Ingolstadt
Geschickte Finger

Zinnfigurenwettbewerb im Armeemuseum – Filigrane Kunst fordert viel Geduld

27.04.2012 | Stand 03.12.2020, 1:33 Uhr

Auch Feldszenen sind beim Zinnfigurenwettbewerb im Armeemuseum zu sehen. Peter Kirmaier fertigt Figuren seit 20 Jahren. Übrigens sind längst nicht alle Zinnfiguren aus Zinn - Foto: Strisch

Ingolstadt (DK) Zinnfigurenwettbewerb! Wer glaubt, hier ein verstaubtes, martialisches Schauspiel ganzer Heerscharen von Soldaten aus Zinn geboten zu bekommen, wird an diesem Wochenende im Bayerischen Armeemuseum eines Besseren belehrt. Was am Samstag und Sonntag von 9 bis 17 Uhr beim internationalen Zinnfigurenwettbewerb „Herzog von Bayern“ im mittlerweile zwölften Jahr bewundert werden kann, ist höchste Kunst.

Die, die sie beherrschen, sind weder ewig-gestrig noch kriegslüstern, dafür aber enorm fingerfertig. Vor allem sind sie sehr geduldig. Denn bis so eine kleine, 54, 75 oder 90 Millimeter große Zinnfigur fertig ist, vergehen schon mal 50 Stunden. Für einen Reiter muss man mit 100 Stunden rechnen, verrät Carsten Abel vom „Förderverein Künstler und Figur, Kulturhistorische Zinnfiguren Ingolstadt“, der den Wettbewerb organisiert.

Im normalen Leben arbeitet Abel als Ingenieur bei Audi. In seiner Freizeit bastelt er seit 20 Jahren Zinnfiguren. Genau so wie der Ingolstädter Peter Kirmaier (45) und Bernd Prott (56) aus Wolnzach. Letztgenannter übt seine filigrane Kunst bereits seit 40 Jahren aus. Die Drei stellen ihre Werke im Wettbewerbsraum des Armeemuseums zwar aus, zu bewerten sind diese jedoch nicht. Sie sind Mitglieder der Jury und somit beim Wettbewerb außen vor. Etwa 200 Künstler aus verschiedenen Nationen stellen bis Sonntag insgesamt etwa 1000 Arbeiten im Fahnensaal des Armeemuseums aus. Figuren aus allen Epochen – vom Neandertaler über die Antike, aber auch Römer, Kelten, Griechen und Figuren aus dem Mittelalter oder dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. Auch Indianer und Samurai warten als Zinnfiguren auf Bewunderer. Und Pin-up-Girls. Stark im Kommen ist der Bereich Fantasy. Auch Frodo Beutlin und sein Haus im Auenland aus „Der Herr der Ringe“ sind zu sehen. Und etwas ganz Besonderes: London im Jahre 1888. Jene dunkle Ecken, in denen der als Jack the Ripper bekannte Frauenmörder sein Unwesen trieb. Wer Jack the Ripper darin finden will, braucht ein gutes Auge. Das Modell eines Künstlers, der sich „Krull“ nennt, besteht aus den verschiedensten Materialien. 1200 Stunden Arbeit stecken darin. Und viel Herzblut.

Bewertet wird in verschiedenen Kategorien – von der Juniorarbeit bis zur Masterklasse. „Die Leute kämpfen nicht gegeneinander“, betont Prott.

Doch was sind das für Menschen, die nächtelang an Zinnfiguren basteln? Sind es die totalen Freaks? Jörg Schilling aus Salzgitter zeigt im Händlerraum, wie Zinnfiguren gegossen werden. Eben fertigt er im Schleudergussverfahren Rucksäcke für die Soldaten an. „Lauter Irre“, sagt ein beeindruckter Fotograf. Darauf Schilling: „Das ist Grundvoraussetzung für diesen Beruf.“