Ingolstadt
Shahista Saleh die Frau für Afghanistan

Großes Interesse an Vortrag beim DONAUKURIER

06.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:23 Uhr

Foto: Johannes Hauser

Ingolstadt (DK) Der Abend unter dem Titel "Eine Frau für Afghanistan" beim DONAUKURIER begann mit einem üppigen Büfett, gefolgt vom Auftritt einer engagierten Frau: Shahista Saleh erläuterte am Donnerstag vor einem interessierten Publikum, warum sie 2018 bei den Parlamentswahlen in ihrer Heimatstadt Kabul antreten will.

Ingolstadt (DK) Der Abend zum Thema "Eine Frau für Afghanistan" beim DONAUKURIER begann mit einem üppigen Büfett, gefolgt vom Auftritt einer engagierten Ingolstädterin: Shahista Saleh erläuterte am Donnerstag vor einem interessierten Publikum, warum sie 2018 bei den Parlamentswahlen in ihrer Heimatstadt Kabul antreten will.

 

Der ehrgeizige Plan der Ingolstädterin hat eine Vorgeschichte: Shahista Saleh stammt aus einer adeligen, wohlhabenden Familie, die 1986 nach Deutschland fliehen musste, nachdem die Russen in Afghanistan einmarschiert waren. Die Flüchtlinge bauten sich in Ingolstadt eine neue Existenz auf. Doch die heute 41-jährige Saleh wusste immer, dass sie eines Tages nach Afghanistan zurückkehren würde.

Für sie ist der richtige Zeitpunkt bald gekommen: Am 6. Juli 2018 sollen in Afghanistan Parlamentswahlen stattfinden, und Shahista Saleh möchte in ihrer Geburtsstadt Kabul kandidieren, was trotz deutscher Staatsbürgerschaft möglich ist. "Zur Not gebe ich meinen deutschen Pass ab", erklärte sie bei ihrem Vortrag, bei dem sie auch erschütternde Bilder von der Not ihrer Landesleute zeigte. "Das Land ist kaputt", so Saleh.

Es fehle an allem: In Kabul, das durch die vielen Binnenflüchtlinge auf sechs Millionen Einwohner angewachsen ist, gebe es kein Stromnetz, keine Kanalisation, keine Müllabfuhr, kein geregeltes Schul- und Gesundheitswesen und vor allem keine Arbeit für die vielen notleidenden Menschen.

Die Fotos von Saleh lösten beim Publikum Betroffenheit aus: von Minen verstümmelte und erblindete Männer, denen in afghanischen Krankenhäusern nicht geholfen werden kann. Waisenkinder, die ihren Lebensunterhalt mit Schuheputzen verdienen. Drogenabhängige Menschen, die bewusstlos auf der Straße liegen. Riesige Berge von Müll. "Schauen Sie, aus diesem Land komme ich", meinte Shahista Saleh - traurig, aber mit kämpferischer Stimme. Sie will in die Politik gehen, um etwas zu ändern, um sich für Bildung und Frauenrechte einzusetzen.

Ihrer Willenskraft zollten nicht nur die Zuhörer Respekt - "großes Kompliment für Ihren Mut" -, sondern auch CSU-Bundestagsabgeordneter Reinhard Brandl, der an dem Abend teils einen schweren Stand hatte, aber auch mehrmals Beifall bekam. Etwa für seine Aussage, straffällige Flüchtlinge nach Afghanistan abzuschieben. Brandl räumte jedoch ein, dass dies oft nicht wie gewünscht gelänge. "Die führen sich teilweise so auf, dass der Flugkapitän sie nicht mitnimmt."

Am meisten erzürnt es Saleh, dass die immerhin 430 Millionen Euro, die Deutschland jährlich für den Aufbau des zerstörten Landes ausgibt, zum großen Teil in korrupte Hände gerieten. Brandl erklärte, das Geld fließe teils in Trustfonds, die von der Weltbank verwaltet würden. "Experten vor Ort wachen darüber, wie die Mittel verwendet werden." Bei von deutscher Hand geförderten Bauprojekten laufe die Ausschreibung jedoch über die afghanische Verwaltung, die Bauausführung liege bei örtlichen Firmen. "Wir wollen schließlich auch Beschäftigung ins Land bringen", erklärte Brandl dieses Vorgehen. "Aber wir schauen ganz genau hin - teils sogar mit Webcams auf Baustellen." Doch in einem Land mit einer so hohen Korruptionsrate gebe es immer Verluste, räumte er ein. Für die 41-Jährige ist es bitter, dass die Blaue Moschee in Mazar-e Scharif mit Subventionen renoviert wurde, wo doch Schulen und Krankenhäuser viel wichtiger sei.

Die Bekämpfung von Korruption sei ein Schwerpunkt für die deutsche Regierung, so Brandl. Deshalb unterstütze Deutschland auch die ordnungsgemäße Durchführung der Wahlen im nächsten Jahr - etwa durch elektronische Wahlausweise.

Wenn es den Zuhörern auch etwas rätselhaft blieb, wie genau die Wahlen ablaufen und wie die parlamentarische Arbeit in Afghanistan funktioniert - ihre Chancen, tatsächlich gewählt zu werden, schätzt die Ingolstädterin aufgrund ihres mittlerweile hohen Bekanntheitsgrades als durchaus realistisch ein. Mehrmals war sie schon im afghanischen Fernsehen bei Spendenübergaben oder beim Pflanzen von Bäumen. "Aber ich habe nur eine Chance mit Ihrer Hilfe - mit deutscher Unterstützung."

Und die naht bereits: Im Publikum saß Gabriele Kaps, die einen Zonta-Club in Neuburg gründen will. "Da es um Frauenrechte und Bildung geht, wäre das ein super Opener-Projekt für uns."