Ingolstadt
Verrücktes Theater unter freiem Himmel

08.08.2010 | Stand 03.12.2020, 3:47 Uhr

Aktionsreiche Szenen bot die Schauspieltruppe vom "danu bus" am Samstag auf dem Rathausplatz. Das Zuschauerinteresse war groß. Die Vorstellungen dauerten bis in den Abend hinein. - Foto: Strisch

Ingolstadt (tbk) Langsam schleicht sich Truffaldino am Bus entlang. "Ich habe Hunger. Habt ihr was zu essen" fragt er das Publikum. Der von Aron Keleta gespielte, ewig nach Essen suchende Diener ist die Hauptfigur in dem Commedia dellarte-Stück "Der Diener zweier Herren" von Carlo Goldoni.

Aufgeführt wurde die aus dem 18. Jahrhundert stammende Komödie von der Truppe des "danu bus"-Theaterprojekts, die am Samstag auf dem Rathausplatz Station machte. Mit rasantem Spiel und vor witzigen Einfällen sprühend, brachten die Theaterleute am Abend die Zuschauer zum Lachen. Und das bei freiem Eintritt.
 
Um mehr Lohn und vor allem Essen zu bekommen, lässt sich der tollpatschige Truffaldino gleich von zwei Dienstherren einstellen. Doch anstatt etwas zu Essen zu bekommen, wird der immer hungriger werdende Truffaldino in eine verworrene Liebesgeschichte hineingezogen. Seine Doppelbeschäftigung kompliziert die Lage weiter: Für welchen seiner Herren ist zum Beispiel der Brief, den er überbringen soll? Ein lustiges Durcheinander, das natürlich gut ausgeht: Die Liebenden finden sich und auch Truffaldino erobert das Herz einer jungen Bediensteten.

 
Eine Besonderheit an der Inszenierung von Regisseurin Rebecca Seiler ist, dass das Stück in fünf Sprachen aufgeführt wird. Die Schauspieler sprechen ihre Muttersprache: Deutsch, Serbisch, Rumänisch und Ungarisch. Dazu kommt noch Englisch. Das führt zu einigen witzigen Verwicklungen mehr, zwingt aber die Zuschauer genau aufzupassen. Dabei wurde Goldonis Stück auf das wesentliche reduziert, wie Schauspieler Aron Keleta erklärte. Ihn fasziniert am Straßentheater, dass die Künstler gegen die Umgebung anspielen und das Publikum einfangen müssen. "Das ist schwierig, aber das totale Glücksgefühl, wenn man es schafft."
 

Bereits am Nachmittag bot die Truppe abwechslungsreiche Unterhaltung für Jung und Alt. Zuerst führten Klara Heyden und Martin Bonvicini mit ihren Marionetten den Streit zwischen der ordnungsliebenden Katze Lucie und dem chaotischen Schwein Karl-Heinz auf, später zogen die Aktionen des Masken- und Pantomimentheaters "Walking Acts" die Zuschauer in ihren Bann.
 
Begonnen hat die Tour des "danu bus" am 18. Juli mit der Premiere in Ulm. Seitdem klappert die Truppe mit ihrem blau-grünen, fast vierzig Jahre alten irischen Doppeldeckerbus die Städte entlang der Donau ab. Endstation ist am 15. August Pöchlarn in Österreich. "Der Bus transportiert unser ganzes Equipment. Vielleicht wird er ja zu einem Donauwahrzeichen. Es ist jedes Mal ein Erlebnis, wenn wir mit ihm in eine Stadt kommen", schwärmte Sandra Schüssler, die Leiterin des Projekts. Die Truppe besteht in erster Linie aus Studenten der Akademie für darstellende Kunst in Ulm. Dazu kommen Studenten aus Serbien, Ungarn und Rumänien. "Wir wollen echtes Volkstheater machen, bei dem die Schwelle zwischen Bühne und Publikum aufgelöst ist", erklärte Schüssler. In den kommenden Jahren soll die Tour wiederholt werden, dabei wollen die Künstler immer weiter entlang der Donau reisen, bis 2013 das Schwarze Meer erreicht wird.
 
Zwar lassen die Schauspieler nach jeder Vorstellung den Hut herum gehen, doch wird der Theaterbus vom baden-württembergischen Bildungsministerium, den Städten Ulm und Neu-Ulm sowie einigen Firmen finanziert. Gefallen hat das ungewöhnliche Spektakel den Ingolstädtern sichtlich gut. Die Sitzplätze waren stets voll besetzt, viele Zuschauer mussten gar stehen, und auch die Gäste des Moritz-Cafes verfolgten das Geschehen aufmerksam. Eine Zuschauerin erklärte: "Ich finde, das ist mal etwas anderes. Das ist Aktionskomödie!"