Ingolstadt
Wohin mit den 155 Millionen Euro?

Alleine heuer wird eine enorme Festgeldsumme der Stadt Ingolstadt frei beim Anlegen zahlt sie drauf

16.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:38 Uhr

Bereits seit einigen Jahren verteilt die Stadt über den sogenannten Cashpool auch erfolgreich Kredite an die eigenen Tochterfirmen. Finanzbürgermeister Albert Wittmann und Andrea Steinherr vom Beteiligungsmanagement zeigen das hier symbolhaft. ‹ŒArch - foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Solche Sorgen möchten andere Städte einmal haben. Die Ingolstädter müssen sich stark überlegen, wo sie ihr Festgeld in Zukunft anlegen wollen. Alleine heuer werden 155 Millionen Euro frei. Da will Bürgermeister Albert Wittmann nicht alleine die Anlagestrategie vorgeben.

Es ist beunruhigend. "Weltweit bewegt sich viel", sagte Wittmann gestern im Finanzausschuss. Der Brexit droht, sogar wieder der Grexit, italienischen Banken geht es schlecht. Frankreichs Wirtschaft ist auch nicht so stabil, wie sie scheint, sagte der Finanzbürgermeister. Und dann erst diese USA unter Trump: "Was nach der Finanzkrise an Korsettstangen eingezogen worden war, ist jetzt wieder entfernt", bedauerte Wittmann. Also: Die Finanzwelt ist so unsicher wie lange nicht. Dazu gibt es durch die Null-Zins-Politik der Europäischen Zentralbank nichts zu verdienen, im Gegenteil. Wo dann hin mit den städtischen Rücklagen von satten 240 Millionen Euro, von denen ein Großteil, eben 155 Millionen, heuer frei wird? "Die Sache ist sehr, sehr heiß. Das möchte ich nicht alleine entscheiden", erklärte der Bürgermeister, warum er den Stadträten das Anlagestrategiepapier mir dem Credo "Sicherheit" vorlegte.

Wittmanns Vorschlag: Da es bei den Banken nichts zu verdienen gibt, soll als oberste Priorität das städtische Vermögen bei den Beteiligungsunternehmen, also den Stadttöchtern, angelegt werden. Stichwort Cashpool, ein System, das die Stadt seit mehr als einem Jahrzehnt betreibt. Bevor die IFG oder andere Firmen, an denen die Stadt beteiligt ist, zur Bank rennen, bekommen sie Kredite aus dem Rathaus. Dazu hat die Bafin (Bundesaufsicht für Finanzdienstleistungen) ihren Segen gegeben. Auch die Stadträte finden diese Anlagensicherung hervorragend.

Etwas mehr überlegen musste man bei der nachfolgenden Priorität: Mindestens 60 Prozent des Tages- oder Festgelds sollen bei Landesbanken, Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken angelegt werden, was größtmögliche Sicherheit biete. Allerdings müsse man das sogenannte Verwahrungsentgelt bezahlen - heißt Negativzinsen. Man zahlt also drauf. "Aber wir brauchen Geld, das wir täglich abrufen können", so der Bürgermeister. Nur bis maximal 40 Prozent will die Stadt in der risikobehafteteren Variante bei Banken anlegen, bei denen sie auf null oder sogar mit einem (kleinen) Gewinn rauskommt. Diese Institute müssten aber dem Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes der deutschen Banken angehören. "Wenn es zu einer scharfen Finanzkrise kommt und ein Dominoeffekt bei den Banken einsetzt", so sagte Wittmann offen, "dann ist das Geld wahrscheinlich weg. Das ist mit dem Einlagensicherungsfonds nicht zu retten." Oder sei das zu pessimistisch? "Mir ist bei der ganzen Sache nicht wohl."

Aber auch die Sprecher der Fraktionen plädierten für die bedächtige Variante. "Lieber mehr Sicherheit", sagte Peter Springl (FW). "Ich halte sehr viel davon, nicht zu sehr ins Risiko zu gehen", meinte Achim Werner (SPD). Obwohl ihm bei der Sparkasse "gar nicht so gut gefällt, dass die Bank, die uns gehört, Verwahrungsentgelt verlangt" für das städtische Geld. Man solle sich Angebote von anderen Kreditinstituten einholen - was Wittmann vorhatte.

Springl regte an, vielleicht doch etwas Geld in den sicheren Euro-Raum zu geben und Erträge zu generieren. Franz Hofmaier (ÖDP) will dagegen "alles am liebsten in Deutschland halten". Petra Kleine (Grüne) bat um "eine ethische Geldanlage" bei Instituten, die über jeden Zweifel erhaben seien. "Also zum Beispiel die Bank of China, die beim Einlagensicherungsfonds dabei ist, wird uns kaum ihre Geschäfte offenlegen", erwiderte Wittmann.

Zustimmung allenthalben gab es für die Idee von Konrad Ettl (CSU): Wenn rechtlich möglich, könnte die Stadt doch das siebenstellige Loch der Heilig-Geist-Stiftung im Zuge der Anlagestrategie stopfen. Das brachte Peter Springl auf den Trichter, man könne bei anderen Kommunen in der Region anfragen, ob sie Geld aus Ingolstadt geliehen haben wollten. Man werde das prüfen, sagte Wittmann. Er schließe, so sagte er schmunzelnd, aber aus, dass Gaimersheim darunter sein dürfte.