Ingolstadt
Gemütlich in die Reihen der Gegner

Anhänger des FC Augsburg empfangen die Schanzer Fans am Samstag mit offenen Armen

27.08.2015 | Stand 02.12.2020, 20:52 Uhr

Der General auf der Bank: Gerhard Seckler, Musiker und begeisterter FCA-Fan, hat das Fanprojekt 2006 ins Leben gerufen. - Foto: Seckler

Ingolstadt/Augsburg (DK) FCI-Fans, die am Samstag zum Spiel gegen den FC Augsburg fahren, können besondere Gastfreundschaft erleben: FCA-Anhänger bitten die Schanzer zum Frühschoppen und führen die Kinder durch das Stadion.

Das Projekt heißt „Augsburg Calling“. Das Ziel: sich kennenlernen. Der General zeigt den Gegnern, wo’s lang geht: quer durch die 2000-jährige Augsburger Stadtgeschichte. Noch ein bisschen Bildung vor dem Anpfiff. Aber natürlich erst nach einem gemeinsamen Frühschoppen – passenderweise ist in Augsburg gerade Volksfest: Herbstplärrer. „Wir freuen uns, wenn wir dort möglichst viele Fans des FC Ingolstadt treffen und kennenlernen!“, sagt „der General“, wie sie ihn in Augsburg nennen. Mit bürgerlichem Namen heißt er Gerhard Seckler. Er ist ein leidenschaftlicher Rock’n’Roller. Noch mehr als die Musik liebt er den FC Augsburg. Und weil er Dissonanzen hasst, hat er vor neun Jahren ein viel beachtetes Fanprojekt ins Leben gerufen, das dem friedlichen Fußballgenuss bei Heimspielen des FCA dient: „Augsburg Calling“.

Bevor sich diverse Fangruppen auf beiden Seiten vor dem Spiel argwöhnisch umkreisen, bitten der General und seine Mitstreiter gleich zur Party. Das ist immer besser so. Über die Jahre haben die FCA-Fans mit ihrer ganz speziellen Willkommenskultur schon viele schöne und unvergessliche Erfahrungen gesammelt, erzählt Seckler. „Wir wollen Ressentiments, sofern vorhanden, gleich abbauen und einfach gemeinsam viel Spaß haben!“ Emotionen gehörten zum Fußball dazu, völlig klar, natürlich feuert jeder sein Team mit aller Kraft an. „Wir wollen zeigen, dass die allermeisten ganz normale, nette und friedliche Fans sind. Deshalb schaffen wir Möglichkeiten für einen Austausch. Und wir wollen natürlich auch unsere Stadt gut präsentieren.“

Angefangen hat alles über die Musik. „Rock’n’Roller kennen keine Grenzen so wie Fußballfans.“ Deshalb ist es eine schöne Tradition, dass Gäste immer wieder mal Bands aus ihrer Stadt nach Augsburg mitbringen. Natürlich rockte auch General Seckler schon begeistert durch viele Bundesligastädte.

Jetzt freuen sich die FCA-Fans auf die Ingolstädter. „Es ist toll, dass ein weiterer bayerischer Verein in der Ersten Bundesliga spielt! Der FC 04 hat schon jetzt Phänomenales geleistet.“

Die Fans des FC 04 werden am Samstag von 11 bis 13 Uhr am Augsburger Plärrer (Sterndlzelt) mit einem Frühschoppen begrüßt, es gibt Bier und Brotzeit zum Sonderpreis. Um Anmeldungen unter augsburg-calling@sc1907.de wird gebeten. Um 11.30 Uhr startet eine kostenlose Stadtführung für die Ingolstädter Fans. Anmeldungen unter tourismus@regio-augsburg.de. Der Kids-Club des FCA bietet den kleinen Schanzern die Möglichkeit, gemeinsam mit kleinen Augsburgern kurz vor dem Anpfiff „eine Ehrenrunde durch das Stadion zu drehen“, Anmeldungen unter markert@fcaugsburg.de. Gerade diese Begegnungen, sagt Seckler, „führen immer wieder zu herzergreifenden Szenen“.

Doch auch viele Erwachsene sind dank „Augsburg Calling“ zu emotionalen Begegnungen fähig. Gerhard Seckler hebt unter den zahlreichen befreundeten Fans aus ganz Deutschland gern Union Berlin hervor. „Die waren ja völlig verschrien, als Osthorde und Rechtsradikale.“ Von den Klischees unbeeindruckt, zogen die Augsburger auch hier ihre Willkommenskultur durch. „Wir haben die Vorbehalte ganz schnell abgebaut. Es wurde das komplette Gegenteil bewiesen! Die Berliner haben ihre Bands mitgebracht, und wir haben völlig entspannt gefeiert. Es ist wunderbar, dass so etwas passieren kann.“

Zum Dank bekamen die FCA-Fans von den Anhängern des FC Union einen JWD-Pokal. Die Abkürzung steht eigentlich auf gut Berlinerisch für „Janz weit draußen“, also in der tiefsten Provinz. „Aber in unserem Fall“, erzählt General Seckler, „bedeutet JWD: Jut war’s, danke!“