Burgheim
Blick in ein Stück Heimatgeschichte

500 Besucher schauten am Montag in der Grasmühle an der Kleinen Paar vorbei

25.05.2015 | Stand 02.12.2020, 21:16 Uhr

Foto: Winfried Rein

Burgheim (r) Die Zeit ist stehen geblieben in der Grasmühle bei Burgheim. Wenn der Walzenstuhl rotiert und Getreide zermahlt, ist es wie in den 1950er Jahren. Am Pfingstmontag warfen etwa 500 Besucher einen Blick in das Heimatdenkmal an der Kleinen Paar.

Einen solchen Andrang hatte die Grasmühle in den Vorjahren noch nicht erlebt. Manfred Schuhmann musste die Besucher in Gruppen einteilen, um die Holzböden der Mühle nicht zu überlasten. Sohn Fabian machte der Ansturm nichts aus. „Ich bin hier in meinem Element“, sagt der junge Maschinenbaustudent.

Turbine und Transmissionen ruhen seit Jahrzehnten. Verkauf oder Abbruch der Mühle war für die Eigentümerfamilie kein Thema. Man hält Haus und Technik in Schuss, obwohl kein materieller Wert dabei herausspringt. Ein bisschen geht es um Familientradition.

Fabian Schuhmann (19) führte die Besucher fachkundig durch das Innenleben der Grasmühle. Ihre vier Walzenstühle sehen noch tipptopp aus, sie haben das Getreidegut gemahlen zu Weizen- und Roggenmehl, Dinkel, Kleie und Schrot. Die Landwirte lieferten ihr Getreide in schweren Säcken oder als Schüttgut per Anhänger an. „Der Elevator befördert es nach oben“, erzählt der Mühlen-Führer, „dort beginnt die Produktion“.

Der Plansichter und andere Reinigungsmaschinen trennten das Mahlgut von Staub und Unrat, um das reine Mutterkorn zu gewinnen. Auch das Mehl durchläuft mehrmals diese Maschinerie, bis das gewünschte Endprodukt in Leinen- oder Papiersäcke eingefüllt werden kann. Luftdruck schickt das Material in Pneumatikrohren immer wieder in die oberen Etagen. Mindestens fünf-, sechsmal durchwandert es die gesamte Mühle.

Seit 1994 gibt es den „Deutschen Mühlentag“. 1100 Wind-, Wasser- und Elektromühlen in allen Bundesländern öffneten gestern ihre Türen – von modernen Produktionsanlagen bis zu reinen Museen wie etwa in Thierhaupten. Die ältesten Technikmaschinen der Menschheit laufen mit der Kraft der Natur. Sie können Getreide verarbeiten, Holz sägen, Papier herstellen, Schöpfen, Pumpen, Stampfen und Pressen. Der Mühlentag soll zeigen, wie die Vorfahren ihr Brot verdienten und die Technik weiterentwickelten. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) steht voll hinter der Idee. Er eröffnete gestern die Zentralveranstaltung an der Mönchhofsägemühle im Waldachtal. Die allzu rigorose Umsetzung der „Europäischen Wasserrahmenrichtlinie“ gefährdet kleine Triebwerks- und Mühlenbesitzer. Die Fachbehörden verlangen Umgehungsbäche für die Fischwelt. Doch oft reicht das Wasservolumen der Bäche für beides nicht aus. „Damit wird den alten Wassermühlen per Gesetz das Wasser abgegraben“, befürchtet Erhard Jahn, Präsident der „Deutschen Gesellschaft für Mühlenkunde und Erhaltung“.

43 der Kulturdenkmäler waren am Pfingstmontag in Bayern zu besichtigten. Einen Ansturm wie die Hainmühle in Morsbach, Kreis Eichstätt, verzeichnete die Burgheimer Grasmühle nicht. Aber es kamen wieder Einheimische, die Kindheitserinnerungen mit der Mühle verbinden. Von einst 25 Mühlen an der Kleinen Paar ist lediglich eine Handvoll übriggeblieben – ein Stück Heimatgeschichte.

Anna und Georg Schuhmann aus Burgheim halten ihre Grasmühle in Schuss, Sohn Manfred Schuhmann, Ehefrau Karoline mit den Kindern Miriam und Fabian pflegen die Tradition weiter. Für Urgroßmutter Anna Wernhard war die Grasmühle zeitlebens ihr Zuhause. Max Wernhard war der letzte aktive Müller und Innungsmeister, bis 1977 endgültig das Mahlen eingestellt worden ist. Haus und Mühlenturm waren erst 1960 ausgebaut worden. Seit 200 Jahren gehört die Grasmühle zum Familienbesitz. Müller arbeiteten hier seit fünf Jahrhunderten. Eine erste urkundliche Erwähnung der Grasmühle geht auf 1295 zurück.