Paris–Peking in 140 Tagen

25.03.2008 | Stand 03.12.2020, 6:02 Uhr

Ihre Fahrräder hatten die Reisenden aus Frankreich gestern Abend in der Jugendherberge gelassen. Zum Empfang im Rathaus kamen sie zu Fuß. Die "Madame le Maire" Brigitte Fuchs (r.) verteilte Anstecker, über die sich auch Konsul Guillaume de Kerdrel (l.) freute. - Foto: Silvester

Ingolstadt (DK) Sie radeln von Paris nach Peking und wollen vor der Eröffnung der Olympischen Spiele am 8. August am Ziel sein: 83 Franzosen und 20 weitere Sportler aus sechs Ländern. Die meisten sind Rentner. Gestern erreichte die Gruppe "Paris Pekin à vélo" Ingolstadt und wurde im Rathaus empfangen.

Sie sind fast alle über 60 und als leidenschaftliche Radfahrer in der langen Zeit weit gereist. Daher dürfte jeder von ihnen im Sattel die eine oder andere Erdumrundung absolviert haben. Die 13 000 Kilometer zwischen Paris und Peking gingen die 103 Radsportler entsprechend gelassen an. Gestern legte das internationale Fahrerfeld die Strecke von Donaueschingen nach Ingolstadt zurück.

"Paris Pekin à velo" nennt sich die Gruppe, die im Namen des nationalen französischen olympischen Komitees und des Radsportverbands auf Tour ist. Die Idee wurde geboren, nachdem Peking – und nicht Paris! – den Zuschlag für die Olympischen Spiele bekommen hatte, erzählte Yves-Marie Marchais. "Und wenn wir die Spiele schon nicht ausrichten, dann fahren wir wenigstens da hin!"

Diese sportliche Trotzreaktion dürfte anstrengend werden. Die Reise ist in 120 Etappen aufgeteilt und dauert 140 Tage. "Allein in China werden wir 50 Tage unterwegs sein", sagte Marchais. Sein Sportsfreund Claude Galvaing ergänzte: "Wenn wir Russland verlassen, haben wir erst die Hälfte des Weges geschafft." Und bis dahin ist es eh noch weit.

Beim Empfang im Alten Rathaus beeindruckte die Gäste zunächst die Präsenz des Diplomaten Guillaume de Kerdrel. Ingolstadt hat einen französischen Konsul! Doch der städtische Pressesprecher und souveräne Dolmetscher Gerd Treffer klärte auf: Monsieur de Kerdrel residiert in München und ist eigens zur Begrüßung der Radfahrer nach Ingolstadt gereist. Bürgermeisterin Brigitte Fuchs kam wie gewohnt mit dem Rad ins Rathaus, was sie die Gäste natürlich sofort wissen ließ.

Konsul de Kerdrel übersetzte seine kurze Rede gleich selber ins Französische. Die Peking-Fahrer hätten sich "eine der interessantesten und schönsten Strecken Süddeutschlands ausgesucht", sagte er.

Henri Dusseau, Kommunikationsbeauftragter der Gruppe, bedankte sich euphorisch für den netten Empfang. Gerd Treffer übersetzte Dusseaus Ansprache simultan für die "Madame le Maire", also die "Frau Bürgermeister". Bevor Brigitte Fuchs die obligatorischen Anstecker mit dem Stadtwappen verteilte, gab sie den Gästen eine Ermunterung mit auf den Weg, von der sie bis Peking zehren können (also noch sehr lang): "Ich habe heute die wahren Olympiasieger gesehen!"

Die Krisenregion Tibet werden die Radler komplett umkurven – und darüber sind sie auch froh. Die China-Fahrer wollen auf keinen Fall in die Sphäre der Politik geraten. "Da der Radsportverband gemeinnützig ist, dürften wir uns auch gar nicht politisch betätigen", erklärte Yves-Marie Marchais.

In Bayern haben die radelnden Botschafter Frankreichs Verstärkung bekommen: Zwei Chinesen wurden eingeflogen, die sie bis zum Ziel begleiten. Kleines Problem: Beide sprechen kein Französisch. Außerdem hätten sie noch nie ein Fahrrad mit Gangschaltung gesehen, erzählten sie. Aber bis Peking besteht ja genug Gelegenheit, um zu üben.