Was ist hier pervers?

21.06.2012 | Stand 03.12.2020, 1:21 Uhr

Zu den Artikeln „Die Wiener setzen zum Überholen an“ (DK vom 19. Juni) und „Zweikampf mit klarem Favoriten“ (DK vom 20. Juni), in denen über den Stand der Planungen für das neue Museum für Konkrete Kunst und Design (MKKD) berichtet wurde:

Schön, dass die Verantwortlichen endlich den Wiener Entwurf registrieren, ist die Idee des Erhalts der einmaligen Gießereihalle und deren zukünftige Nutzungsmöglichkeiten durch Verlegung des MKKD in den Untergrund doch sehr spannend. Andere Städte haben vorgemacht, dass es gelingen kann. Jüngstes Beispiel ist das Städel-Museum in Frankfurt. Auch hier wurde nicht ein Betonblock vor das Museum gesetzt, sondern wurden unterirdisch neue Räume geschaffen, die als gelungen, sogar spektakulär zu bezeichnen sind.

Interessant also, dass ein Herr Schuhmann, ein studierter Geschichtler, es als „pervers“ bezeichnet, wenn man die „Ruine wieder herstellt“, aber das „Museum, um das es eigentlich geht, im Boden versteckt wird“. Ich finde es pervers, dass ein Stadtrat, der sogar Geschichtslehrer war, derart offen sein fehlendes historisches Bewusstsein und mangelndes Gespür für die Bedeutung dieser Halle für die Ingolstädter Geschichte zur Schau trägt. Gerade den letzten erhaltenen Rest der Gießerei, die mitverantwortlich war für Ingolstadts industriellen Aufstieg, gilt es in seiner Ursprünglichkeit zu erhalten. Der größte Teil fiel doch schon der „Abrisseritis“ zum Opfer.

Hätte es die militärische Industrie nicht gegeben, wäre Ingolstadt immer noch ein besseres Dorf und gäbe es kein MKK. Seltsamerweise schaffen es andere Städte auch, ihr bauliches Erbe würdig zu erhalten und dennoch Neues zu schaffen, und zwar ohne geschwürhaften Betonprotz. Schade, dass nicht jede Stadt solche abrissbirnenschwingenden Stadträte hat, dann wäre der ganze historische Plunder überall weg und würde nicht die schönen Sichtbetonfassaden stören, die man stattdessen oder daneben hinklatschen könnte.

Maximilian Schuster

Ingolstadt