Neuburg
Bis dass das Geld euch scheidet

Geschäftspartner treffen sich vor Gericht wieder: Geldstrafe wegen Veruntreuung und Unterschlagung

24.06.2015 | Stand 02.12.2020, 21:09 Uhr

Neuburg (DK) Am Neuburger Amtsgericht ging es gestern um Veruntreuung und Unterschlagung. Ein Kaufmann hat Autos, die ihm rechtlich gar nicht gehörten, verkauft – zum Schaden seines ehemaligen Freundes und Geschäftspartners.

Wenn sich ehemalige Geschäftspartner vor Gericht wiedersehen, dann geht es meistens ums Geld. Manchmal auch um schmutzige Wäsche. Im konkreten Fall, den Richterin Celina Nappenbach gestern vor dem Amtsgericht Neuburg verhandelte, wurde sehr schnell deutlich, dass sich zwei Männer gegenüberstanden, die sich seit 30 Jahren kennen und die sich nun – wie das selbst in den besten Familien vorkommt – ums liebe Geld streiten.

Folgendes war passiert: Der Angeklagte, ein 55-jähriger Kaufmann aus dem Landkreis Pfaffenhofen, hat sich 2003 mit einem Lkw-Handel und einer Vermietung selbstständig gemacht. Mit seinem Freund und Geschäftspartner, den er heute nur noch vor diversen Gerichten wiedertrifft, pflegte er ein gutes Verhältnis, selbst die Kinder der beiden Familien standen sich nahe. 2006 gewährte der Freund dem Angeklagten ein Darlehen über 400 000 Euro. Als Sicherheit übereignete der 55-Jährige seinem Geldgeber mehrere Autos. Den Wert dieser Wagen legten beide gemeinsam fest, die Fahrzeugbriefe wanderten in den Tresor des Geschäftspartners. Rechtlich war dieser damit der Eigentümer der Autos.

2008 dann überschattete die Finanzkrise die Wirtschaft – sie traf nicht nur international agierende Banken, sondern auch viele kleine Unternehmen in der Region. Dem Angeklagten gingen mehrere Großkunden verloren. Zu diesem Zeitpunkt hatte er ungefähr die Hälfte des 400 000-Euro-Darlehens zurückgeführt, doch nun, da er in massiven Zahlungsschwierigkeiten steckte, konnte er das Darlehen nicht mehr bedienen. Was also tat folglich sein Geschäftspartner? Er kündigte das Darlehen und forderte die Autos, die ihm als Sicherheit übereignet wurden. Und hier gelangt man an die strafrechtliche Dimension dieses Streits unter Freunden und Partnern: Die Fahrzeuge befanden sich gar nicht mehr beim Angeklagten, er hatte vier davon bereits verkauft – obwohl sie rechtlich seinem Geldgeber gehörten. Juristen nennen das Veruntreuung und Unterschlagung.

Die finanziellen Probleme zogen sich über eineinhalb Jahre hin, der Geldgeber sah weder Geld noch Autos. Der Angeklagte hatte mittlerweile sowohl Insolvenz als auch Privatinsolvenz angemeldet, seine Häuser wurden gepfändet. „Ich habe alles verloren“, bekannte er vor Gericht. Mit seiner Frau wohnt er heute zur Miete und arbeitet als Vermittler und Berater auf Honorarbasis in der Firma seines Sohnes. Die beiden ehemals befreundeten Familien liegen, seitdem die Streitigkeiten vor Gericht ausgetragen werden, im Clinch. Viel böses Blut ist geflossen. Der Anwalt des Angeklagten, Peter Fricke, berichtete Richterin Celina Nappenbach von ominösen Droh-E-Mails an seinen Mandanten, dass dieser im Gefängnis lande, würde seine Frau nicht innerhalb von zwei Tagen beim Notar eine Bürgschaft unterschreiben. Den Schriftverkehr bestätigte der 58-jährige Geschädigte zwar, allerdings habe das sein ehemaliger Anwalt ohne sein Wissen getan. „Ich war damit nicht einverstanden und habe dann den Verteidiger gewechselt.“ Dieser ganze menschliche Aspekt des in erster Linie finanziellen Dramas spielte beim Prozess gestern eine große Rolle, Anwalt Fricke kam immer wieder darauf zu sprechen.

Rein strafrechtlich allerdings blieb es bei den beiden Vorwürfen: Veruntreuung und Unterschlagung in vier Fällen. Und die waren im Grunde auch überhaupt nicht strittig. Staatsanwältin Franziska Schlicker forderte eine Bewährungsstrafe in Höhe von sieben Monaten. „Ich erkenne an, dass Sie Ihren ehemaligen Partner nicht vorsätzlich übers Ohr hauen wollten.“ Verteidiger Fricke plädierte für eine Geldstrafe für seinen Mandanten. Richterin Nappenbach verurteilte den ehemals erfolgreichen Geschäftsmann schließlich zu einer Geldstrafe in Höhe von 150 Tagessätzen zu je 20 Euro, er gilt damit rechtlich gesehen als vorbestraft. Was neben dieser Strafe außerdem bleibt ist: eine zerbrochene Freundschaft, ein untergegangenes Unternehmen und Schulden in Millionenhöhe.