Ingolstadt
Stadtteilpolitik international

Dürfen in den Bezirksausschüssen künftig auch Migranten mitarbeiten, die nicht das Kommunalwahlrecht haben?

14.05.2014 | Stand 02.12.2020, 22:42 Uhr

„Ingolstadt ist eine weltoffene Stadt“: Juristin Dorothea Deneke-Stoll, neuerdings Mitglied der CSU-Fraktion, nahm zu einem Antrag von Bürgergemeinschaft und Linken Stellung. Rechts im Bild ihr CSU-Fraktionskollege Hans Achhammer - Foto: Rössle

Ingolstadt (rh) Es war die Stunde der Juristen. Aber wie so oft, wenn Rechtsgelehrte miteinander diskutieren, stand am Ende kein eindeutiges Ergebnis. Sollen, dürfen Migranten Mitglieder in den Bezirksausschüssen werden, wenn sie nicht aus EU-Staaten kommen? Mit dieser Frage setzte sich der Stadtrat am Dienstag auseinander, nachdem sich Linke und Bürgergemeinschaft in einem gemeinsamen Antrag für eine Öffnung der Stadtteilgremien starkgemacht hatten.

Die Initiative hatte zum Ziel, die städtische Satzung zu ändern, nach der nur Bürger aus der EU – sie sind auch wahlberechtigt – zu Ausschussmitgliedern bestellt werden dürfen. Die Öffnung für andere Migranten, etwa türkische Staatsbürger, wäre nach Auffassung der BGI/Linken „der logische nächste Schritt“ bei den Integrationsbemühungen der Stadt. Aus mehreren Fraktionen kam Unterstützung für dieses Anliegen: Gerd Werding (FW) zeigte dafür ebenso Sympathien wie Veronika Peters (SPD), Simone Vosswinkel (ÖDP) und Henry Okorafor (Grüne), der Ingolstadt hier in einer „Vorbildrolle“ sieht.

„Ingolstadt ist eine weltoffene Stadt“, schickte Dorothea Deneke-Stoll (CSU) voraus. Es sei schön, wenn sich „Menschen aller Nationalitäten“ in der Gesellschaft engagieren. Dann folgten allerdings die Bedenken der Richterin: Bezirksausschüsse seien „Organe der Stadt“ und würden entsprechend dem Wahlergebnis besetzt. Da die Wählbarkeit auf EU-Bürger beschränkt sei, dürften nur Leute Ausschussmitglieder werden, „die in unserer Stadt auch wählbar sind“.

Christian Lange (BGI), ebenfalls Jurist, widersprach Deneke-Stoll: Die Bezirksausschüsse seien „nicht entscheidungsbefugt“, folglich müssten ihre Mitglieder „nicht die Wählbarkeit haben“. Während Thomas Thöne (SPD) eine Prüfung durch die Regierung von Oberbayern forderte, erklärte Rechtsreferent Helmut Chase, dies sei bereits geschehen, wenngleich nur mündlich. Die Regierung habe die ablehnende „Rechtsauffassung bestätigt“. In der Vollversammlung schienen mit dieser Auskunft des Stadtjuristen jedoch noch lange nicht alle Unklarheiten beseitigt. So machte Antragssteller Jürgen Siebicke (Linke) den bemerkenswerten Vorschlag, die Angelegenheit solle doch bitte so „wohlwollend geprüft“ werden, „dass wir es ermöglichen können“. Die Mitarbeit von Nicht-EU-Bürgern im Bezirksausschuss wäre nach Siebickes Meinung „ein wahnsinnig wichtiges Zeichen“.

Das ändere jedoch nichts daran, warf OB Christian Lösel ein, dass sowohl das Rechts- als auch das Hauptamt das Ansinnen für „rechtlich nicht umsetzbar“ befunden hätten. „Wir kommen an der Gemeindeordnung nicht vorbei, der Bezirksausschuss ist ein Ehrenamt im Sinne der Gemeindeordnung.“ Alt-OB Alfred Lehmann sprang seinem Nachfolger zur Seite. „Wir können keinen rechtswidrigen Beschluss fassen, den könnte der Oberbürgermeister nicht vollziehen.“ Nach der Ablehnung des Antrags bleibt zunächst alles beim Alten. Falls eine weitere Prüfung doch noch Spielräume ergibt, können die Parteien bei der Besetzung ihrer Ausschusssitze darauf reagieren.