Bertoldsheim
Probebetrieb über fast drei Jahrzehnte

Stauzielerhöhung: Alte Unterlagen zeigen den Genehmigungsverlauf ein genauer Blick lohnt sich

28.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:07 Uhr

Den Schleier der Vergangenheit lüften die alten Genehmigungsakten: Ein Blick auf die Wasserhöhen am Kraftwerk Bertoldsheim (hinten) lohnt sich - nicht nur für Fischreiher auf der Jagd. ‹ŒArch - foto: Schanz

Bertoldsheim (DK) Der von der Betreiberfirma Uniper geplante höhere Aufstau der Donau an den Wasserkraftwerken Bertoldsheim und Bergheim für die höhere Stromerzeugung ist umstritten. Alte Unterlagen zeigen, wie über fast drei Jahrzehnte ein höherer Aufstau als Probebetrieb lief.

Besonders in Rennertshofen wurde Kritik laut (wir berichteten). Außerdem wurde die Frage aufgeworfen, wie es dazu kam, dass das Wasser in Bertoldsheim fast 30 Jahre lang um 30 Zentimeter höher gestaut wurde, als ursprünglich geplant. Beim Blick in die alten Unterlagen wird klar, dass es sich um einen fast drei Jahrzehnte dauernden Probestau gehandelt hat.

Bei der Genehmigungsbehörde, dem Landratsamt Neuburg-Schrobenhausen, liegen die Akten im Archiv. Pressesprecher Thomas Assenbrunner hat sie auf Nachfrage unserer Zeitung aufgestöbert. Der Ursprungsbescheid zum Bertoldsheimer Wasserkraftwerk stammt von 1971 - mit einem Stauziel 391,50 Meter über Normalnull (müNN). Die Donau-Wasserkraft AG (DWK) beantragte allerdings schon mit Schreiben vom 30. März 1973 die Stauzielerhöhung in Bertoldsheim um 0,30 Meter von 391,50 müNN auf 391,80 müNN. Das Wasserwirtschaftsamt Ingolstadt hat zu diesem Antrag am 18. März 1974 ein positives Gutachten erstellt. "Aufgrund fehlender damaliger Beurteilungssicherheit haben die zuständigen Behörden einem Probeüberstau auf 391,80 müNN zugestimmt", heißt es aus dem Landratsamt Neuburg-Schrobenhausen. Dieser Probestau lief mit Wissen und Billigung der Fachbehörden bis 2002 - also 28 Jahre. Dann wurde das Stauziel wieder zurück auf 391,50 müNN gesetzt. Mittlerweile war Eon in Bertoldsheim am Zug. Das Unternehmen beantragte dann am 30. Juni 2005 die Stauzielerhöhung mit aktuellen Unterlagen auf 391,80 müNN. "Nachdem im wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren durch die Stellungnahmen der Fachbehörden und die Erfahrungen des Probeüberstaus negative Auswirkungen ausgeschlossen werden konnten, wurde die Stauzielerhöhung mit Bescheid vom 28. Juni 2006 unter strengen Auflagen vom Landratsamt genehmigt", unter anderem mit der Pflicht für den Kraftwerksbetreiber, im Hochwasserfall zunächst auf 391,50 müNN abzusenken und dann auf 392,00 müNN aufzustauen, um Retentionsraum für das Wasser zu schaffen. Es ging also darum, eine jahrzehntelange Praxis nachträglich in rechtlich wasserdichte Formen zu gießen.

Aktuell beantragt Betreiber Uniper eine dauerhafte Stauzielerhöhung um 20 Zentimeter auf 392,00 müNN, wobei noch keine Antragsunterlagen im Landratsamt vorliegen. In der Sitzung des Gemeinderates Rennertshofen kritisierte Ludwig Bayer (FW) das Vorgehen in der Vergangenheit. "Es war ihrem Unternehmen jahrelang erlaubt, höher zu stauen, ohne dass der Gemeinderat das wusste." Die Uniper-Vertreter machten keinen Hehl daraus, dass damals vieles anderes gelaufen sei, als das heute üblich sei. "Das waren andere Zeiten damals", sagte Roman Töpler, Leiter der Kraftwerksgruppe Donau. "Bürgerbeteiligung war damals kein Thema."

Diesmal will das Unternehmen offenbar transparenter agieren - es sind mehrere Informationsveranstaltungen geplant.

Im Wasserwirtschaftsamt kennt man die Problematik. Torpediert die angestrebte Stauzielerhöhung die Pläne für den Donaupolder Bertoldsheim? Ja und nein: "Das wird natürlich Einfluss auf die Polderdiskussion haben, weil die Ängste der Bevölkerung eh schon da sind", antwortet Amtsleiter Christian Leeb. "Es wird die Grundwasserthematik verschärfen, aber aus fachlicher Sicht haben die beiden Dinge nichts miteinander zu tun", stellt Leeb klar. Für die Akzeptanz in der Bevölkerung zum Polder wird die Stauzielerhöhung nicht förderlich sein.