Ingolstadt
Ein Schutzgebiet löst sich auf

Warum die CSU/FW-Koalition einen besonderen Status für die Landschaft südlich von Haunwöhr ablehnt

26.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:30 Uhr

Natur pur: Die freie Fläche südlich von Haunwöhr sollte aber nicht als Schutzgebiet ausgewiesen werden, weil sie ökologisch von herausragender Bedeutung ist, sondern vor allem der Naherholung der Anwohner dient. Die Pläne wurden inzwischen gestoppt. - Foto: Hammer

Ingolstadt (DK) Kaum ist die Idee geboren, verschwindet sie schon wieder in der Versenkung. Südlich des umstrittenen Neubaugebietes beidseits der Hagauer Straße sollte ein Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen werden. Doch nach DK-Informationen hat die Koalitionsrunde die Pläne gestoppt.

Selten hat ein Beschluss des Stadtrates, eine freie Fläche als künftigen Baugrund zu deklarieren, so viel Proteste ausgelöst wie zuletzt im Südwestviertel. Im Anschluss an die Häuserzeilen in der Wittelsbacher- und Unterringstraße soll Platz für etwa 90 Wohnungen und einen Kindergarten entstehen. Bislang gibt es nur die politische Absichtserklärung, im Herbst wird der Entwurf des Bebauungsplanes voraussichtlich im Stadtrat verabschiedet.

Das politische Votum für das Baugebiet beidseits der Hagauer Straße macht einige Grundstückseigentümer reich, es schafft zusätzlichen Wohnraum, der dringend gebraucht wird, greift aber auch in einen "Grünzug von regionaler Bedeutung" ein, wie Michael Würflein betont, der Vorsitzende des Bundes Naturschutz in Ingolstadt. Der Naturschützer hatte kürzlich doppelten Grund zur Freude, denn die BN-Kreisgruppe feierte ihr 40-jähriges Bestehen. Das Grußwort von OB Christian Lösel bei der Festveranstaltung machte den Naturfreunden große Hoffnung, dass die Stadtverwaltung südlich von Haunwöhr ein Landschaftsschutzgebiet ausweisen wird. "Mein Eindruck war, dass der OB das unterstützt", sagte Würflein gestern dem DK. Deswegen sei er nun "einigermaßen verwundert", wenn daraus doch nichts werden sollte.

Im Gegensatz zum Naturschutzgebiet - davon hat Ingolstadt nur eins in der Kälberschütt - ist ein Landschaftsschutzgebiet mit geringeren, weniger strengen Auflagen verbunden. Unter Landschaftsschutz stehen zum Beispiel der Gerolfinger Eichenwald, der Zucheringer Wald und die Sandrachaue südwestlich von Unterbrunnenreuth.

Ein weiteres Schutzgebiet im Grünring zwischen Haunwöhr und Hundszell hinzuzufügen, diese Idee stammt nach den Worten von Umweltreferent Rupert Ebner aus dem Planungsreferat. "Im Prinzip hat Frau Preßlein-Lehle das angestoßen", sagte er auf Anfrage. "Ich habe das natürlich begeistert aufgenommen." Nach mehreren Gesprächen habe man sich auch auf eine Fläche verständigt, die einbezogen werden sollte. Das geplante Schutzgebiet sollte in der "besonderen Bedeutung für die Erholung" seine rechtliche Begründung finden. Das ist allerdings nicht mehr notwendig. Ebner zufolge kamen die Spitzen der Rathauskoalition von CSU und FW überein, die Sache zu stoppen. Warum, erfuhr der Umweltreferent nicht.

"Für mich ist das abgehakt", erwiderte gestern FW-Fraktionschef Peter Springl auf die Frage, was aus den Schutzplänen wird. Der Stadtrat bezweifelt, ob die Ausweisung "an dieser Stelle überhaupt Sinn machen" würde. Er fürchtet, dass damit "mehr Unfrieden in die Bevölkerung reinkommt" und weitere "Verwerfungen" entstehen. Diejenigen Grundstückseigentümer, die nicht mit einbezogen würden, könnten sofort daraus schließen, dass sie Bauland bekommen, so Springl. Und umgekehrt wären die Eigentümer im Schutzgebiet in der Nutzung ihrer Flächen eingeschränkt. Deshalb spricht sich der FW-Fraktionsvorsitzende klar gegen einen möglichen "Präzedenzfall" aus.

Der OB bestätigte dem DK: Die Koalitionspartner lehnen ein Schutzgebiet ab. Nach Lösels Eindruck ist das Ganze ein typisches Beispiel für "unser ewiges Thema in Ingolstadt". Er bezeichnet es als das "Spannungsfeld" zwischen dem Wohnungsbedarf, dem notwendigen Raum zur Erholung und den ebenso erforderlichen Ackerflächen. "In einer so schnell wachsenden Stadt ist das nicht leicht zu lösen."