Ingolstadt
Auf engstem Raum

Zwei Studenten haben die Minengänge unter der Landesfestung Ingolstadt dreidimensional vermessen

17.09.2014 | Stand 06.03.2021, 22:21 Uhr

Mit modernster Technik im Untergrund: Die Arbeitsstätte von Andreas Steer (links) und Jennifer Geyer bei der Vermessung der Minengänge der Landesfestung war räumlich sehr beengt - Foto: oh

Ingolstadt (DK) Manchmal müssen sie durch Dreck und Schlamm waten. Die Luft ist stickig. Nur wenige Gänge erlauben ihnen, gerade zu gehen, andere – vor allem die klein verzweigten Nebengänge – sind nur knapp anderthalb Meter hoch. Unter Platzangst dürfen Jennifer Geyer und Andreas Steer nicht leiden.

Die beiden haben in einer Bachelorarbeit die noch vorhandenen Minengänge unter der Landesfestung Ingolstadt vermessen.

Mit modernsten digitalen Messgeräten können heutzutage auch noch so kleine Winkel erfasst werden. Die Mühe hat sich gelohnt. Bei der Vorstellung der Arbeit der beiden, die damit ihren Abschluss im Studiengang Geoinformatik und Satellitenpositionierung an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in München in der Tasche haben, in den Räumen des Ingolstädter Vermessungsamtes am Dienstagabend wird das Werk hochgelobt.

Johann Freund, der Leiter des Amtes für Digitalisierung, Breitband und Vermessung, spricht von einer „ingenieurtechnischen Herausforderung“. Seine Behörde habe das Projekt schon aus Gründen der Nachwuchswerbung gerne unterstützt. Stadtsprecher Gerd Treffer, selbst Historiker und offizieller Vertreter der Stadt Ingolstadt, wertet das Ergebnis als „weiteren Mosaikstein in der Ergänzung der Geschichte unserer Stadt“. Für Ernst Aichner, den Vorsitzenden des Fördervereins Bayerische Landesfestung Ingolstadt, ist mit der nun vorhandenen Dokumentation der Minengänge, „ein alter Wunsch in Erfüllung gegangen“.

Der ehemalige Leiter des Armeemuseums erläutert die Bedeutung der unterirdischen Minengänge. Sie sind im 19. Jahrhundert, wo vom Militär ein „System der abschnittweisen Verteidigung“ praktiziert wurde, errichtet worden – als eines von mehreren Hindernissen. Die Gänge waren unter den Festungsbauten angelegt worden, um Angreifern das militärische Vordringen zu erschweren. Im Krieg sollten die Gegner mittels gezielter Sprengungen zurückgehalten werden. Bei der Gelegenheit räumt Aichner auch gleich mit einem Gerücht auf, das sich hartnäckig in Ingolstadt halte. Immer wieder sei hier von unterirdischen Gängen zu Außenforts die Rede. „Dafür gibt es keinen Hinweis.“ Der noch erhaltene Minengang mit seinen angelegten Stollengängen diente lediglich der Verteidigung. Der etwa 240 Meter lange Hauptgang, vier je rund 60 Meter lange Nebengänge, von denen wiederum sieben kleine Gänge abzweigen, wurden jetzt mittels geeignetem Messverfahren und Sensorik dreidimensional aufgenommen.

Die Minengänge seien in schlechtem Zustand, betont Aichner: „Wenn sie einstürzen, haben wir sie wenigstens dokumentiert.“ Als Nächstes will er „den Freistaat Bayern überreden, wenigstens 20 bis 30 Zentimeter so herzurichten, dass man mit Besuchern rein kann“. Die Arbeit der beiden frischgebackenen Bachelor of Engineering habe dafür die Basis geschaffen.

Für die Studenten war es sehr spannend, in die Tat umzusetzen, was Professor Jens Czaja von der Fakultät für Geoinformation, der mit rund 500 Studierenden kleinsten Fakultät der TH München, als Bachelorarbeit ausgeschrieben hatte. Wie würden sich die Minengänge unterhalb der Festungsbauten mit heutigen technischen Mitteln dokumentieren lassen? Und: Wie weit weichen die heute vorgenommenen Messungen von den vorhandenen, historischen Karten ab? Die 23-jährige Studentin aus Gröbenzell und ihr 27-jähriger Kommilitone aus Olching haben sich der Aufgabe mit Erfolg gestellt. Und sind zu der Erkenntnis gekommen: Die historischen Karten sind ziemlich genau. Die größte Abweichung zu den neuen, dreidimensionalen Aufnahmen liege bei 90 Zentimetern.

Von einer Seite wurde die jetzt in einem Buch zusammengefasste Arbeit, die an zahlreiche Bibliotheken und Fachverlage gehen soll, mit besonderem Interesse verfolgt: Der Förderverein Bayerische Landesfestung hat die wissenschaftliche Arbeit finanziell unterstützt – gemeinsam mit dem Amt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung.