"Kreisräte geben gelbe Müllsäcke in Ingolstadt ab"

27.02.2008 | Stand 03.12.2020, 6:06 Uhr

Aufgepasst, der Bürger hört aufmerksam zu: Zum letzten Mal vor der Abstimmung trafen sich die Landratsbewerber (v.l.) Michael Kettner (SPD), Roland Weigert (FW), Karola Schwarz (Grüne), Josef Konrad (CSU) und Lothar Klingenberg (FDP). - Foto: r

Neuburg (r) "Ich bin für ehrliche Aussagen statt Dampfplauderei und Materialschlacht", rief Josef Konrad (CSU) in den Saal. Herausforderer Roland Weigert (FW) ließ sich nicht darauf ein, stellte aber fest, dass Landkreis und Staatsregierung etwa bei den Themen FOS und DSL "geschlafen" hätten.

Kurz vor dem Wahltag nimmt der Wettbewerb um die Nachfolge von Landrat Richard Keßler (CSU) also noch ein bisschen Schärfe an. Ansonsten brachte die Podiumsrunde der fünf Kandidaten Dienstagabend im überfüllten Neuburger Kolpinghaus nur beim Thema Müll ein paar neue Aussagen. Zwei Drittel der 500 Zuhörer bildeten "Fanblocks" der Kandidaten. Sie beklatschten ihre Favoriten entsprechend heftig.

Michael Kettner (SPD) präsentierte sich zweifellos als bester Landkreiskenner, sprach mit Abstand am längsten und "verbiss" sich wieder einmal ins Schulthema. In der Abfallentsorgung will Kettner "dem Bürger etwas abverlangen", dennoch die Papiertonne einführen, aber nicht den "rückwärtsgewandten gelben Sack". Karola Schwarz (Grüne) lehnt das Holsystem ab, während FDP-Kandidat Lothar Klingenberg uneingeschränkt für dieses Konzept ist. "Keiner hat mir bisher sagen können, warum unser Müllsystem ökologisch sein soll", sagte Klingenberg mit Hinweis auf die Fahrten zu den Wertstoffhöfen.

Josef Konrad (CSU) will bekanntlich "das jetzige System optimieren", die Papiertonne über den Landkreis anbieten und im neuen Kreistag innovativ werden: "Wir haben den Wunsch nach mehr Service zur Kenntnis genommen". Roland Weigert (Freie Wähler) wunderte sich, dass "plötzlich Positionen bezogen werden, die es früher nie gab". Im derzeitigen Müllsystem stimme einiges nicht, "die Bürger stimmen doch mit den Füßen ab". Sogar Kreisräte würden in Ingolstadt und Eichstätt ihre gelben Säcke abgeben. "Wir werden das Müllsystem bürgerfreundlich gestalten", verspricht Weigert, "und das wird in Zukunft auch Holen bedeuten".

Dass der Landkreis wirtschaftlich gut da stehe, darüber zeigten sich Konrad und Weigert konform. Der FW-Kandidat bescheinigte dem CSU-Bewerber, dass er "Pionier für die Leader-Bewegung" im Landkreis gewesen sei. Für Michael Kettner hat nur Ingolstadt seine Hausaufgaben gemacht, während der Landkreis erheblichen Nachholbedarf habe. Weigert will keine Klagen und Attacken gegen die Stadt Ingolstadt, während Konrad "die eigenen Interessen selbstbewusst wahrnehmen" will. Es gebe Ingolstädter Bestrebungen, die den Kreis hart treffen.

Beim schnellen Internetanschluss DSL für Landgemeinden habe die Staatsregierung "geschlafen", so Weigert. "Wieso haben Sie als Wirtschaftsreferent nicht selber die Füße in die Hand genommen und etwas gemacht", fragte Josef Konrad. Er sei nicht zuständig gewesen, so Weigert, und er mache hier keinen Wahlkampf auf Kosten von Kollegen im Landratsamt.

Lothar Klingenberg (FDP) beklagte die "Zerschlagung der Teilhauptschulen" auf dem Land und bezeichnete Schulamtsdirektor Gerhard Preisler als "Handlanger der Staatsregierung". Der Existenzdruck nach der vierten Klasse zermürbe Schüler, die zurückbleiben. SPD-Kandidat Kettner will das "Kastendenken aufheben" und propagierte die Zusammenlegung von Haupt- und Realschulen: "Sonst gibt es 2018 nur noch in den Städten Volksschulen". Wer Beifall klatsche, wenn die Schulen auf dem Land kaputtgehen, der sei nicht mehr wählbar. Roland Weigert sieht eine "massive Fehlentwicklung" bei der FOS Neuburg, weil der Kreis den dritten Zweig "verschlafen" habe, der nun plötzlich "als Wahlgeschenk" in Eichstätt entstehe.