Ingolstadt
"Eroberer des Nutzlosen"

Reinhold Messner fesselt mit den Erzählungen aus seinem Abenteuerleben die Zuhörer im ausverkauften Festsaal

15.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:33 Uhr

Begnadeter Erzähler von Abenteuern in den Bergen: Reinhold Messner entführte in seine atemberaubende Welt und faszinierte die Zuhörer im voll besetzten Festsaal des Stadttheaters. - Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Er braucht keine Bühnenshow. Reinhold Messner reichen Sphärenklänge, atemberaubend schöne Bilder und authentische Filme von faszinierenden Bergwelten. Am Rand der Bühne steht der Südtiroler, dezent angestrahlt nur, wenn er spricht. Im voll besetzten Festsaal des Stadttheaters erzählte der 71-Jährige, wohl der berühmteste Abenteurer und Bergsteiger unserer Zeit, von seinem Leben, seinen Touren, seinen Erlebnissen und seinen Erfahrungen.

Messner ist ein Geschichtenerzählen, ein guter, ein sehr guter. Er ist ehrlich, wenn er sein Leben Revue passieren lässt. Er streift all seine waghalsigsten Abenteuer, gibt zu, dass er irgendwann gemerkt hat, dass Schnellkraft und Geschicklichkeit schwinden, dass auch seine Leidensfähigkeit nachgelassen hat: „Ich will nicht mehr morgens aus meinem Zelt kriechen, ich will aufrecht aus dem Bad kommen.“

Im Mittelpunkt steht natürlich „sein“ Mount Everest, den er ohne Sauerstoff zusammen mit dem Österreicher Peter Haberler bestiegen hat, und den er später auch alleine bezwang. Zwischendurch findet er immer wieder zurück zum höchsten Berg der Welt, zum Beispiel, als er erzählt, dass der Berg durch die Verschiebung der Kontinentalplatten wachse: „Aber er wächst nicht schnell, dass er zum Neuntausender wird. Sonst müsste ich ihn ja noch einmal besteigen.“ Auch als er sagt, er würde hohe Berge heutzutage nicht mehr besteigen, aber den Mount Everest könne er noch einmal erklimmen, lachen die Zuschauer. Weil Messner erklärt: „Ich brächte aber Sauerstoffflaschen und Scherpas hinter mir, die mich schieben und Scherpas vor mir, die mich ziehen.“

Bergsteigen will er nur noch mit seinem Sohn, „der inzwischen besser klettert als ich und daher vor mir in den Berg steigt“. Das genießt der vierfache Vater in seiner Heimat, wo er in den vergangenen 15 Jahren mehrere Museen aufgebaut hat.

Messner entführt den Zuschauer zuerst und wie erwartet ins Himalaya und an den kanadischen Mount McKinley, um dann direkt von den „schönsten Bergen der Welt“ zu erzählen. Von seiner Heimat Südtirol. Dort, wo alles, zumindest seine Karriere, begann. Erster Dreitausender als Fünfjähriger mit seinen Eltern. „Das hat meinen Horizont erweitert.“ Er erkannte schnell, dass es beim Bergsteigen kein ,richtig’ oder ,falsch’ gibt, dafür ein ,möglich’ oder ,unmöglich’. Messner hat – er betont es nicht, aber die Zuhörer nehmen es begeistert zur Kenntnis – immer wieder Unmögliches möglich gemacht. Im Mittelpunkt seiner Abenteuer steht natürlich der Everest. Außerdem der Nanga Parbat. Und weitere zwölf Achttausender. Alle auf der Welt hat er bestiegen. So kam Messner an einen Punkt, an dem er für sich entschied, andere Abenteuer zu suchen. Er packte die Antarktis, scheiterte an der Arktis, er packte die Wüste Gobi („das war 2004 meine letzte große Tour“), er durchquerte die Inlandseisflächen in Patagonien in den südamerikanischen Anden und er widmet sich inzwischen mehr Dokumentarfilmen. Momentan in Ostafrika, „um vom Spannungsverhältnis Mensch-Berg zu erzählen“.

Messner, der sich selbst „Eroberer des Nutzlosen“ nennt (weil er keinen ordentlichen Beruf ausübt), ist ein guter Erzähler. Weil er ruhig und besonnen schildert, was ihn so oft an den Rand des Todes geführt hat. Weil er die Abenteuer schildert, die viele Zuhörer auch gerne erleben würden. „Das umsetzen einer Idee macht das Leben aus, nicht das, was wir anhäufen oder gar wissen“, sagt Messner, der am Ende erzählt, er sei Bergbauer auf einem Selbstversorgerhof, wo er im Krisenfalle mit der Familie in einer längeren Phase des Untergangs auch Wein trinken könne.