum Landkreis Pfaffenhofen. "Kalteis", nennt Andrea Maria Schenkel ihre Titelfigur, die dem brutalen Frauenmörder Johann Eichhorn aus Aubing bei München nachempfunden ist. Eines seiner Opfer war die 16-jährigen Katharina Schätzl aus Wolnzach.

Arbeitssuche in München

Die Tochter von Wolnzacher Maurerseheleuten war im Herbst des Jahres 1931 gerade 16 Jahre alt und hatte die Schule in Wolnzach abgeschlossen. Wie viele andere Mädchen wollte sie als Hausmädchen oder in einer Fabrik arbeiten. Sie suchte ihre Chance in der Großstadt München, wo ihr die Perspektiven besser erschienen als zu Hause in Wolnzach. Die wirtschaftliche Lage in ganz Deutschland war Anfang der 1930er Jahre außerordentlich schlecht, und auf dem Land schien keine dauerhafte Arbeitsmöglichkeit in Aussicht.

So machte sie sich am 3. Oktober 1931 mit dem Dampfzug von Wolnzach-Bahnhof auf nach München. Dort angekommen, gelang es ihr schnell, eine Unterkunft zu finden. In der Lothringer Straße mietete sie ein Zimmer, hatte zunächst ein sicheres Dach über dem Kopf und konnte sich nach einer Anstellung umsehen. Doch wenige Tage später sollte ihr noch junges Leben tragisch und auf grausame Weise enden.

In dieser Zeit sorgte ein noch unbekannter Mann im Raum München für Angst und Schrecken. Johann Eichhorn – erst im Jahr 1939 konnte er gefasst und seine Identität geklärt werden – hatte sich bereits mehrmals gewaltsam an Frauen vergangen und stand als "Schrecken des Münchner Westens" auf der Fahndungsliste der Polizei weit oben.

Begegnung auf der Wiesn

Katharina Schätzl, die erst wenige Tage in München war, sollte bald dem eiskalten und brutalen Mörder begegnen. Am 10. Oktober sah ihre Zimmervermieterin sie zum letzten Mal. Die junge Frau begegnete am 11. Oktober auf dem zu dieser Zeit stattfindenden Oktoberfest einigen Wolnzachern und befand sich, wie diese angaben, in Begleitung eines unbekannten, etwa 30 Jahre alten Herrn in blauem Anzug und mit Hut. Andere Zeugen gaben an, sie hätten sie am Sendlinger Tor-Platz mit einem Motorradfahrer Richtung Isartal fahren sehen.

Dann verlieren sich ihre Spuren. Drei Tage lang hörte und sah die Vermieterin in München nichts von Katharina. Sie machte sich zwar Gedanken über den Verbleib des Mädchens, verständigte aber nicht die Behörden. Erst drei Tage später gab es Hinweise auf den Verbleib des Mädchens.

Am 14. Oktober machten mehrere Wanderer im Münchner Süden einen grausigen Fund. Im Isartal in der Nähe von Großhesselohe fanden Brombeersucher eine mit Reisig zugedeckte und mit Draht zusammengebundene weibliche Leiche. Sie war mit schweren Steinen im Altwasser der Isar versenkt worden. Nach ersten polizeilichen Ermittlungen war das Mädchen erwürgt und an den Fundort verbracht worden.

Schnell konnte die Identität der jungen Wolnzacherin ermittelt werden. Die Polizei setzte für Hinweise auf den Täter eine Belohnung in Höhe von 300 Mark aus.

Nähere und verlässliche Hinweise auf den Täter blieben jedoch aus. Gut sieben Jahre sollten vergehen, bis Licht in das Dunkel kam. Der Mörder verübte in den Jahren zwischen 1934 und 1938 vier weitere Morde an Frauen, die er zuvor brutal vergewaltigt hatte, dazu beging er mindestens 90 weitere Vergewaltigungen. Gefasst wurde er schließlich im Jahr 1939. Beim Versuch, ein zwölfjähriges Mädchen zu überfallen, konnten ihn zufällig vorbeikommende Passanten ergreifen und am 29. Januar 1939 der Polizei überstellen.

Grausige Tat

Beim Verhör gab er zum Mord an Katharina Schätzl zu Protokoll, dass er sie auf dem Oktoberfest in München kennengelernt, mit ihr einen Spaziergang gemacht habe und später mit ihr nach Ebenhausen ins Isartal gefahren sei. Dort verging er sich an der jungen Frau, erwürgte sie und brachte dann die Leiche an den späteren Fundort zu einem Altwasser der Isar.

Bei weiteren Verhören wurde Johann Eichhorn von den Psychologen als eiskalter, gefühlloser Mensch bezeichnet, der keinen Ansatz von Reue zeigte. Entsprechend hart fiel das Urteil aus: Johann Eichhorn, der in Stadelheim einsaß, wurde zum Tode verurteilt. Am 1. Dezember 1939 wurde er durch das Fallbeil enthauptet.

Johann Eichhorn, der ein nahezu "perfektes" Doppelleben führte, war seit 1937 verheiratet. Seine Frau ließ sich nach seiner Hinrichtung offiziell scheiden, um gemeinsam mit den beiden Kindern den Familiennamen wechseln und unter einer neuen Identität leben zu können.