Oberstimm
"Mit viel Gefühl, das ist wichtig"

DK-Redakteur Bernhard Pehl versuchte sich am Barthelmarkt als Schiffschaukelbremser

27.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:35 Uhr

Schiffschaukeln ist eine Gaudi, wie an den Gesichtern (von links) der Gemeinderäte Georg Kumpf und Tobias Silberhorn sowie an dem von Bernhard Pehl ablesen kann. Gebremst wird mit der langen Stange.

Oberstimm (peh) Schnucki, Stöpsi oder doch lieber Schatzi? Die Auswahl am Barthelmarkt ist groß. Allerdings handelt es sich nicht um junge Damen, wie jetzt vielleicht mancher vorschnell urteilen könnte. Sondern um Schiffe. Aber die schwimmen nicht auf der Paar, sondern hängen in ihren Gestellen. Und warten darauf, bewegt zu werden. Ja, es gibt sie noch, die gute alte Schiffschaukel. Ohne Motor, ohne Geräuschkulisse. Rein mechanisch, nur mit Körperkraft werden die Schiffe geschaukelt und wieder zum Stillstand gebracht. Und dafür braucht es den Schiffschaukelbremser. Bevor der Lehrling jedoch an ein Schiff darf, erhält er einen Überblick.

Seit 150 Jahren ist die Schaustellerfamilie Kreis jetzt schon auf Volksfesten und Märkten unterwegs. Etliche alte Fotos neben der Schiffschaukel belegen, dass die Familie schon im 19. Jahrhundert eine Schiffschaukel betrieb. Die existiert freilich längst nicht mehr. Das jetzige Exemplar hat Fritz Kreis jun. im vergangenen Jahr komplett erneuert, sowohl die Schiffe aus Aluminium als auch die Dekoration. Von der Schiffschaukel alleine könnte Fritz Kreis jedoch nicht leben. "Das ist ein ziemlich schweres Geschäft", sagt er. Es funktioniert nur zusammen mit seinem "süßen Laden". Doch auf die Schaukel verzichten will er nicht. "Die werde ich immer aufbauen."

Und da hängen sie nun in Reih und Glied, die Schiffe. Eins hat oben keine Deko, ist also auch für Überschläge geeignet. Immer wieder probieren Volksfestbesucher, wie viele sie schaffen. Der Rekord bei Fritz Kreis liegt bei 1000 Überschlägen. "Das war einer aus Ingolstadt und einer aus Geisenfeld. Da war ich selber dabei", erinnert sich Kreis.

Doch der Neuling aus der DK-Redaktion ist ja kein Gast, sondern ein Azubi. Und lernt als Erstes, dass vor dem Bremsen natürlich das Anschieben kommt.

Fritz Kreis jun. ist mit der Schiffschaukel aufgewachsen, jede Bewegung sitzt. Mit traumwandlerischer Sicherheit bewegt er sich zwischen Schiffen und Gestänge, weiß auf den Zentimeter genau, wo er sich hinstellen kann und wo nicht. Leicht sind die Schiffe nicht, vor allem, wenn zwei Schwergewichte aus dem Manchinger Gemeinderat drinsitzen. Doch wenn das Schiff mal schwingt, dann schaukelt es lange und hat ziemlich viel Bewegungsenergie. Das war vor gefühlt einem halben Jahrhundert wohl gemeint, als im Physikunterricht dieses Kapitel dran war. Hilft uns aber jetzt auch nicht weiter. Denn jetzt geht es ums Abbremsen. Denn das war - wir geben es freimütig zu - der tiefere Sinn unseres Tuns. Einmal den Manchinger Gemeinderat ausbremsen.

"Seitlich hinstellen, das ist wichtig", ruft Fritz Kreis dem Neuling zu. Und dann die lange Stange mit einer gekonnten Bewegung des Fußes in die Höhe hieven. Leichter gesagt als getan, aber nach einigen Versuchen klappt auch das. Und jetzt das mit Metall beschlagene Holzstück langsam und mit viel Gefühl unter den Kiel des Schiffs schieben. Nicht zu schnell, denn sonst würde das Schiff abrupt stehenbleiben und die Fahrgäste einige unangenehme Erfahrungen in Sachen abgebremster Bewegungsenergie machen. "Man hört es, wenn das Schiff bremst", sagt Fritz Kreis. Und tatsächlich: Wenn man genau aufpasst, sind leichte Schleifgeräusche zu vernehmen. Und das Schiff wird langsamer. "Kurz, bevor es zum Stehen kommt, nochmals lockern", ruft Kreis dem Lehrling zu.

Denn sonst könnte das Schiff schief zum Stillstand kommen. Lockert man die Bremse dagegen leicht, bleibt es am tiefsten Punkt stehen und die Fahrgäste können bequem aussteigen.

Der Lehrling hat seine Feuertaufe bestanden, die Passagiere sind unverletzt, die Schaukel auch. Und Fritz Kreis ist zufrieden mit seinem Bremser-Lehrling. "Mit viel Gefühl gearbeitet, das war richtig", lobt er den Azubi. Früher hatten die Schiffschaukeln diese Art von Bremsen nicht. Damals mussten starke Männer die Schiffe mit der Hand zum Stehen bringen. Aber das will der Schiffschaukelbremser lieber nicht ausprobieren.