Ingolstadt
"Ein großes Chaos am Boden"

Eine der wilden Schlägereien am Viktualienmarkt beschäftigte das Schöffengericht - Drei Jahre Haft für 21-Jährigen

21.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:11 Uhr
Nicht mehr erlaubt: Schnapsausschank ist auf dem Viktualienmarkt von der IFG vorläufig untersagt worden. Anlass waren unter Alkoholeinfluss begangene Gewalttaten unter Zechern. −Foto: Cornelia Hammer

Ingolstadt (DK) Der Vorfall war so etwas wie die Initialzündung für koordinierte Gegenmaßnahmen der Betreibergesellschaft IFG am Viktualienmarkt: Eine Schlägerei unter jungen Männern an einem späten Montagabend im vorigen April hat gestern vor dem Schöffengericht das unumgängliche juristische Nachspiel gehabt. Zwei der drei Angeklagten, allesamt in Ingolstadt gemeldet, kassierten Haftstrafen nach dem Jugendstrafrecht, in einem Fall ohne Bewährung.

Der dritte Beschuldigte wurde mangels klarer Beweise freigesprochen. Die beiden Schuldsprüche sind rechtskräftig.

Der Viktualienmarkt war im Frühjahr über Wochen hinweg vor allem spät abends Schauplatz etlicher gewalttätiger Auseinadersetzungen unter Zechern gewesen. Die Zwischenfälle, allesamt einem Milieu entsprungen, dessen Protagonisten nicht gerade als Stützen der bürgerlichen Gesellschaft durchgehen, hatten "normale" Gäste der Budenstadt zunehmend verschreckt. In der Rathausspitze hatte man auf Gegenmaßnahmen gedrängt, weshalb inzwischen ein Handlungskonzept der IFG vorliegt, das unter anderem einen Verzicht auf Ausschank von härteren Getränken, die Möglichkeit von Platzverweisen und auch eine Kameraüberwachung vorsieht (DK berichtete).

Einer der damaligen Störer wird nun wohl längere Zeit auf "Betankungen" am Viktualienmarkt verzichten müssen. Denn erstens sitzt er bereits ein, weil eine vormals zur Bewährung ausgesetzte Haftstrafe wegen Körperverletzung nach dem Vorfall vom Frühjahr inzwischen widerrufen worden ist. Und zweitens hat das Gericht unter Vorsitz von Matthias Martin dem inzwischen 21-jährigen (zugereisten) Ingolstädter sogar noch zu einem Aufschlag verholfen: Unter Einbeziehung der anderen Haftstrafe muss er nun (maximal) drei Jahre hinter Gittern verbringen.

Sein zum Tatzeitpunkt 19-jähriger Mittäter kam mit einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten davon - vor allem, weil das Gericht ihm seine angeblich inzwischen endlich etwas geordneteren Verhältnisse (Wohnung, Arbeit, Freundin) nicht gleich wieder über den Haufen werfen wollte. 

"Potenziell lebensgefährlicher Angriff"

 
Beide jungen Männer hatten sich geständig gezeigt, seinerzeit einem 26-jährigen Zechkumpanen, der offenbar herumgestänkert hatte, ordentlich zugesetzt zu haben. Der 19-Jährige hatte sich beleidigt gefühlt und dem Älteren einen ordentlichen Schwinger verpasst. Dann hatten er und sein damals noch 20-jähriger Kumpel auf den zu Boden gegangenen Mann eingetreten. Die Staatsanwältin hatte gerade diese Praxis als potenziell lebensgefährlichen Angriff gewertet wissen wollen und für die Täter einmal drei Jahre und acht Monate sowie zwei Jahre Haft gefordert. Die Verteidiger hatten es bei zwei Jahren und acht Monaten bzw. einer Bewährungsstrafe bewenden lassen wollen.

Den dritten Angeklagten, der mit seinen 26 Jahren unter das Erwachsenenstrafrecht gefallen wäre, konnte das Gericht nicht belangen. Es habe mangels hinreichender Beweise nicht zu der für eine Verurteilung notwendigen "sicheren Überzeugung" von einer Täterschaft gereicht, erklärte Vorsitzender Martin den Freispruch. Zwar hatte ein Zeuge aus der Zecherrunde auch diesen Mann in das Geschehen eingreifen sehen, doch ob er das Opfer oder die Täter attackiert hatte, das war für diesen Zeugen (alle in der Runde hatten ordentlich über den Durst getrunken) nicht auszumachen gewesen. Es habe da einfach "ein großes Chaos am Boden" gegeben, so seine Einlassung. Zwei Ingolstädter, die etwas später als Zeugen hinzugestoßen waren, hatten bei den Tritten jeweils nur zwei Akteure ausgemacht.

Dem mit der Bewährung davongekommenen jungen Mann gab Richter Martin noch eine Warnung mit auf den Weg: "Ich würde einen großen Bogen um den Viktualienmarkt machen - und auch um andere Brennpunkte in der Stadt."