Ingolstadt
Humpen und Bierkannen in Blei gefasst

Im Münster gibt es eine Kapelle der Brauer und eine der Weinschenken

28.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:53 Uhr

Das plastische Luftrippengewölbe ist der Blickfang in der ansonsten eher schlichten Brauerkapelle im Münster. Der Altar stammt aus dem Jahr 1890.

Ingolstadt (DK) Mit dem Ingolstädter Liebfrauenmünster verbindet man im Allgemeinen tiefe Frömmigkeit, Kunstobjekte und Orgelkonzerte. Weniger bekannt ist dagegen die Tatsache, dass im Münster (neben einem Bildnis des heiligen Urban, des Patrons der Weinschenken) auch die Bierbrauer und Schankwirte verewigt sind.

 

Wer die ab 1425 erbaute Obere Pfarr durch das Südwestportal betritt, stößt rechter Hand nach der Annakapelle auf die Hieronymuskapelle, die den Bierbrauern gewidmet war. Allerdings erinnert heute nichts mehr daran. Die Epitaphien an der Wand verweisen nämlich nicht auf die Hersteller des Gerstensaftes, sondern auf Mediziner der ersten bayerischen Landesuniversität. Der Altar ist neugotisch (1890), und das farbige Fenster wurde von Johannes Adorf gestiftet, dem ersten Rektor der Uni Ingolstadt, und zeigt den ersten Pfarrer Johann Spendle.

Wesentlich aufschlussreicher ist da schon ein Blick in die gleich dahinter liegende, so genannte Josefskapelle, die Kapelle der Schankwirte, insbesondere der Weinschenken. Das ursprüngliche Altarbild des hl. Urban, der Trauben in der Hand hält, jetzt unter der Orgelempore hängt.

Im Fenster selbst sind fünf sehr sehenswerte Zunftscheiben eingearbeitet. Sie zeigen (von links nach rechts) einen männlichen bekleideten Putto, der ein Wappen mit einer gebrauchten Deckelkanne und einem Noppenbecher hält. Möglicherweise handelt es sich dabei um das frühere Wappen der Schankwirte.

Die zweite Zunftscheibe stallt einen weiblichen Putto dar, der ein unbekanntes Zunftschild mit einer Deckelkanne und einem Guttorf in den Händen hat, einem nach seiner Tropfenform benannten Glasgefäß. Am unteren Rand ist die Datierung aus dem Jahr 1517 zu erkennen. Ein Brauereiwappen mit zwei gekreuzten Schöpfkellen ist in der dritten Zunftscheibe zu sehen.

Die vierte zeigt ebenfalls einen Wappen haltenden Putto mit einem Zunftschild nach dem Vorbild der Schankwirte.

Einen völlig anderen Stil stellt die fünfte Zunftscheibe dar, die nicht wie die anderen von dem Landshuter Meister Hans Wertinger stammt, sondern aus der Werkstätte von Veit dem Älteren Hirsvogel aus Nürnberg. Sie zeigt einen ziemlich ernst drein blickenden Engel, der ein Zunftschild der Goldschmiede hält. Darauf sind ein Kelch und und eine Kanne zu sehen. Alle diese Zunftscheiben stammen aus der zweiten Dekade des 16. Jahrhunderts.

Die Kapellen haben seit ihrer Errichtung zu Anfang des 16. Jahrhunderts im Laufe der Zeit mehrmals ihre Namen gewechselt, was die Zuordnung nicht einfacher macht. Auch die farbigen Fenster im Münster sind nicht mehr an ihrem ursprünglichen Platz, einige gingen im Laufe der Geschichte auch verloren. So halten es Fachleute deshalb nicht für ausgeschlossen, dass ein Teil oder sogar alle der fünf farbigen Arbeiten in der Kapelle der Weinschenken anfangs bei den Bierbrauern angesiedelt waren und später erst versetzt wurden. Von den Symbolen her würde es nämlich durchaus passen.

Von Hans Wertinger sind gleich mehrere Bleiglasfenster im Münster erhalten. Am beeindruckendsten ist sicherlich das Verkündigungsfenster in der zentralen Achse des Chors, das der um 1465/70 vermutlich in Landshut geborene Künstler im Jahr 1527 schuf, rund 100 Jahre nach Baubeginn des Münsters. Neben den Zunftscheiben hat er auch das Anna-Selbdritt-Fenster in der Oberen Pfarr eingebaut. Und auch das Bildnis der bayerischen Herzogin Maria Jacobäa, das derzeit in der Sonderausstellung "500 Jahre reines Bier. Der Landtag zu Ingolstadt 1516" im Stadtmuseum gezeigt wird, stammt im Original von Hans Wertinger.