Ingolstadt
"Jeder wurde schon mal blöd angebaggert"

Das Einlassverbot für Flüchtlinge in einer Diskothek beschäftigt die Ingolstädter weiter

04.05.2015 | Stand 02.12.2020, 21:20 Uhr

Ingolstadt (DK) Dürfen Wirte pauschal Flüchtlingen Hausverbot erteilen? In den sozialen Netzwerken wurde viel diskutiert, nachdem der DONAUKURIER darüber berichtet hatte. Und die Diskussion geht weiter, nicht nur im Internet.

Natürlich gelte auch in Diskotheken das Diskriminierungsverbot, sagt der städtische Rechtsreferent Helmut Chase. Kein Mensch dürfe wegen seiner Hautfarbe, seiner Herkunft oder sonstiger Unterscheidungsmerkmale herabgesetzt werden. Auch das Argument, dass weibliche Gäste fernbleiben – so hatte der Wirt des Amadeus das Einlassverbot für Flüchtlinge mit begründet –, gelte da nicht. Aber natürlich gebe es in der Realität immer Möglichkeiten, ganze Gruppen auszuschließen. „In manchen Diskotheken werden ja auch keine Deutschen reingelassen“, sagt Chase.

Grundsätzlich seien der Verwaltung die Hände gebunden: „Die Stadt kann keine Anweisung erteilen, sie kann nur, wenn Beschwerden auftauchen, den Wirt auf das Diskriminierungsverbot hinweisen.“ Doch bisher habe sich kein abgewiesener Gast bei der Stadt beschwert. Chase betont: „Eine Behörde ist nicht dazu da, für Menschen Individualrechte zu erstreiten, da müssen sich die Betroffenen erst bei uns melden und das anzeigen.“

Für Sebastian Schuller, Sprecher der Linksjugend Ingolstadt, ist die Entscheidung des Amadeus-Wirts „eine Schande für die Schanz“, wie er in einer Pressemitteilung schreibt: „Wegen der Verfehlung eines oder einiger Geflüchteten allgemein Schwarzen den Zutritt zu Clubs zu verwehren, ist nichts anderes als Apartheid. Ingolstadt habe es durch die Aktion „in den Foren und Internetseiten von Neonazis innerhalb von Stunden zu einer traurigen Berühmtheit gebracht“, kritisiert Schuller.

Der Verein zum Erhalt der Bayerischen Wirtshauskultur schreibt dagegen in einer weiteren Pressemitteilung, dass er durchaus Verständnis für den Amadeus-Betreiber habe. „Deshalb ist man nicht gleich einem Rassismusvorwurf auszusetzen, aber man sollte auch hier stets mit Augenmaß und nicht mit Generalverdacht unterwegs sein“, heißt es in der Pressemitteilung. „Eine wirksame Asylpolitik ist an der Disco-Tür sicher nicht machbar. Dafür müssen Kommunen, Land, Bund, Europa und wir alle sorgen.“

Ähnlich sieht das Armin Stangl, Kreisvorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbandes: „Das ist eine sozialpolitische Aufgabe, und nicht die des Wirtes.“ Der Wirt habe das Recht zu beschließen, wer seine Diskothek betreten darf und wer nicht. „Ohne Begründung“, sagt Stangl. „Das ist in München gang und gäbe.“ Aber dort würde man sich hüten, die Abweisung zum Beispiel mit der Herkunft zu begründen. Und auch wenn er grundsätzlich für seinen Kollegen Verständnis habe, da es sich unter den Mädels schnell herumspreche, wenn es irgendwo Probleme gibt: „Wenn der sich hinstellt und sagt, er lässt keine Asylbewerber mehr rein, dann ist das dumm. Ich kann nicht alle über einen Kamm scheren.“ Stattdessen rät er den Betreibern, ihre Türsteher vernünftig einzuweisen, um mögliche Störenfriede herauszufiltern.

„Jeder wurde schon mal blöd angebaggert, aber da ist es egal, ob das ein Schwarzer, ein Weißer oder ein Neuburger ist“, sagt Nadine Marie Von Rötel, eine junge Ingolstädter Geschäftsfrau, die häufig in den Klubs der Stadt unterwegs ist. Sie sagt, sie selbst habe nicht die Erfahrung gemacht, dass die Probleme zugenommen haben, seit mehr Asylbewerber in Ingolstadt leben. Ihr Rat: „Wenn ich mich als Frau bedrängt fühle, dann muss ich das äußern und auch dem Türsteher mitteilen.“ Generell sei sie für eine offene Kommunikation, die helfe schließlich beiden Seiten: „Wenn es aufgrund der Mentalität Probleme gibt, dann sollte man sich mit ihnen beschäftigen und erklären: ,Hier sind wir vielleicht nicht ganz so offen, und dem muss man sich eben auch anpassen’.“