Ingolstadt
Salzburg als Vorbild

Antrag der Freien Wähler: Versenkbare Poller sollen Verkehr in der Altstadt eindämmen

15.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:07 Uhr

Für das Kreuztor gibt es ein nächtliches Durchfahrverbot, allerdings bleibt dieses oft unbeachtet. Die FW fordern nun Poller, wie es sie in Salzburg schon seit 2010 gibt, um in der Altstadt auch tagsüber für Verkehrsentlastung zu sorgen. Ein möglicher Ort wäre auch der Rathausplatz. - Fotos: Hammer (2), Stadt Salzburg

Ingolstadt (DK) Versenkbare Poller sollen den Verkehr in der Altstadt entspannen. So zumindest sieht es ein Antrag der Freien Wähler im Stadtrat vor. Als Vorbild nennt die Fraktion Salzburg, wo es in der Innenstadt schon seit 2010 Poller gibt. Die hiesige Stadtverwaltung hält sich bislang noch bedeckt.

Der versenkbare Poller hinter dem Alten Rathaus ist ein Unikat in Ingolstadt. Obwohl er weder sonderlich groß noch sonderlich hübsch ist. Aber, es ist eben der einzige seiner Art in der Innenstadt. Nicht mehr lange, wenn es nach den Freien Wählern (FW) geht. Die Fraktion hat nun im Stadtrat einen Antrag auf versenkbare Poller im Altstadtkern gestellt.

Wie der DK zuletzt immer wieder berichtet hatte, haben die Klagen über den nächtlichen Verkehrslärm mit überhöhten Geschwindigkeiten im Bereich der Altstadt deutlich zugenommen. Die FW monieren in ihrem Antrag, dass Appelle an die Vernunft der Verkehrsteilnehmer nicht mehr ausreichten. Ebensowenig Verbotsschilder oder Polizeikontrollen.

Nun sollen Poller her, um stark betroffene Wohnquartiere im Altstadtkern vom Flanier- und Parkplatzsuchverkehr freizuhalten, indem sie täglich "in einer festzulegenden Nachtzeit" hochfahren. FW-Fraktionsvorsitzender Peter Springl sagt: "Was wir jetzt brauchen, ist eine wirklich konsequente Lösung." Sein Kollege Markus Reichhart ergänzt: "Wir müssen einfach mal den Mut haben, uns durchzusetzen und alle technischen und rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen."

Das Poller-System würde nach dem Geschmack der FW folgendermaßen funktionieren: Mit sogenannten Identträgern, zum Beispiel einem Chip, können dann alle berechtigten Altstadtbewohner mit ihren Fahrzeugen jederzeit zu ihren Grundstücken, Tiefgaragen oder Parkplätzen gelangen. Auch Polizei, Rettungsdienste, Feuerwehr und Taxen sollen entsprechend ausgerüstet werden.

Es sei eine Aufgabe der Verwaltung, "geeignete Standorte für Poller und die technischen Voraussetzungen zu deren Installierung zu ermitteln und alle rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen", heißt es im Antrag der Fraktion. Als Vorbild nennen die FW in ihrem Antrag immer wieder Salzburg. Dort hat man die versenkbaren Poller vor nun fast sieben Jahren eingeführt. "Eine Erfolgsgeschichte", sagt Christian Morgner vom Salzburger Verkehrsamt. In der Innenstadt dort gebe es pro Tag seither "circa 1500 illegale Fahrten weniger". 2010 sei man mit 16 Pollern gestartet. "Nicht nur an den neuralgischen Punkten", so Morgner. Mittlerweile gebe es in der Salzburger Innenstadt 24 Poller, für die man insgesamt weit über eine Million Euro investiert habe. Probleme gab es noch nicht. Unfälle sind selten. Pro Poller seien es "grob geschätzt vielleicht zwei Unfälle im Jahr", sagt Morgner. 99 Prozent der Unfälle seien jedoch selbst verschuldet. Diese passierten überwiegend dann, wenn Autofahrer, die nicht in einen Bereich fahren durften, dennoch anderen Autos hinterherfuhren und dann am Poller hängen blieben - zu einem Zeitpunkt, als diese schon wieder hochgingen.

Der Antrag der Freien Wähler hat schon die Runde gemacht. Die Facebook-Seite "Diskussionsforum Innenstadt Ingolstadt" macht ihrem Namen auch bei diesem Thema alle Ehre. Auch die Bürgergemeinschaft Ingolstadt (BGI) beschäftigt sich schon länger damit und betont auf ihrer Homepage, dass ein System mit Pollern die "favorisierte Lösung zur Verkehrsberuhigung in der Altstadt" sei. Spielstraßen, Bodenhindernisse oder eine teilweise Bepflanzung wären laut BGI nicht derart effektiv. Die Internetseite listet auch gleich Vor- und Nachteile der Poller auf: unter anderem weniger Verkehrslärm durch Musik und Motoren - dafür jedoch hohe Kosten, vor allem für die Anschaffung. Die BGI rechnet vor, dass 18 Poller nötig wären, die jeweils circa 15 000 Euro kosteten, dazu noch 650 Fernbedienungen. So käme eine riesige Summe zustande, die aber durch Parkausweise, den städtischen Haushalt oder Einmalzahlungen der Bewohner refinanziert werden könnte. Das Verkehrsmanagement der Stadt kann sich laut eigenen Aussagen nicht zum Thema äußern und verweist auf die Stadt. Stadtsprecher Michael Klarner sagt: "Aus Respekt vor dem Souverän des Stadtrats wird sich die Verwaltung zum Antrag der FW nicht äußern, ehe dieser dort diskutiert wurde", so Klarner. Die Polizei sieht versenkbare Poller zwar nicht als Allheilmittel. "Wir wollen der Raserei auch durch unsere Messungen per Radar und Laser Herr werden", sagt Matthias Schäfer, der Stellvertretende Dienststellenleiter der Polizeiinspektion Ingolstadt. Aber: "Die Poller wären ein Baustein beim Kampf gegen die Raserei in der Innenstadt", so Schäfer.

Diese beschäftigt auch CSU-Stadtrat und IN-City-Vorstand Thomas Deiser. Vor ein paar Jahren hatte er schon den Prüfungsantrag gestellt, gegen den nächtlichen Suchverkehr zwischen Theresienstraße und Kreuzstraße ein Nachtfahrverbot auszusprechen. Der Antrag sei seinerzeit abgelehnt worden, weil es für ein Verbot "keine rechtliche Grundlage" gegeben habe, erzählt Deiser. In der Nacht könne er sich Poller durchaus vorstellen. Es bleiben laut Deiser jedoch Fragen: Was ist mit Touristen, die zu ihrem Hotel in der Innenstadt wollen oder dem Lieferverkehr?

Wieder könnte Salzburg ein Vorbild sein. Dort gibt es zum Beispiel für Touristen vorübergehend eine Code-Tastatur, mit der sie den Poller betätigen können, so Christian Morgner. Und Lieferanten bekommen beim Nachweis von 50 Zustellungen pro Jahr eine Sondergenehmigung, um ungehindert in die Altstadt zu gelangen.