Neuburg
Als die Madonna plötzlich die Augen bewegte

Maria-Ward-Schwestern stellen einmaliges Stück für Ausstellung "Fürstenmacht und wahrer Glaube" zur Verfügung

06.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:33 Uhr

Lebensgroß ist die Marienstatue. Dass Schwester Monika Glockann, Oberin der Neuburger Congregatio Jesu, zu ihr aufschauen muss, erklärt sich zum Teil damit, dass die Figur auf einem kleinen Podest steht. Gekrönt wird die Marienfigur von einer kostbaren Klosterarbeit. Die Hände der hölzernen Marienfigur sind beweglich, die Scharniere ebenfalls aus Holz gefertigt. - Fotos: Hammerl

Neuburg (DK) Nicht nur ihre Größe beeindruckt den Betrachter. Auch die Augen der lebensgroßen Madonnenfigur faszinieren. Sie waren es, die den Ruhm der Mater admirabilis Neoburgica, der Augenwende-Madonna zu Neuburg, und eine Wallfahrt begründeten.

Mindestens 200 Jahre war das Gnadenbild auf dem Hochaltar in der Pfarrkirche St. Peter in Neuburg zu Hause. 1853 wurde sie als nicht mehr zeitgemäß empfunden und den Maria-Ward-Schwestern geschenkt, die sie zunächst im Institutsgebäude in der Altstadt aufstellten und sie 1989 in das neue Konventgebäude mitnahmen, wo sie auf der Empore der Kapelle in einer Nische hinter Glas, umgeben von zahlreichen Rosenkränzen untergebracht ist. "Das sind Votivgaben", erklärt Schwester Monika Glockann, Oberin der Neuburger Congregatio Jesu.

Ab Mai jedoch wird die Augenwende-Madonna ihren Stammplatz verlassen und im Neuburger Schloss zu sehen sein, denn sie gehört zu den Exponaten der Ausstellung "Fürstenmacht und wahrer Glaube". Sie ist Zeuge der bewegten Zeit von Reformation und Gegenreformation. Es ist Oktober 1680, als der Kapuzinermönch Marcus von Aviano auf seiner Missionsreise durch Tirol, Bayern, Österreich und die Schweiz für vier Tage in Neuburg Station macht. Am Abend des 9. Oktober predigt der wortgewaltige Mönch in der überfüllten Pfarrkirche St. Peter, als einige Gottesdienstbesucher beobachten, wie die Holzstatue ihre Augen senkt und hebt, nach rechts und links wendet und sie dann wieder auf den Prediger richtet. Auf dem Heimweg wird dem Pfarrer von St. Peter, Dominikus Loth, von diesem Wunder berichtet. Er soll zunächst skeptisch gewesen sein, ist überliefert, kehrt aber mit seinem Kollegen von Heilig Geist in die Kirche zurück und erlebt das Phänomen während der 15 bis 30 Minuten Verweilzeit vor dem Gnadenbild selbst.

Von dem Tag an erschien das aus dem Jahr 1664 stammende Gnadenbild den Gläubigen noch schöner und belebter, heißt es in den Aufzeichnungen. Und das obwohl das Wunder der Augenwende erst 20 Tage später wieder beobachtet wurde, diesmal vom österreichischen Gesandten am Reichstag in Regensburg, Theodor Heinrich, Freiherr von Strattmann, später auch von Pfalzgraf Philipp Wilhelm und seiner Gemahlin Elisabeth Amalie Magdalene von Hessen-Darmstadt, die eine Stunde lang vor dem Bildnis gebetet und die sich ständig bewegenden Augen beobachtet haben sollen. Philipp Wilhelm gab in Auftrag, festzustellen, ob das Phänomen auch tagsüber zu sehen sei, was Hunderte Gläubige schon am nächsten Tag bejahten. Erklärt wurde es als direkte Erhörung der Bitte aus dem Salve Regina "Wende deine barmherzigen Augen uns zu".

Der Fürstbischof von Passau, Sebastian Graf Pötting, kam inkognito nach Neuburg, um sich persönlich von dem Wunder zu überzeugen. Er stellte sogar eine Urkunde darüber aus. Der Augsburger Bischof Johann Christoph Freiberg beauftragte den Juristen Franz Wilhelm Aymair mit der Untersuchung aller Wunder, die während der Predigten von Marcus Avianus in seinem Bistum beobachtet wurden. Für Neuburg wurden auch Krankenheilungen berichtet. Philipp Wilhelm beschloss, zu Ehren Marias einen Chorstift bei St. Peter zu errichten. Der Stiftungsbrief datiert vom 9. Dezember 1681. Zahlreich waren die Weihegeschenke für das Gnadenbild. Der Pfalzgraf selbst stiftete ein kostbares Kleid, geschneidert aus dem Gewand, das er selbst am Tag seiner Hochzeit mit seiner ersten Gemahlin Anna Katharina Konstanze von Polen getragen hatte. Doch bereits 1685, als der kurfürstliche Hof von Neuburg nach Heidelberg umzog, ging die Wallfahrt in Neuburg rapide zurück, 1803 wurde das Kollegiatstift St. Peter aufgehoben. Eine Kopie des Gnadenbildes schenkte Philipp Wilhelm den Franziskanern in Düsseldorf, der Hauptstadt seines Bergischen Landes. Dort wird sie heute noch in der Maximiliankirche in der Düsseldorfer Altstadt verehrt.

Forschungsbedarf besteht noch reichlich - die Holzstatue mit den beweglichen Gliedern gibt etliche Rätsel auf. Wer ihr Stifter war, und was es mit ihren beiden Gewändern auf sich hat - dazu ist (noch) nichts bekannt. Derzeit trägt sie ein rotes Gewand unter dem blauen Mantel. Die Maria-Ward-Schwestern verwahren ein zweites Gewand, ein weißes, sorgfältig in Seidenpapier eingeschlagen. Vor etwa 20 oder 30 Jahren sei es gewechselt worden, meinen die älteren Schwestern, doch welche Bedeutung der Gewandswechsel hatte und wie alt die kostbar erscheinenden Gewänder sind, ist nicht überliefert.