Ingolstadt
Kampf gegen "asphaltierte Fehler"

06.04.2010 | Stand 03.12.2020, 4:07 Uhr

Naherholung im Grünen: Viele Möglichkeiten haben die Ettinger inzwischen nicht mehr, um einigermaßen ungestört spazieren zu gehen so wie hier im Nordosten des Stadtteils. Wenn die Nordumgehung Gaimersheim verlängert wird, geht ein weiteres Stück Natur verloren. - Foto: Herbert

Ingolstadt (DK) Ginge es nur nach der Zahl der gesammelten Unterschriften, wären Joachim Siebler und Heribert Hofbeck wohl hoffnungslos unterlegen. Da hat die Gegenseite mehr zu bieten. Aber die beiden Ettinger verlassen sich beim Kampf gegen den Weiterbau der Umgehung auf die Kraft der Argumente.

"Wir versuchen auf sachliche Art, zum Nachdenken anzuregen", sagt Hofbeck, "das ist für uns eine Sache des Mehrwerts. Wenn wir der Meinung wären, dass das letzte Teilstück eine Entlastung für Etting bringt, wären wir auch dafür."
 
So aber setzen sich die BI-Sprecher – und mit ihnen etwa 300 Ettinger – dafür ein, dass die Nordumgehung Gaimersheim an der Staatsstraße 2335 endet und eben nicht verlängert wird bis zur bestehenden Ostumgehung. "Ist der Fehler erst einmal asphaltiert", argumentiert die Initiative in einer Petition an den Bayerischen Landtag, "kommt jede weitere Erkenntnis zu spät."
 
Wirft man einen Blick auf die Internetseite dieser Bürgeraktion, wird der Betrachter schier geblendet vom leuchtenden Grün. Blühende Landschaften bei Etting, stille, unberührte Natur, Bäume, Wasser, Wiesen, blauer Himmel, in der Ferne der Kirchturm von St. Michael. Doch in Wirklichkeit ist davon nicht mehr ganz so viel übrig geblieben. Und das wenige ist auch noch durch die Bahnlinie und ständig neue Straßen gefährdet. "Wir wollen nicht, dass sich der Ring noch enger um uns schließt", schreibt Siebler in einem Papier, dass die Position seiner Gruppe darstellt.

Warum aber sind diese Ettinger Bürger, die überwiegend im Nordosten des Stadtteils wohnen, nicht früher darauf gekommen? Warum haben sie sich während des Planfeststellungsverfahrens vor zehn Jahren nicht schon lautstark zu Wort gemeldet? "Wir haben das bisher als unausweichlich angesehen", erklärt Siebler. Erst bei einer CSU-Versammlung im Juli 2009 seien sie hellhörig geworden. "Und mit jedem Gedanken ist uns die Unsinnigkeit dieses Teilstücks mehr bewusst geworden. Wir bezweifeln, dass wir damit den Verkehr aus Etting rausbringen."
 
Außerhalb der Audi-Stoßzeiten, ergänzt sein Kollege Hofbeck, suche sich der Verkehr den kürzesten Weg mitten durch Etting, und während der Stoßzeiten sei die Ostumgehung dicht. "Warum", so lautet die Frage im BI-Papier, "fahren schon jetzt jeden Morgen ganze Kolonnen von Fahrzeugen mit Eichstätter Kennzeichen von Wettstetten und aus dem Hinterland kommend durch Etting, wenn doch angeblich die Ostumgehung der bessere und schnellere Weg ist"
 
Anstatt unnötig Geld für eine neue Straße auszugeben, so fordern Siebler und Hofbeck, sollte besser in den Lärmschutz an der bereits vorhandenen Staatsstraße 2335 südlich von Wettstetten investiert werden. Genau dort wohnen ihre Kontrahenten, die alle Hebel in Bewegung setzen, um die Stadt zum Weiterbau der Umgehung Gaimersheim zu bewegen. Im Ingolstädter Stadtrat sind die Meinungen geteilt. Bislang letzte Wortmeldung: Christel Ernst (FDP) bezweifelt den Sinn des Weiterbaus und verlangt eine neue Verkehrsuntersuchung. Die stärkste Stütze der Initiative ist natürlich Ettings Bürgermeister. "Es wird ja immer behauptet", bemerkt Hofbeck dazu, "dass Herr Wittmann uns vor seinen Karren spannt, das stimmt aber nicht."
 
Der seit Monaten andauernde Streit um die Nordumgehung Gaimersheim ist am 21. April Thema der DK-Quartalsabrechnung im Altstadttheater. Vorher erscheint ein weiterer Bericht über die Gegenseite.