Ingolstadt
Grund zur Eile?

FW wollen wegen Nationalpark zur vierten Donauquerung Fakten schaffen und stoßen auf Kritik

19.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:46 Uhr
Den Tunnel im Blick: FW-Fraktionsvorsitzender Peter Springl zeichnet die Trasse auf dem Stadtplan ein. Die gestrichelte Linie wäre der Tunnel. Er läge unter Auwald und Donau, und damit unter dem möglichen Nationalpark. Die Straße würde westlich von Hagau beginnen und im Osten Gerolfings enden. −Foto: Johannes Hauser

Ingolstadt (DK) Die Donau-Auen sind in der engsten Wahl für einen dritten Nationalpark in Bayern. Kaum war die Nachricht aus dem Kabinett am Dienstag draußen, ging von den Freien Wählern eine Presseerklärung ein. Sie wollen "Fakten schaffen" für ihre vierte Donauquerung, damit ihr der Nationalpark nicht doch in die Quere kommt.

Es ist das Leib- und Magenthema der Ingolstädter Freien Wähler: Ein Tunnel unter dem Auwald soll die Stadtentwicklung im Westen ermöglichen sowie die wachsenden Verkehrsströme im Westen und Südwesten der Stadt bündeln und an der Innenstadt vorbeileiten. Die Trasse soll möglichst weit weg von bestehenden oder geplanten Baugebieten verlaufen und die Möglichkeit bieten, Straßen mit hoher verkehrlicher Leistungsfähigkeit anzubinden. Die Querung des Vogelschutzgebiets "Donau-Auen zwischen Lechmündung und Ingolstadt" und FFH-Gebiet "Donau-Auen mit Gerolfinger Eichenwald" wäre unterirdisch. Bislang galt die vierte Donauquerung als Zukunftsprojekt, die Umsetzung wird von vielen - auch in den Reihen der CSU - nicht zuletzt wegend er Kosten kritisch gesehen. Lediglich die FDP fordert ebenfalls eine vierte Donauquerung. Allerdings als Hängebrücke.

Jetzt mahnen die Freien Wähler zur Eile. Ansonsten, fürchten sie, bestehe die Gefahr, dass der Bau einer vierten Donauquerung durch die Schaffung eines Nationalparks Donau-Auen erschwert oder sogar unmöglich gemacht werde (DK berichtete). Deshalb solle sobald wie möglich das Planfeststellungsverfahren eingeleitet und möglichst hohe Zuschüsse gesichert werden.

Laut dem städtischen Umweltreferenten Rupert Ebner (Grüne) ist die Eile überhaupt nicht notwendig: "Wenn der Tunnel außerhalb des Nationalparks beginnt und außerhalb des Nationalparks endet und so gebaut wird, dass sich am Grundwasserverhalten nichts ändert, wäre er mit der Nationalparkverordnung kompatibel." Ebner fürchtet allerdings, dass beim Bau, um das Grundwasser hundertprozentig zu sichern, spezielle Verfahren nötig wären, die die Kosten des Tunnels verdoppeln könnten. Bereits jetzt gehe die geplante Trasse durchs FFH-Gebiet - ob mit oder ohne Nationalpark mache keinen Unterschied. Ein solcher habe aber für die Zukunft der Region "eine genau so große Bedeutung wie ein digitales Gründerzentrum", so Ebner. Für den Umweltreferenten wäre der Nationalpark "ein Leuchtturmprojekt für die Lebensqualität in der Region".

Die Fraktionschefin der Grünen, Petra Kleine, hält das Konzept der Freien Wähler zur Donauquerung für veraltet. Inzwischen habe sich die Verkehrspolitik der Stadt geändert. Die Schwerpunkte lägen mittlerweile auf Bahn und Rad. Auch der ÖPNV hat laut Kleine "im Südwesten noch nicht sein Potenzial für eine Takt- und Linienverdichtung ausgeschöpft". In den "größten Naturschatz der Ingolstädter", der Qualitäten zum Nationalpark habe, einzugreifen, sei "indiskutabel, visionslos und nach hinten gerichtet".

Patricia Klein, die Fraktionsvorsitzende der CSU, will sich zu der vom Koalitionspartner FW geforderten Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens noch nicht positionieren. Sie will das Thema, zu dem es in der CSU "unterschiedliche Meinungen geben wird", kommenden Montag in der Fraktionssitzung besprechen. Allerdings sei grundsätzlich die Frage zu diskutieren, wie sich ein Nationalpark auf die Stadtentwicklung auswirke.

"Ein Irrtum wird nicht besser, wenn man ihn ständig wiederholt", lautet der Kommentar des SPD-Verkehrsexperten Anton Böhm. Er fürchtet, dass durch die von den FW favorisierte Donauquerung zwar der Süden entlastet, Friedrichshofen und Gerolfing aber belastet würden. Ein Tunnel, so meint er, würde einen Haufen Geld kosten und im Stau enden. "Wir werden vom Auto wegkommen müssen", spielt Böhm auf die von der SPD mehrfach ins Spiel gebrachte Seilbahn an. "Mit Nationalpark wäre eine Seilbahn noch interessanter."

BGI-Chef Christian Lange findet den Vorstoß Springls "ein bisschen überhastet". Oberste Priorität hat seiner Meinung nach eine Donauquerung für den Nahverkehr. Ingolstadt brauche eine Bahn, die im Ringverkehr verschiedene Punkte der Stadt verbinde. Einen Tunnel für den Schienenverkehr, so etwas könnte sich Lange vorstellen. "Aber erst einmal sollten wir die Diskussionen zum Verkehrsentwicklungsplan abwarten."