Neuburg
Gelungenes Klangexperiment

Abwechslungsreiches Gitarren-Festival im Museumsgarten begeistert die Besucher

25.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:44 Uhr

−Foto: Enghuber, Gerda, Neuburg

Neuburg (lm) Ganz so weit ist es dann doch nicht, dass man mit Isomatte und Wurfzelt anrückt. Aber Bayreuth-Länge erreichen die Festivals eines Noppo Heine allmählich schon. Beginn halb acht, zeichnet sich bei „Braock bis Rock“ gegen elf nicht etwa „schon“ das Ende ab, gerade mal der Beginn des letzten Gigs.

Heine pokert dabei hoch – und gewinnt. Clive Carroll um 23 Uhr ist schon eine Herausforderung – an Konzentration und musikalischer Delikatesse. Einfach kammermusikalische Extragüte. Man muss es dem Macher lassen, und vielleicht braucht es dazu jene Portion Extrovertiertheit, die er dabei an den Tag legt, um solch ein Unterfangen überhaupt zu starten. Es ist ein echter Gewinn für Neuburg. Im zwischenzeitlich fünften Jahr ist es ein Stück weit ein Selbstläufer geworden, die lauschige Stimmung hier im Garten des Stadtmuseums trägt das ihre bei. Es ist halb Konzert und halb Party, Festival und Fete, einmal mehr ein Format auf Privatinitiative. So etwas fällt einem besonders wieder auf, wenn der Stadtrat 30 000 Euro für ein dreitägiges Bierfest locker macht. Gut, einen wie Clive Carroll könnte man da bestimmt nicht brauchen.

Den Anfang machen zwei Neuburger Nachwuchsformationen im Umfeld der Musikschule, wo Heine bevorzugt fürs Fach Gitarre zuständig ist. Ein weiter Bogen der instrumentalen Eigenheiten und Möglichkeiten wird da aufgeblättert, vom variablen Gruppenspiel bis zur dialogen Begegnung im Duospiel. Zweifelsohne eine der reizvollsten Formen des Gitarrenspiels bildet der Flamenco. Er ist alles, ganze Lebensgeschichten, überbordende Vitalität, Lust und Schmerz, Eros und Thanatos. All das erlebte man am freitags bei Aqua y Vino, gespielt, gesungen, getanzt und gestampft auch und noch um eine filigrane Violine erweitert, vielleicht eine Spur zu Fränkisch und mit schier exemplarischem Vorzeigeeffekt.

Hauptakteurin Barbara Hennerfeind besticht mit exzellenter Schlagtechnik, hat die prägnantesten Schritte parat. Das ist pädagogisch wertvoll. Was fehlt, zeigt Cobario schon nach den ersten Tönen. Da ist Feuer drin, richtig Pepp, eine sagenhafte Musik, eine für unsere Breiten sensationelle Entdeckung. Irgendwie zwischen Valsette und Flamenco geht’s los, stets ist eine Brise Puszta mit dabei. Spanien ist da rasch ins K.u.K.-Reich integriert. Voller Energie geht es über sieben Meere, ein leicht jiddischer Einschlag ist zu vernehmen, wobei der freche Stilmix überhaupt ein Kennzeichen dieser keine Sekunde müden Musik ist. Und wieder ist es die Geige, die die zwei Gitarren frech aufmischt. „Nizza“ beginnt in bester Stehgeiermanier, plötzlich ist da richtige Gipsy-Musik, de Sarasate und Brahms winken von der klassischen Musik herein. „Goldrauschvariationen“ reizen endgültig die Fantasie, warum sollte der Ditte Mann nicht auch mal 12 Uhr mittags unterwegs gewesen sein. Sagenhaft, was bei den Dreien nicht alles zusammengeht.

Genau, das irgendwie noch zu toppen, ist eigentlich aussichtslos. Hilft nur die Rückbesinnung auf die Wurzeln, schließlich ist es ein Gitarren-Fetival. Ein bisschen war’s natürlich schon, im Vergleich mal mit klassischer Musik, wenn man auf Bolero eine Bach-Solosonate setzte. Aber wie die erweist sich auch Clive Carroll als ein absoluter Kulminationspunkt im akustischen Gitarrenspiel.