Gaspreisrebellen scheitern vor Landgericht

22.01.2008 | Stand 03.12.2020, 6:11 Uhr

Viele Fragen mussten die Kläger der Interessengemeinschaft "Gaspreis – Ingolstadt – runter" beantworten. Das Medieninteresse im Landgericht war groß. Die wichtigste Frage blieb aber unbeantwortet: Gehen die Rebellen zum Oberlandesgericht nach München? - Foto: Rehberger

Ingolstadt (DK) Die Gaspreisrebellen haben ihre erste Schlacht gegen die Stadtwerke verloren. Das Landgericht wies gestern die Sammelklage von 69 Personen ab. Das scheint aber nicht das Ende des Gaspreiskrieges zu sein. "Wenn es nach mir geht, gehen wir bis zur letzten Instanz", sagte Initiator Erwin Sayer.

Sie hatten die Niederlage nach der letzten Verhandlung im Dezember kommen sehen. Damals deutete die Handelskammer am Landgericht mit dem Vorsitzenden Richter Konrad Kliegl die Tendenz an. Gestern wiederholte der Richter: "Der Bundesgerichtshof hat im Juni wichtige Weichenstellungen gegeben." Und diese sehen vor, dass der so genannte Sockelbetrag des Gaspreises nicht überprüft werden kann. Denn wer bei einem Energieversorger unterschreibt, der akzeptiert den ursprünglich geforderten Betrag, egal, wie er sich zusammensetzt. "Wir können nur tatsächliche Preiserhöhungen für eine Prüfung heranziehen", sagte Kliegl zur Begründung.

Vier Nachforderungen der Stadtwerke monierten die Gaspreisrebellen zwischen 1. Juli 2005 und 1. November 2006. "Die Kammer verkennt nicht, dass die Erhöhungen die Kläger hart trifft, es sind ja auch massive Erhöhungen in einem kurzen Zeitraum", so der Richter. Allerdings ist das Landgericht überzeugt, dass das Unternehmen nur die für sie ebenfalls gestiegenen Bezugspreise von Lieferant Bayerngas an die Kunden weitergegeben hat. Das bestätigten zwei Stadtwerkemanager im Dezember. Teilweise habe das Unternehmen zudem die höheren Bezugspreise nicht in voller Höhe oder erst verspätet weitergegeben, warben die Männer um Verständnis. Das Gericht glaubte ihnen in vollem Umfang, die Kläger nicht. "Die Männer hätten ja auch nichts Kritisches gegen ihren Arbeitgeber sagen können", so Sayer.

Die von den Gaspreisrebellen geforderten Verträge über ihren Gaseinkauf mussten die Stadtwerke nicht vorlegen. "Für einen Konzern nachvollziehbar", sagte Kliegl, "das ist ja ein Betriebsgeheimnis – und es gibt Konkurrenten auf dem Gasmarkt." Andreas Springer, der Geschäftsführer der Stadtwerke Energie GmbH, sagte: "Wir freuen uns, dass mit dem Urteil klar gestellt wurde, dass die Stadtwerke keine Abzocke mit den Kunden betreiben. Die extremen Preissteigerungen der vergangenen Jahre konnten wir aber nicht komplett intern auffangen."

Das Urteil ist für die Interessengemeinschaft kein Grund aufzugeben. "Wir kämpfen weiter", versprach Sayer. Seine Mitstreiter und er haben am Wochenende beim Neujahrsempfang der Stammhamer SPD offene Briefe an Umweltminister Sigmar Gabriel und Bundeskanzlerin Angela Merkel übergeben lassen. Die Botschaft: "Strom, Gas und auch Heizöl dürfen nicht länger dem freien Spiel der marktwirtschaftlichen Kräfte unterworfen sein. Dies muss ein Ende haben!"

Auch vor Gericht dürfte es weitergehen. Ihre Hoffnung gründen Sayer und Co. auf ein frisches Gerichtsurteil: Das Landgericht Dortmund hat einer Sammelklage der Verbraucherzentrale gegen RWE stattgegeben. Bei Kunden habe eine so genannte Preisanpassungsklausel im Kleingedruckten gefehlt. "Eine neue Strategie für uns", so Sayer, der sich erst abstimmen will, ob man das Oberlandesgericht in München bemüht. In der Landeshauptstadt waren im September 200 Sammelkläger gegen die dortigen Stadtwerke unterlegen.

Noch ist das Ingolstädter Urteil nicht rechtskräftig, es ist aber vorläufig vollstreckbar. Deshalb fand sich in einer Pressemitteilung der Stadtwerke gestern dieser Satz: "Nach dem positiven Urteil werden die Stadtwerke Ingolstadt jetzt damit beginnen, die Kunden anzuschreiben, die bis dato ihre Erdgasrechnung nicht vollständig gezahlt haben. Die so angefallenen Kosten müssen nun an das Unternehmen gezahlt werden."