Ingolstadt
Im Auge des Gesetzes

Polizei kontrolliert den Viktualienmarkt stärker und wird die Videoüberwachung ausbauen

27.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:07 Uhr
Die Polizeipräsenz auf dem Barthelmarkt wurde 2016 sichtlich erhöht. Das war eine der Sicherheitsvorkehrungen, mit der auch die Ingolstädter Polizei auf die Terroranschläge in Bayern und die Amoklage in München vom vergangenen Jahr reagierte. Die Inspektion setzt zudem auf mehr Kameras. −Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Die "gefühlte" Sicherheit vieler Bürger und die reale Sicherheitslage passen in Ingolstadt derzeit nicht zusammen. Der örtliche Polizeichef Peter Heigl erläuterte den Stadträten gestern ausführlich die Statistik - und erklärte, was gegen Brennpunkte wie am Viktualienmarkt unternommen wird.

Der Oberbürgermeister war selbst Augenzeuge - und auch Anrufer bei der Polizei. Christian Lösel erlebte kürzlich eine körperliche Auseinandersetzung mit fast zwei Dutzend Beteiligten am Viktualienmarkt auf schockierende Weise: "Die haben sich gekloppt, wie ich es noch nie gesehen habe." Doch der OB beobachtete auch, wie die Polizei und Rettungskräfte schnell herbeieilten und was dann passierte: Die Beamten und Helfer seien angebrüllt, angeschrieben worden, hätten aber nie die Ruhe verloren. Nicht nur deshalb sprach Lösel "höchste Anerkennung" an die Ingolstädter Polizei aus, was deren Inspektionsleiter Peter Heigl gestern bei der Vollversammlung des Stadtrates gerne entgegennahm. Wenngleich der Polizeidirektor auch sagte, es gebe natürlich noch weitere Dienststellen (Kripo, Verkehrspolizei und andere), die sich genauso um die Sicherheit Ingolstadts kümmern. Doch Heigls Leute sind die, die meistens den Kopf hinhalten.

Mehr als 23 000 Einsätze pro Jahr, rund 70 pro Tag. Zuletzt mussten die jungen Frauen und Männer im Streifendienst ("Durchschnittsalter 25 Jahre") häufig zum Viktualienmarkt. Fast 80 "Vorgänge" waren es heuer bereits. "Sie können davon ausgehen, wenn wir jemanden festnehmen, dass wir eine hohe Alkoholisierung bei ihm feststellen", beschrieb der Polizeichef das große Problem im Nachtleben. Am Viktualienmarkt wolle man die Lage (in Abstimmung mit der IFG als Verpächter und den zuständigen Ämtern der Stadt) mit mehr Präsenz in den Griff bekommen. Sowohl Polizei und ihre Ehrenamtlichen der Sicherheitswacht als auch der Kommunale Ordnungsdienst schauen dort regelmäßig vorbei, sprechen Platzverweise aus. Heigl will die Lage bis ins Frühjahr beobachten und gegebenenfalls dann neu handeln.

Zur Gesamtlage nannte Heigl die Zahlen, die er vorige Woche schon - wie beide Male berichtet - im Migrationsrat und im Frühjahr bei der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik für 2015 vortrug. Zusammengefasst: Die Zahl der Straftaten stieg in Ingolstadt von 2014 auf 2015 um zehn Prozent. Heuer sind es in den ersten drei Quartalen bereits weitere fünf Prozent Plus. Allerdings ist es vor allem Kleinkriminalität wie Laden- oder Fahrraddiebstähle. Einbrüche und auch Rohheitsdelikte (Körperverletzungen) gingen zurück. Mehr als ein Drittel der Tatverdächtigen seien inzwischen "nichtdeutscher Herkunft", insgesamt neun Prozent seien Asylbewerber. Sie begingen aber oft "ausländerrechtliche Verstöße". Bei sexuellen Übergriffen seien Asylbewerber als Tatverdächtige "nicht überrepräsentiert", sagte Heigl. Und bei den 180 Körperverletzungsdelikten mit einem Flüchtling als Tatverdächtigen seien drei Viertel in den Ingolstädter Asylunterkünften passiert, wo vor allem Männer fremder Kulturen auf engstem Raum aufeinander sitzen.

Um das Sicherheitsgefühl der Bürger nachhaltig zu beeinflussen, will die Polizei die Videoüberwachung in der Stadt ausbauen. Sie ist gerade dabei, auf Kameras an sieben Bushaltestellen der INVG zurückgreifen zu können. Der Regelbetrieb soll ab Januar laufen.

Im Sommer wird als Ergänzung zur Polizei weiterhin ein Kommunaler Ordnungsdienst (KOD) im Auftrag der Stadt an drei Abenden die Woche im Nachtleben präsent sein. Der Stadtrat genehmigte gestern die Vergabe wieder an ein Privatunternehmen für 2017 und 2018. Dabei kam durch den städtischen Rechtsreferenten Helmut Chase erstmals an die Öffentlichkeit, dass die Stadt dem bisherigen Sicherheitsdienst (ein auswärtiges Unternehmen) gekündigt hatte, weil man mit dessen Qualität nicht mehr zufrieden war. Mit dem neuen Dienst (aus Ingolstadt) habe es "einen Qualitätssprung" gegeben. Das rief einen völlig überraschten SPD-Fraktionschef Achim Werner herauf, der sich beklagte, dass der Stadtrat nicht informiert worden sei ("kein Ton!"). Er erinnerte oft geäußerte Zweifel an Qualität der privaten Dienste. Wie die SPD sprachen sich gestern auch ÖDP und Bürgergemeinschaft ganz klar gegen eine Fremdvergabe ("Outsourcing") aus. Die Aufgabe müsse in die Hände Stadt. Sie hatten aber damit keinen Erfolg.