Landfraß? Von wegen!

09.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:58 Uhr

Zur Berichterstattung über einen möglichen dritten bayerischen Nationalpark "Donau-Auen":

Ich kann es nicht nachvollziehen, wenn Menschen auf die Straße gehen und gegen etwas demonstrieren, wenn man nur Vermutungen hegt. Die selbst zugeben, nicht informiert worden zu sein und deswegen einfach mal "dagegen" sind. Ich kann es überhaupt nicht verstehen, wie man eine Ministerin oder einen Landrat, die sich einer Diskussion stellen wollen, mit einem Pfeifkonzert empfangen kann und sie immer wieder niederpöbelt, wenn sie die Stimme erheben wollen. Was ist das bitte für eine unverschämte Art und Weise? Das ist Kindergartenniveau und kann kaum zu einer erwachsenen Diskussion auf Augenhöhe führen.

Es hat sich gezeigt, dass kein Privatbesitzer enteignet werden soll. Wohl aber eine Freiwilligkeit zur Teilnahme und Unterstützung des Naturschutzes willkommen sei. Dass der Bauernverband gegen "Landfraß" ist, lässt mich tatsächlich laut auflachen. Millionen gehen bei der Öffnung neuer Baugebiete oder Industrieparks in die Taschen von den bäuerlichen Landbesitzern. Wer ist denn aus dem Bauernverband für die Abschaffung von Spritzgiften oder für die Neuverteilung von Subventionen, wenn es um den Aufbau ökologischer Landwirtschaft geht? Wo sind denn die riesigen Naturschutzflächen, die es angeblich schon genug gibt? Ich sehe nur Felder, die bis an den Straßen- oder Waldrand reichen und keinen Platz mehr für einen Blühstreifen lassen. Aber die Insekten sind ja eh schon totgespritzt und Vögel braucht ja auch keiner . . . wecken einen nur früh.

Entschuldigung für diesen emotionalen Ausbruch . . . Ein paar Fakten: Der Anteil der Naturschutzflächen in Bayern lag in 2015 bei 2,3 Prozent der Gesamtfläche. Der deutsche Durchschnitt liegt bei 3,9 Prozent. Allein Niedersachsen hat zum Beispiel 4,3 Prozent vorgewiesen. Am Tag wird in Bayern eine Fläche von 25 Fußballfeldern, 18,1 Hektar, versiegelt. Damit gehört der Freistaat zu den Spitzenverbrauchern in Deutschland. Heimatminister Markus Söder möchte die Ausweisung von Gewerbegebieten sogar noch weiter lockern. Was das für den Naturschutz bedeuten würde, kann sich jeder vernünftig denkende Mensch ausrechnen. Das Bayrische Landesamt für Umwelt hat 2007 veröffentlicht, dass 47 Prozent der Siedlungs- und Verkehrsflächen in Bayern bereits versiegelt sind. Dieses Jahr sollen neue Zahlen kommen.

Ich kenne keinen Waldbesitzer, der ausschließlich vom Holzverkauf lebt. Wohl kenne ich aber etliche, die laut und hysterisch werden, wenn Mufflons oder Rehe an Gräsern oder jungen Trieben knabbern und etwas Rinde, warum auch immer, vom Baum platzt. Wenn aber enorme Rückeschäden im Wald bei Baumfällarbeiten verursacht werden oder der Harvester - ein Holzvollernter - den Boden auf 1,5 bis zwei Meter verdichtet, wird tolerant darüber hinweg geschaut.

Geht es darum, jedes Jahr mehr Geld zu verdienen oder kann man sich einfach mal dankbar und demütig zeigen, dass wir satt und sicher leben dürfen? Wichtig ist mir, dass es Ausnahmen bei Landbesitzern gibt. Die sich extrem rührend um Naturschutz bemühen, die gut mit vernünftigen Jagdpächtern zusammen arbeiten und ein gleiches, ethisches Verständnis im Umgang mit Flora und Fauna haben.

Die Masse der Bürger würde sich über einen dritten Nationalpark sehr, sehr freuen! Ein kleines Fleckchen, an dem wir die Natur einfach machen lassen können. Staunen und Lernen und ein bisschen ein gutes Gewissen haben. Es gibt Dinge im Leben, die sind gut, wie sie sind. Und der Mensch kann da einfach mal "nichts tun". Ich bin sehr gespannt, ob sich in der Frage "pro oder contra Nationalpark", eine kleine Gruppe von Menschen mit lautem Gepolter bei den Politikern durchsetzt. Das würde meinen Glauben an Demokratie in bayrischen Landen stark reduzieren.

Ninja Winter,

Ingolstadt