Ingolstadt
Die Ost-West-Annäherung

Ältestes Stadttor im Schloss seit Jahrhunderten abgesperrt – Durchgang in die City soll möglich werden

23.01.2014 | Stand 02.12.2020, 23:10 Uhr

Noch zieren Kanonen den Torbogen: Ansgar Reiß, Chef des Armeemuseums, möchte das ändern. Von ihm stammt die Idee mit der Öffnung.

Ingolstadt (DK) Fast 600 Jahre steht das alte Feldkirchner Tor als Teil des Neuen Schlosses unbeachtet herum. Jetzt soll das älteste Stadttor wieder geöffnet und als Durchgang genutzt werden: Für seine Idee hat Armeemuseumschef Ansgar Reiß sehr positive Resonanz erhalten, sogar vom Ministerpräsidenten.

Gegen diese Aufwallung der Ingolstädter Bürgerschaft wirkt der aktuelle Streit um das Kongresshotel wie ein Zwergenaufstand. Nur einen Steinwurf vom heutigen Gießereigelände entfernt war vor annähernd 600 Jahren eine erbitterte Auseinandersetzung zwischen den Bürgern und ihrem Machthaber um das älteste Stadttor Ingolstadts entbrannt. Seit dem Jahr 1430 ist es geschlossen, weil es bei der Erweiterung des Neuen Schlosses einfach integriert wurde (siehe eigenen Artikel im Kasten). Nach dieser langen Zeit soll das Tor nun wieder geöffnet werden.

Die Pläne sind gerade erst bekannt geworden, da gelten sie quasi als so gut wie durch. Immerhin hat sich Ministerpräsident Horst Seehofer jetzt beim CSU-Neujahrsempfang („Das machen wir“) öffentlich positioniert. Er stärkt OB-Kandidat Christian Lösel den Rücken, der die Idee auch toll findet und vorantreibt, wie er auch beim TV-Duell wieder sagte.

Den Einfall hatte Ansgar Reiß. Der Chef des Bayerischen Armeemuseums im Neuen Schloss (das bekanntlich dem Freistaat gehört) geht mit der Idee seit zwei Jahren schwanger, seit er mit Architekten ein Entwicklungskonzept für sein Museum aufstellte. „Es stehen viele Sanierungen an“, sagt Reiß. Die Museumswerkstätten und das Zeughaus („Ein toter Raum mitten in Ingolstadt“) wären dringend dran. Da ließe sich das alte Feldkirchner Tor doch „in das Gesamtkonzept einbinden“, überlegte Reiß. Er hatte die Öffnung des östlichen und ältesten Ingolstädter Stadttores, das 1368 (und damit 17 Jahre vor dem Wahrzeichen Kreuztor als Pendant im Westen der Altstadt) gebaut wurde, vor Augen.

Das alte Feldkirchner Tor kennt kaum jemand. Es liegt versteckt mitten in der Anlage. Die Schlossmauern verdecken die Sicht von draußen. In dem riesigen Torbogen hat das Museum bisher Kanonen ausgestellt. Wie abgeschnitten ist die Welt am Ostende, denn hier kommt der Festungsgraben. Darin häufen sich hunderte Pflastersteine, die direkt unter dem historischen Tor kreuz und quer liegen.

Mit einem Steg über den Graben ließe sich links oder rechts an der Rossmühle vorbei eine attraktive Anbindung zur Fachhochschule an der Esplanade oder ans geplante Kongresshotel an der Rossmühlstraße gegenüber schaffen. Möglicherweise auch beides. „Dann könnte man von dort über den Schlosshof in die Stadt gehen und umgekehrt“, schwärmt Reiß. Ein Architekt soll sich in Kürze damit beschäftigen.

Stadtheimatpfleger Tobias Schönauer, der auch wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Reiß im Armeemuseum ist, jubelt angesichts dieser Vorstellung: „Nach 600 Jahren könnten wir wieder ein Stadttor öffnen. Das ist eine historisch einmalige Chance.“

Angesichts der Vorgeschichte würden ein paar Jährchen früher oder später kaum etwas ausmachen. Doch Reiß möchte das Projekt natürlich sobald wie möglich umsetzen. Nur eines ist klar: Bis zum 30. April 2015 wird es sicherlich nichts mehr. An diesem Tag wird im Neuen Schloss die Bayerische Landesausstellung zu Napoleon eröffnet. „Danach sollte es aber schon bald weitergehen“, so Reiß’ Hoffnung. Ein Fixdatum haben er und Schönauer im Kopf: Spätestens 2018 sollte die Ost-West-Annäherung durch das alte Feldkirchner Tor realisiert sein. Denn dann steht das große Schlossjubiläum an, dessen Bau vor dann 600 Jahren (1418) begonnen worden ist.