Futuristisch anmutende Flötentöne

18.11.2007 | Stand 03.12.2020, 6:20 Uhr

Spielte zwei Blockflöten gleichzeitig: Caroline Di Rosa. - Foto: Hammerl

Neuburg (ahl) Zeitgenössische Musik ist Geschmackssache, zeitgenössische Musik äußerst experimentierfreudiger, französischer Komponisten ist es noch viel mehr. Entsprechend höflich-verhalten klingt der Applaus in der Seminarkirche in Neuburg, wo das Ensemble Il Concerto Arioso mit modernen Werken für Blockflöte und Orgel höchst ungewöhnliche Klänge in dem schmucken barocken Kirchenbau ertönen lässt.

Caroline Di Rosa entlockt der "oft verkannten" Blockflöte futuristisch anmutende Töne, die sich mal jubilierend nach oben zu winden scheinen, dann wieder in den tieferen Tonlagen ruhen – La Luna von Christiane Martini ist ein ebenso sehnsüchtiges wie geheimnisvolles Lied. Dann scheint sich ein einsamer Vogel durch den Herbst zu rufen. Mit L’automne (1984) schuf Komponist Kaiser ein sehnsüchtig-trauriges Werk, das am Ende im Nebel zu verschwinden scheint.

Caroline Di Rosa versteht es meisterhaft, ihren Instrumenten ebenso variationsreiche wie – jedenfalls von der Blockflöte - ungewohnte Töne zu entlocken. Kaum zu toppen ihr Flötenduett "Ende" (1981), das sie – wie vom Komponisten Louis Andriessen vorgesehen - allein spielt. Im rechten wie im linken Mundwinkel je eine Flöte, tanzen die Finger ihrer rechten und linken Hand über die Griffe, die natürlich auf die hohen Töne beschränkt bleiben. Ihre virtuosen Fähigkeiten werden auch im nächsten Stück, "Gesti" von Luciano Berio, offenbar. Plötzlich scheint die Flöte Töne zu spucken, die Finger erklopfen die Laute und die Flötistin wechselt zwischen eigenen Lautmalereien und dem Blasen des Instrumentes. Ein sehr skurriles Stück kündigt Di Rosa doch vorsichtshalber an, es dauere nur vier Minuten – als kleiner Hinweis an diejenigen, die es "ganz fürchterlich finden" sollten.

Mit der Eigenkomposition Flautate bringt sich Giampaolo Di Rosa mit ins Spiel. Er zieht alle schrillen Register der Königin der Instrumente. Aufpeitschend, mächtig, ja fast erdrückend, bemächtigt sich Jean Guillous Toccata op. 9 des Raumes. Von der Apokalypse berichtet die fünfte Posaune in La Cinquieme Trompette, zu der die Lesung aus der Offenbarung des Johannes, vorgetragen von Albertine Sprenzinger-Sporer, bestens passt. Und auch im Werk des dritten Franzosen, Olivier Messiaen, "Chants d’oiseaux" meint der Konzertbesucher Bläserklänge zu hören, mal perlende Wassertropfen, mal metallische Töne. Eine Tuba? Eine Trompete? Di Rosa macht beinahe vergessen, dass hier die Orgel am Werk ist.

"Improvisationen über gegebene Themen" ist der letzte Programmpunkt überschrieben, für den der Orgelvirtuose noch einmal groß aufspielt. Themenvorschläge übergibt der Organisator des Konzertes, Johannes Fiedler, dem Künstler, der in schwindelndem Tempo die ganze Klangfülle des Instrumentes aufbietet und ideenreiche Variationen, unter anderem von Adeste Fideles zu Gehör bringt, was beim Publikum recht gut ankommt. Stehende Ovationen am Ende gelten wohl mehr den virtuosen Fähigkeiten der Künstler als der Musik als solche.

Der Erlös des Konzertes soll, so berichtet Johannes Lagleder, Pater Gerhard unterstützen, der gerade seine Einrichtung in Südafrika um eine Station für Aids-Kranke und ein größeres Kinderheim erweitert.