Ingolstadt
Erleuchtung garantiert

Lichter, Kerzen, Osterfeuer: Gläubige feiern die Auferstehung Christi am frühen Morgen

21.04.2014 | Stand 02.12.2020, 22:47 Uhr

 

Ingolstadt (DK) Mit Kerzen gemeinsam gegen die Finsternis in der Welt und den Herzen: In der Osternacht haben auch viele Christen in Ingolstadt und Umgebung die Auferstehung Christi gefeiert. Besonders eindrucksvoll war das wieder einmal in der kleinen evangelischen Kirchengemeinde Brunnenreuth.

Das Flackern der Fackeln wirft ein bisschen Licht auf die Gesichter ihrer Träger und derjenigen, die neben ihnen stehen, ebenso wie auf die Gräber ringsherum, deren Umrisse man so erkennen kann. Wie viele Gläubige sich an diesem frühen Morgen zum Friedhof in Spitalhof aufgemacht haben und jetzt im Halbkreis um das große Kreuz stehen, das man gerade so wahrnimmt, lässt sich zu diesem Zeitpunkt nur erahnen. Es ist fünf Uhr, und es ist stockdunkel.

Aus der Ferne hört man Vogelgezwitscher und das Schnattern der Enten vom Nachbarhof. Und dann plötzlich – ein Summen. Es wird immer lauter und mündet in Gesang. „Deep River“, ein traditionelles spirituelles Lied aus den USA, singt der Chor. Tiefer Fluss. Die Stimme des Pfarrers George Spanos dringt über den Friedhof: „Wir gehen mitten durchs Leben, von der einen Seite des Flusses hin zur anderen, an diesem besonderen Morgen.“

Die Überquerung des Flusses – gemeint ist der fürs Christentum so wichtige Jordan als Symbol der Taufe, des Hinüberschreitens vom Irdischen ins Himmelreich und vom Dunklen ins Helle –, sie nimmt thematisch den größten Teil der Osternacht in Spitalhof ein, nicht zuletzt, weil an diesem Morgen fünf Taufen anstehen. Auch die Fürbitten beschäftigen sich mit dem Thema. Das Leben sei wie ein tiefer Fluss, den man jeden Tag durchschreiten müsse, liest ein Gemeindemitglied vor. „Es ist schwer, frei zu sein.“

Die zweite Station steht jetzt an: Laut „Kyrie eleison“ (Herr, erbarme dich) singend, schreitet der Pfarrer Richtung Friedhofsausgang und ruft: „Machen wir uns auf den Weg!“ Und die Gemeinde läuft, ebenfalls singend, hinterher. Es sind Hunderte, wie sich sehen lässt, als sie an der Straße die Laternen passieren, Familie für Familie, Pärchen für Pärchen, Christ für Christ. „Es werden immer mehr“, sagt eine Frau erstaunt zu ihren Bekannten. Dass die Osternacht in Spitalhof ein Erlebnis ist, hat sich in den vergangenen Jahren offensichtlich herumgesprochen.

Und da brennt auch schon das Osterfeuer, auf einem Parkplatz, bewacht von mehreren Jugendlichen. Die Gemeinde bildet einen Kreis darum, Diakonin Kathrin Penning und zwei Jugendliche entzünden an ihm die Osterkerze. „Christus ist das Licht“, sagt Pfarrer Spanos und bittet „hinüber auf die andere Seite des Flusses“ – in diesem Fall: in die Martinskirche. Also setzt sich der österliche Zug wieder in Bewegung, während es langsam dämmert. Das Licht der Kerze wird von den Trägern beschützt und sicher ins Gebäude gebracht. Am Eingang erhält jeder eine eigene Kerze, die Kirche füllt sich innerhalb weniger Minuten. Und dann ruft der Pfarrer in den Raum: „Räumen wir den Stein vom Grab zur Seite.“

Die Gottesdiensthelfer eilen mit Kerzen, die sie an der Osterkerze entzündet haben, durch den Mittelgang und geben das Licht weiter, jeder zündet die Kerze des Nebenmannes an, im Nu wird es hell – lauter kleine Lichter, die sich zu einem großen Ganzen verbinden: Was gäbe es für ein besseres Symbol für die Kraft der Gemeinschaft?

„Es ist etwas geschehen“, sagt Spanos, nach der Lesung des Matthäus-Evangeliums. Und während der wunderbare Chor wieder singt, bringt jeder seine brennende Kerze nach vorne, um sie in das Holzkreuz zu stecken, das vor dem Altar liegt. Und es ist gar nicht so leicht, die Kerze fest einzusetzen, ohne sich an einer anderen zu versengen oder sich mit heißem Wachs vollzutropfen. Aber der Pfarrer und sein Team helfen mit – und dann ist das imposante Lichterkreuz komplett, geformt von allen Gottesdienstbesuchern.

Nach den Taufen deckt Pfarrer Spanos den Tisch des Herrn, mit Paramenten („die Tischdecken sozusagen“), Altarkerzen, Blumen, Bibel, Brot und Wein. Die Gläubigen feiern das Abendmahl zur Instrumentalversion eines Coldplay-Songs und reichen einander die Hand. Der Pfarrer ruft feierlich: „Der Herr ist auferstanden, wahrlich auferstanden.\"