Ingolstadt
Mit "Bauernschläue" fast ins Gefängnis

Im Prozess um unappetitliche Zustände und falsche Angaben schrammt bekannte Gastronomenfamilie an Haft vorbei

22.12.2014 | Stand 02.12.2020, 21:50 Uhr
Symbolbild Gericht −Foto: Martin Schutt (dpa-Zentralbild)

Ingolstadt (DK) Kurz bevor er allen „schöne Weihnachten“ wünschte und den Prozess nach dem Urteilsspruch beendete, brachte Richter Christian Veh gestern auch seine spezielle Weihnachtsbotschaft an die „Herren“. So nannte der stellvertretende Direktor des Ingolstädter Amtsgericht die drei Angeklagten, den Seniorchef und dessen zwei erwachsene Söhne aus einer bekannten Gastronomenfamilie in der Region.

Veh wollte ihnen ins Gewissen reden. Denn er habe nach zwei Verhandlungstagen „den Eindruck gewonnen“, dass sie eine Mentalität nach dem Motto „mia san mia, uns kann keiner etwas“ an den Tag legen würden. Und das sah er angesichts der Vorgeschichte(n) als unangebracht an. „Man kommt mit Bauernschläue schon weit, aber nicht ganz durchs Leben“, warnte Veh nachdrücklich. Immerhin hätte er die beiden Söhne in dem Prozess um erneute Hygienemängel in dem bekannten Lokal und eine verhängnisvolle Unterschrift beim Notar beinahe mit Freiheitsstrafen („Hätte man problemlos machen können“) belegt. Und das dann ohne Bewährungschance, das heißt, die vorbestraften Männer wären als faktische „Bewährungsversager“ ins Gefängnis gewandert.

So aber verurteilte Veh den Seniorchef zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen (also drei Monatsgehälter) zu je 20 Euro und die Söhne zu jeweils 150 Tagessätze zu je 50 Euro. Und zusätzlich gab es eben die ausdrückliche Mahnung, den bisherigen Weg der Unternehmung zu überdenken. Der Seniorchef hat bereits mehr als ein halbes Dutzend Eintragungen in den Gerichtsakten: Von länger zurückliegender (Umsatz-) Steuerhinterziehung und Verstößen gegen die Hackfleischverordnung oder andere Fleischhygienegesetze bis hin zum Vorenthalten von Arbeitsentgelt reicht die Palette. Die Söhne standen in Zusammenhang mit dem letzten Punkt sogar zweimal vor Gericht und sind nach einer Verurteilung zu eineinhalb Jahren Haft (damals noch ausgesetzt zur Bewährung) aus dem Jahr 2010 auch vorbestraft.

Die Straftaten hängen alle mit dem Gastronomiebetrieb zusammen, betonte Veh. „Da haben Sie Ihren Gästen eine Verantwortung gegenüber!“ Dessen müsse sich die Familie bewusst werden und angesichts wiederkehrender Hygieneprobleme und anderer unappetitlicher Konflikte mit dem Gesetzbuch die Lehren ziehen. „Sie müssen mal lernen, sich an die Regeln zu halten!“, sagte Veh. Als Denksportaufgabe stellte der Richter die rhetorische Frage: „Hat sich denn das alles rentiert“ Tausende Euro Strafe musste die Wirtsfamilie schon berappen.

Den abermaligen Termin beim Amtsgericht haben die drei Männer übrigens der verschmutzten Schankanlage zu verdanken, die von den Lebensmittelkontrolleuren des Eichstätter Landratsamtes bemängelt worden war. Die Experten entdeckten in den Proben aus der Apfelsaftzapfanlage deutlich erhöhte Bleiwerte und auch andere wenig appetitliche Ablagerungen. Der Seniorchef war zu diesem Zeitpunkt als Geschäftsführer der Gastro-GmbH eingetragen: Also wurde er zur Rechenschaft gezogen, die zunächst mitangeklagten Söhne aber nicht mehr.

Die wahre Rolle der Söhne war bei dem zeitweise finanziell angeschlagenen Betrieb nicht immer ganz klar. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft waren sie zeitweise die faktischen Geschäftsführer, was sie aber abstritten. Fakt ist aber, dass sie es Mitte 2012 wieder werden wollten. Angeblich auf Druck der Banken und der Steuerberater. Die Bestellung für die Posten und die Eintragung ins Handelsregister beantragten sie mit Unterschrift beim Notar. Dabei lief wegen der Vorstrafen noch die fünfjährige Sperrfrist, was dem zuständigen Registergericht natürlich sofort auffiel. Doch ihre Signatur auf dem Formular hatte die falschen Angaben zu der Sperrklausel besiegelt, die von den Söhne gemacht wurden. Da nützten nachher auch keine verbalen Angriffe auf den Notar mehr, die ihre Verteidiger gestern noch tätigten. Dann aber herrschte Weihnachtsfrieden.