Neuburg
Rehkitze verenden unter scharfen Mähmessern

Jäger suchen Wiesen ab und setzen Minihubschrauber ein – Heuer half das Maiwetter mit

21.05.2013 | Stand 03.12.2020, 0:07 Uhr

Neugeborene Rehkitze ducken sich ins hohe Gras und laufen bei Gefahr nicht davon. Viele Jungtiere erleiden deshalb tödliche Verletzungen durch die scharfen Mähmesser. Beim Absuchen der Wiesen müssen die Kitze vorsichtig in einem Grasbüschel herausgetragen werden - Fotos: r

Neuburg (r) 60 000 Rehkitze, Hasen und Jungvögel lassen deutschlandweit in der Wiesenmahd durch scharfe Mähmesser ihr Leben. Heuer fallen die Verluste auf jeden Fall milder aus: Das sogenannte Silogras ist bereits gemäht worden, bevor viele Rehmütter ihre Kitze geboren haben.

Und bis zur richtigen Heuernte ist noch bis Juni Zeit.

Steht kein hohes Gras mehr auf den Wiesen, bringen die Geißen ihre Jungen im Wald auf die Welt. Den Bauern hat das Maiwetter heuer nicht gut gepasst, „aber uns hat das Wetter in die Karten gespielt“, freut sich Hans Eisenschenk, Vorsitzender des Jagdschutzvereins Neuburg. Seit Jahren bemüht er sich mit Gleichgesinnten, das Jungwild in den Wiesen vor den Mähmessern zu schützen.

Im Vorjahr probierte die Jägerschaft einen neu konstruierten Minihubschrauber, der mit einem Infrarotsensor ausgestattet ist und Rehkitze orten kann. Der „fliegende Wildretter“ muss heuer aufgrund der „Schnellernte“ nicht eingesetzt werden. Die Landwirte nutzten zwei sonnige Maitage zum Mähen, danach zog schon wieder Regen auf.

Der Fotohubschrauber, an dessen wissenschaftlicher Entwicklung der Bayerische Jagdverband beteiligt ist, ist ein Fluggerät mit einer flexibel angebauten und leistungsstarken Infrarotkamera. Ein entscheidender Vorteil des „fliegenden Wildretters“ sei die hohe Leistungsfähigkeit. Während bei einer Flughöhe von 50 Metern ein Hektar Wiese innerhalb von fünf Minuten abgesucht werden könne, dauere die Absuche mit dem Jagdhund erheblich länger. Eine Infrarotkamera zeigt die Stellen an, an denen Kitze liegen und deshalb die Temperatur höher ist. Der Oktokopter sei somit nicht nur zuverlässig, sondern auch schnell. In den Erntezeiten stünden ohnehin kaum ausreichende Jäger und Hunde zur Verfügung. Gemeinsam mit den Projektpartnern, dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), der Firma isa industrieelektronik GmbH, dem Landmaschinenhersteller Claas Bad Saulgau und der technischen Uni München testet der Bayerische Jagdverband den „fliegenden Wildretter“  heuer weiter und will Prototypen entwickeln.

Wichtig sei dem Bayerischen Jagdverband, dass am Ende dieses Projekts Jägern und Landwirten ein praxistauglicher Wildretter zur Verfügung stehe, so BJV-Präsident Jürgen Vocke. Es bleibe jedenfalls Aufgabe der Landwirte, vor der Mahd die Wiese nach Kitzen abzusuchen. Die Kitzrettung sei nicht nur im Sinne des Tierschutzes notwendig, sondern sei auch für die Landwirte von großer Bedeutung. Vermähte Kitze im Futter könnten bei Kühen den tödlich verlaufenden Botulismus, eine Vergiftung durch Bakterientoxine, hervorrufen.