Neuburg
Vom harten Leben zusammengeschweißt

01.02.2010 | Stand 03.12.2020, 4:17 Uhr

Lebhafte Erinnerung an die Zeit damals, (von links) Sozialreferentin Eva Lanig mit dem Jubelpaar Maria und David Rosgau. - Fotos: Heumann

Neuburg (lm) Wie ist es 60 Jahre verheiratet zu sein? "Das macht Spaß", sagt David Rosgau. Der Ausdruck, die strahlenden Augen dabei: Da spricht einer aus tiefster Überzeugung und mit der Summe seiner Lebenserfahrung. Einige dieser Erfahrungen wollten viele wahrscheinlich gerne missen – die Russlanddeutschen Maria und David Rosgau haben sie nur enger zusammengeschweißt.

Beide verbindet eine gemeinsame Vergangenheit, in der es mehr als einmal hieß: Nicht erwünscht. Ihr Glück mussten die Rosgaus einem harten Leben abringen. Schon die Hochzeit, am 29. Januar 1950 in einem Dorf in Sibirien, zeigt das exemplarisch: Aus gekochten roten Rüben wurde ein Kuchen gebacken, mit etwas geborgtem Mehl Schnaps gebrannt. Die anderen Deutschen am Ort halfen mit – halfen aus. Bei 50 Grad Minus, an Weihnachten 1945, war Daniel Rosgau in Sibirien angekommen. "Ich hatte nichts", erzählt er. Beeren sammeln, Ähren lesen damit man überhaupt was in den Magen bekam.

Später in der Kolchose, Daniel Rosgau war ein guter Arbeiter und Maschinist, der hohe Auszeichnungen erhielt, mehrfach nach Moskau fahren durfte, gar das Titelbild eines Buches über die Arbeit in der Kolchose ziert, wurde alles besser. Aber das waren dann schon die guten Jahre.

In Odessa geboren, wuchs Daniel Rosgau in der Ukraine auf. Dort hieß es 1943: "Du bist Deutscher, du musst nach Deutschland." Die Zeit in einem Lager in Aschaffenburg muss so furchtbar gewesen sein, dass die Rosgaus später lange zögerten, bevor sie wieder in dieses Land zogen. Dann Jugoslawien, wo die Partisanen sie wieder nach Russland schickten – und dort gab es für Russlanddeutsche damals nur ein mögliches Ziel: Sibirien.

An der Wolga geboren, bedeutete der Beginn des Krieges auch für Maria Rosgau die Zwangsabsiedlung nach Sibirien. Sie arbeitete jahrelang schwer im Wald, was sich später in einer – für die Verhältnisse – ansehnlichen Rente auszahlte. Deutsche, Ukrainer und Russen lebten zwischen den lang vereisten Flüssen Sibiriens. Man suchte, schon der gegenseitigen Hilfe wegen, Kontakt zu den Landsleuten. So lernten sich Maria und Daniel Rosgau kennen.

Vier Kinder zogen sie groß, die Familie, zwischenzeitlich angewachsen auf fünf Enkel und drei Urenkel, bedeutet ihnen alles. Ein Ehrentag wie die Diamantene Hochzeit versprüht pure Lebensfreude, in die auch der Außenstehende ganz selbstverständlich einbezogen wird.

1995 siedelten die Rosgaus schließlich nach Neuburg über, die älteren Kinder kamen erst in den Folgejahren nach. "Alle haben hier Arbeit gefunden", freut sich die Mutter, und alle sind in der Nähe geblieben. Zusammenhalt – das hat das Leben sie gelehrt – ist ein Muss.