Ingolstadt
Das Ende einer Ära

Vor genau 50 Jahren lief der letzte Zweitakter der Auto Union vom Fließband

23.03.2016 | Stand 02.12.2020, 20:02 Uhr

Foto: - kx

Ingolstadt (DK) Der 24. März 1966 markiert ein historisches Datum in der Geschichte von Audi. Der letzte Zweitakt-Pkw, eine viertürige F-102-Limousine, verließ vor einem halben Jahrhundert das Werk Ingolstadt. Damit endete auch die Großserienfertigung für Zweitakter in Westdeutschland.

Das unruhige Motorengeräusch und die blaue Abgasfahne waren charakteristisch für einen Typus Pkw, der zumindest in Ingolstadt das Straßenbild bis in die 60er-Jahre beherrschte. Der Zweitaktmotor war ein Schwerpunkt von DKW, seit 1932 Teil der Auto Union. Man setzte viel auf diese Technologie und konnte ab den 30er-Jahren eine treue Anhängerschaft um sich scharen.

Als nach dem Neuanfang nach dem Krieg in Ingolstadt im Jahr 1958 ein völlig neues Werk entstand und Mitte 1961 die Entscheidung gefallen war, die Produktion von Auto Union und DKW hier zu konzentrieren (der Standort Düsseldorf wurde aufgegeben), verließ man sich zunächst voll auf den Zweitakter. Der Absatzerfolg des 1959 auf den Markt gebrachten DKW Junior (insgesamt wurden fast eine viertel Million Exemplare gebaut) schien den Verantwortlichen zunächst auch recht zu geben, wenngleich die Nachfrage nach den größeren Modellen schon ziemlich schwächelte.

Doch auch der 1957 vorgestellte 1000 Sp, bei dem erstmals der Name Auto Union als Markenbezeichnung eingeführt wurde, zog seine 55 PS Leistung aus den 1000 Kubikzentimetern Hubraum eines Dreizylinder-Zweitaktmotors. Gleiches wie beim "Sputnik" (so wurde das Auto wegen seiner futuristischen Heckflossen genannt) galt auch für das viersitzige 1000 Sp Coupe auf der Basis des Modells 3=6.

Im Hintergrund liefen freilich schon Anstrengungen, einen Viertakter auf den Markt zu bringen. Doch auch der ab Februar 1964 hergestellte DKW F 102 - eigentlich ein "modernes" Auto und ausgiebig getestet - wurde wieder mit einem Dreizylinder-Zweitakter ausgestattet, mit 1,2 Liter Hubraum und 60 PS der größte DKW-Dreizylinder überhaupt.

Aber die Zeit der Zweitakter war endgültig vorbei. Technische Probleme wie sich häufende Kurbelwellenschäden ließen den Anteil an den Gesamtzulassungen auf weniger als vier Prozent zurückgehen. Daran konnte auch der legendäre "Müller-Andernach-Motor" nichts ändern. Hans Müller, ein Ingenieur aus Andernach, hatte einen Sechszylinder-Zweitaktmotor mit 83 PS entwickelt. Kaum 100 Exemplare wurden gebaut.

Bei Daimler-Benz, 1959 bis 1964 Alleineigentümer der Auto Union, drängte man schon länger auf einen Viertakter made in Ingolstadt. Ein von Daimler-Benz entwickelter Motor wurde in den erst kurz zuvor entwickelten DKW F 102 eingebaut. Den Verantwortlichen war klar, dass das einen radikalen Bruch in der Historie der Auto Union bedeutete. Deshalb hieß dieses Auto auch nicht mehr DKW, sondern griff auf die Historie der vier Ringe zurück: Am 13. August 1965 lief der erste Ingolstädter Audi vom Band. Parallel dazu hatte der VW-Konzern, der neue Eigentümer, einen Teil der Käfer-Produktion nach Ingolstadt verlegt, um das schwächelnde Werk auszulasten. Damit war die Zweitakt-Ära für Pkw endgültig vorbei: Das letzte Fahrzeug dieser Art verließ am 24. März 1966 das Werk.

Nur in einer nicht-zivilen Nutzung hat der Zweitaktmotor noch ein paar Jahre überlebt. Der im Oktober 1956 in Serie gegangene DKW Munga wurde noch bis Dezember 1968 produziert. Abnehmer des "Mehrzweck-Universal-Geländewagen mit Allradantrieb" war die Bundeswehr.