Traumwetter an Ostern: Raus, nichts wie raus

13.04.2009 | Stand 03.12.2020, 5:02 Uhr

Szenen wie im Hochsommer – und das Mitte April. An den Ufern rund um den Baggersee lagen die Menschen in der Sonne. Die ersten Wagemutigen erfrischten sich sogar bereits im Wasser.

Ingolstadt (DK) Es war das bislang schönste Wochenende des Jahres. Ostern bescherte allen traumhaftes Wetter. Die Ingolstädter drängten mit Macht ins Freie. Und auch die Wirte hörten angesichts des heuer besonders zeitigen Frühsommers kaum auf zu strahlen. Impressionen eines rundum sonnigen Feiertages.

Der Zeiger des Thermometers in der Kupferstraße schlägt gegen Nachmittag in gewohnter Übertreibung aus: 31 Grad. Derart gewaltig kommt er zwar noch nicht daher, der Sommer, aber an der Oberen Apotheke berichtet die realitätsnähere, da beschattete Temperaturanzeige, was heuer anders ist als an vielen Osterfesten zuvor: 22 Grad.

Die Ingolstädter drängen mit Macht ins Freie. Sogar in den Weiten der leeren Fußgängerzone sitzen sie unter den Schirmen der Cafés. Und natürlich auf dem Viktualienmarkt. Der lockt mit temperaturgemäßen Attraktionen (Weizen zwei Euro, Helles 1,90). Drei Häusl haben offen. Das Team von den Süßen Schmankerln strahlt – so wie die meisten Gastronomen an diesem sonnigen Tag. "Es ist einfach alles perfekt! Und nicht zu heiß." Denn Hitze trübe das Geschäft, erzählen die drei Kaiserschmarrnprofis. Um die 30 Gäste haben sie am Vormittag schon bewirtet. Und es werden immer mehr.

Eine sanfte Brise aus Nordwest beseelt die sommerliche Atmosphäre. Kein Hinweis auf Feiertagsträgheit. Flaneure bevölkern die Altstadt. Sogar Touristen im weitesten Sinne bereichern das Ensemble der Osterspaziergänger. Sie studieren den Plan am Schliffelmarkt, fotografieren sich gegenseitig vor dem Alten Rathaus oder erkundigen sich nach einem netten Biergarten. Eine Familie kommt unverkennbar aus dem Schwäbischen. Statt mit dem Reiz des Rathausplatzes befassen sich die Gäste lieber mit der Attraktivität der Schaufenster ringsum. "Mehr henn die nedda!", stellt die Mutter bald fest.

Keiner will Wollschals

Auf dem Brunnenfest am Paradeplatz gehen die Strickwaren nicht wirklich gut. Dabei haben die Marktleute den Preis für die Wollschals um 50 Prozent reduziert. Kaum mehr Beachtung finden Pulswärmer, dicke Socken und Häckelmützen. Es ist zwei Wochen her, da hatten die Winteraccessoires Hochsaison. Erich Paetzold, Fahrdienstleiter im Kinderkarussell, hat den Beginn des Brunnenfests noch in frostiger Erinnerung. "Da ist ja fast überhaupt nix gegangen." Und jetzt: "Traumhaft!"

Allerdings meint er das Wetter, weniger die Umsätze, denn die rapide Ankunft des Frühsommers vermochte die Laune der Marktleute kaum zu erwärmen. Paetzold, an diesem Tag ein gefragter Mann, weiß, dass das Fest wenig profitiert hat. "Es fehlt einfach eine Attraktion." Der mit 8500 weißblauen Eiern verzierte Brunnen – ja sicherlich, nett, findet er, "aber es ist halt ein fränkischer Brauch, kein bayerischer". Er vermisst Farbenfreude. Man sollte es so machen wie die Franken, rät er: "Alles viel bunter!"

Eine Attraktion gibt es. Besser gesagt drei: Pumuckl, Dino und Track. Geführt von Jessica (zwölf) und Sonja (15) gehen die Shetlandponys mit Kindern auf dem Rücken auf und ab. An die 20 Touren haben sie bis zur Mittagszeit unternommen. Gerne laufen auch filmende, stolze Eltern rückwärts voraus, erzählen Jessica und Sonja. Aber das störe ihre Ponys nicht.

Renato Granata erträgt die Belagerung seines Eismobils gelassen. Vor einigen Tagen noch war er hektischer unterwegs. Beinahe hätte er doch Deutschlands Frühlingserwachen verpasst! Wer hätte auch geglaubt, dass das heuer so schnell geht. "Ich war in Italien", erzählt er, "und hab’s gerade noch rechtzeitig hierher geschafft."

Vor dem Gemäuer, in dem der Erste Weltkrieg sein Antlitz zeigt, blühen Kompanien von Osterglocken. Drumherum präsentiert sich der Klenzepark in feiertagsüblicher Fülle. Nur die unpassend-wetterfesten Träger schwarzrotgold geschmückter Kutten wollen sich nicht recht ins Bild fügen; sie zieht es gen Saturn-Arena, da ist am Abend Eishockeyländerspiel.

Volleyball noch ohne Netz

Am Baggersee lässt sich der Sommer in aller Pracht bestaunen. Da und dort wird groß aufgegrillt. Auf den Beachvolleyballplätzen hält sich infolge fehlender Netze die Spielfreude noch etwas in Grenzen. Dafür planieren fleißige Herren bis zum Abend den Sand. Die Jugend – Not gedrungen die Bälle im Kreis umherpritschend – lauert schon sehnsüchtig.

Auf der Minigolfanlage beim Fischerheim sind nachmittags um fünf sämtliche Bahnen belegt. Seit dem Morgen gehe das so, erzählt Platzwart Ernst Distler. Er kommt mit dem Nachschenken kaum hinterher. Wie viele Spieler haben schon den Schläger geschwungen? Distler hat irgendwann den Überblick verloren. "Bei uns geht’s nur nei und naus und nei und naus."

Im nahen Mooshäusl erinnert sich die Wirtin Sieglinde Lögl eher vage an ein ähnlich sommerliches Osterfest. "Des is sicher zehn Jahre her." Die Feiertage fand sie "einfach wunderschön! Die Leute haben so eine Sehnsucht nach der Sonne."

Und nach schattigen Biergärten. Bis halb zehn am Abend saßen sie an Karfreitag, erzählt die Wirtin. Leider aßen sie dabei den ganzen Radi auf – "und am Samstag war kein Ersatz mehr zu bekommen". Dennoch: "Ein nettes Gschäft!"

Von der Abendstimmung beseelt, wird ein 49-jähriger Naturfreund am Ufer des Baggersees philosophisch: "Mir fällt auf, wie ruhig es trotz des Trubels ist. Fast so, als könnten die Leute gar nicht fassen, dass der Frühling da ist." Und der Sommer kommt ja erst noch.