Teile der Münzberg-Kaserne entdeckt

03.06.2009 | Stand 03.12.2020, 4:54 Uhr

Seltener Anblick: Auf der Baustelle Am Bachl können Erich Claßen, Dienststellenleiter beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, und der Archäologe Jan Weinig (rechts), die Stadtmauer bis zu den Kalksteinfundamenten studieren. - Foto: Stadik

Ingolstadt (DK) Bei den Grabungen Am Bachl sind die Archäologen überraschenderweise auf Überreste der im Jahr 1718 gebauten Münzberg-Kaserne gestoßen. Im Erdreich kamen weitere 300 Jahre Schanzer Stadtgeschichte mit zahlreichen Keramikfunden zum Vorschein.

Dieser Anblick bietet sich in Ingolstadt nur äußerst selten: Auf der Baustelle an der Straßenecke Am Bachl/Münzbergstraße ist die historische Stadtmauer jetzt bis auf die Fundamente in etwa zwei Meter Tiefe freigelegt. "Wenn wir so einen tiefen Schnitt in einem Haus machen würden, stürzt es ein", erläutert der Archäologe Jan Weinig die Besonderheit, denn die Stadtmauer ist heute fast überall in Gebäude integriert. Auch die Befestigungstechnik Am Bachl ist außergewöhnlich: "Qualitativ sehr gut", so Grabungsleiter Weinig, wurden die Kalksteine und das darüber stehende Ziegelwerk verlegt.

Die Schanzer, die den Festungsgürtel hier wahrscheinlich zwischen 1368 und 1430 angelegt haben, mussten sich besonders Mühe geben, denn der heutige Südwesten der Altstadt war vor dem 14. Jahrhundert Sumpfgebiet. Der nahe gelegene Egelsee-Weiher, so verzeichnen es die städtischen Annalen, soll damals erst trocken gelegt worden sein. Die Mauer musste an dieser Stelle daher besonders tief verankert und außergewöhnlich standfest sein. Zur Befestigung des Untergrundes nutzten die Mauerbauer damals auch Hausmüll, der nun als kostbares, historisches Relikt wieder auftaucht: "Wir haben Berge von Keramik herausgeholt", berichtet Jan Weinig, der die zahllosen Funde nun genauer untersuchen lässt.

An die Zeit, als die Ingolstädter offenbar nördlich der Donau Land gewannen, erinnert auch eine geflochtene Holzmatte, die in der untersten Grabungsschicht zu Tage kam. Solches Geflecht kam zum Beispiel auch auf dem Gelände des ehemaligen Kino-Centers in der Spitalstraße zum Vorschein. Möglicherweise dienten solche Matten als Unterkonstruktion für Häuser oder Uferbefestigungen. Weinig und sein Team erhoffen sich weitere Erkenntnisse aus den Grabungen, die nun von der Baustelle her unter der Straße Am Bachl fortgesetzt werden sollen.

Die Baustelle auf dem Gelände der ehemaligen Druckerei Strobl-Köbinger barg eine weitere Überraschung: Obwohl es hier im Zweiten Weltkrieg einen Bombentreffer gab und zudem die schweren Betonfundamente der Druckerei auf das Erdreich drückten, stießen die Archäologen auf sehr gut erhaltene Mauern der Pferdeställe, die zu der nahe gelegenen Münzberg-Kaserne gehörten. Dieses 1718 errichtete Quartier ist Teil der neueren Schanzer Militärgeschichte und wurde nach dem Erbauer der renaissancezeitlichen Festung benannt. Die Soldaten, die absichtlich fernab des früheren Stadtzentrums untergebracht waren, erlangten übrigens bei der "Hungerrevolte" von 1746 traurige Berühmtheit: Weil nach dem österreichischen Erbfolgekrieg ihr Sold ausblieb, überfiel die Garnison die Verkäufer auf dem Ingolstädter Wochenmarkt und plünderte die Stände.

Während dieser historische Kasernenteil demnächst von einem dreigeschossigen Neubau mit sieben Wohnungen überdeckt wird, bleibt die Stadtmauer gegenüber der Danuviusklinik bis knapp über Mannshöhe erhalten. Als Abschluss zur Straße ist ein Türmchen geplant, damit die Ecksituation verdeutlicht wird.