Ingolstadt
Bohrlärm in der letzten Ruhestätte

Weil der Boden der Friedhöfe gefroren ist, können die Bagger alleine keine Gräber mehr ausheben

07.02.2012 | Stand 03.12.2020, 1:51 Uhr

Kein Durchkommen: Der Bagger kann die gefrorene Erde nicht greifen, deswegen müssen sie die Bestattungskräfte Sebastian Oexler und Christopher Sichelschmidt aufbohren. Außerdem kämpfen sie mit einfrierendem Diesel und unbeweglicher Baggerhydraulik. So verzögert sich die Grabaushebung um Stunden. - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Die arktische Kälte sorgt für Probleme bei den Bestattungsunternehmern. Der Frost im Boden sitzt so tief, dass die Gräber mit Elektrobohrern bearbeitet werden müssen. So dauern die Grabaushebungen bei diesem Wetter oft doppelt so lange wie üblich.\t

Auf dem Friedhof in Baar-Ebenhausen dröhnt und surrt es. Zwischen den Gräbern stehen zwei Männer – einer sitzt auf einem Bagger, der andere hält einen schweren Elektrobohrer in seinen Fingern. In dem Lieferwagen, der am Friedhofrand parkt, liegt ein Heißluftfilter. Für den Fall, dass der Diesel wieder einfriert.

„Wir haben im Moment gewaltige Probleme mit dem Frost“, erklärt Christopher Sichelschmidt, der Bestattungshelfer eines Ingolstädter Bestattungsunternehmens. „Erst ist der Diesel ständig gefroren, also haben wir den Tank mit dem Heißluftfilter aufgewärmt.“ Danach mussten Sichelschmidt und sein Kollege Sebastian Oexler lange warten, bis die Hydraulik des Baggers warm wurde. „Im Bagger ist keine Beweglichkeit und er kann nicht richtig greifen. Das erschwert die Sache“, ergänzt Oexler. Normalerweise ist der Bagger nach 20 Minuten einsatzbereit. Bei den momentanen Temperaturen brauchen die Bestattungsfachkräfte zwei Stunden, bis die Maschine läuft.

Die Stadt empfindet die Lage nicht so schlimm. Der Pressesprecher Gerd Treffer berichtet von einem bis zu 20 Zentimeter tief gefrorenem Boden. „Das ist nicht dramatisch“, meint er. Schwierig würde die Situation erst, wenn die frostigen Temperaturen noch zwei Wochen anhielten. „Dann ist der Boden 30 bis 40 Zentimeter tief gefroren“, erklärt Treffer. In diesem Fall können keine Gräber mehr ausgehoben werden. „Wir haben einen Vorratsspeicher an Wintergräbern. Die wurden vor dem Frost schon aufgebohrt und abgedeckt. Darauf werden wir im Notfall zurückgreifen.“

Diese „Gräber auf Vorrat“ helfen den privaten Bestattungsunternehmen allerdings nicht weiter. Gunnar Pfaff, ein Mitarbeiter im technischen Bereich eines Bestatters, erläutert die Lage: „Bei uns gibt es keine Wintergräber. Wir dürfen nicht einfach irgendwo Grabstätten ausheben – das kann nur die Stadt.“ Dennoch machen sich die Bestatter keine Sorgen wegen des Frostes. „Mit dem Abbruchhammer können wir den Boden recht gut aufspitzen“, erklärt Pfaff. Dies sei nötig, damit der Bagger nach der Erde greifen kann. Andernfalls käme er nicht durch den gefrorenen Grund.

Daneben schildert Pfaff das selbe Problem wie Sichelschmidt: „Wir haben unsere Geräte in einer Werkstatt stehen. Trotzdem werden die Hydraulik- und Motoröle bei der Kälte sehr zäh und müssen aufgewärmt werden“, erzählt er. So wiederholt der Baggerfahrer mehrfach bestimmte Bewegungen, damit sie danach flüssig ablaufen. Besonders auf kleinen Dorffriedhöfen hätten die Arbeiter aber Schwierigkeiten. „In der Stadt hat der Bagger viel Platz, aber auf dem Dorf sind die Gräber nah beieinander.“ Dort könnten die Bestattungsfachkräfte die Maschine nur in geringem Umfang bewegen. Aus diesen Gründen ziehen sich die Arbeiten an den Gräbern oftmals lange hin.

Auch für Sebastian Oexler und Christopher Sichelschmidt ist noch kein Feierabend in Sicht. „Normalerweise brauchen wir für das Ausbaggern ein bis zwei Stunden. Im Moment ist es aber schwierig, da dauert die Grabaushebung manchmal drei, manchmal sechs Stunden.“