Ingolstadt
Auf dem richtigen Weg?

Bei der zweiten Bürgerbeteiligung zum Verkehr liefern die Ingolstädter konkrete Ideen für Rad und Bus

31.07.2013 | Stand 02.12.2020, 23:50 Uhr

Kontroverse Diskussionen: An diesem Tisch im Theaterfestsaal ging es um Stärken und Schwächen des Radverkehrs in Ingolstadt. Die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung sollen in den überarbeiteten Verkehrsentwicklungsplan einfließen - Foto: Strisch

Ingolstadt (DK) Der Bürger hat gesprochen: Knapp 80 Ingolstädter zumindest, die am Dienstagabend der Einladung der Stadt in den Theaterfestsaal gefolgt waren. Dieses Mal ging es beim zweiten Teil der Bürgerbeteiligung für den Verkehrsentwicklungsplan um Radfahrer, Fußgänger und Buskunden.

Der Festsaal war auf jeden Fall besser gefüllt, als bei der ersten Veranstaltung am 9. Juli, damals noch zum motorisierten Individualverkehr. Das freute natürlich auch die Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle, die sich vom gesamten Abend angetan zeigte. Die Ingolstädter hätten „eine sehr dichte Diskussion und viele Ideen“ geliefert. Für fünf Themenkomplexe (ÖPNV, Radverkehr, Fußverkehr und Aufenthaltsqualität, Sicherheit und Barrierefreiheit, sowie Zukunft und Innovation) waren Vorschläge, Ideen und Kritik gefragt. Als Einstimmung vor der Diskussion an den Tischen stellte das Planungsbüro „Inova-Plan“ ein paar Zahlen (allerdings aus dem Jahr 2001) zu den Wegen der Ingolstädter vor: Knapp mehr als die Hälfte des Verkehrs (53 Prozent) läuft übers Auto, ein Fünftel (19,5) zu Fuß, etwas weniger als ein Fünftel (18,5) mit dem Rad, acht Prozent per Bus und nur ein Prozent per Bahn. Im Vergleich zu gleichgroßen Städten sind Auto und Fahrrad dabei klar überrepräsentiert.

FAZIT DER PLANER

Bevor die Stadt die Bürger in den Festsaal bat, hatte das Planungsbüro „Inova-Plan“ bereits die Ausgangslage in Ingolstadt analysiert. Zum ÖPNV berichtete das Büro im Festsaal: Busnetz und Bahn seien am Nord- und Hauptbahnhof gut vernetzt. Die Parkhäuser böten ebenfalls gute Vernetzung vom Pkw zur Bahn. Alle Stadtteile seien durch den Öffentlichen Nahverkehr erschlossen. Die Busbeschleunigung (Busstreifen) könne jedoch die Zeitverluste im dichten Verkehr nicht abfangen. Der geplante Regionaltarif für Bus und Bahn müsse weiterverfolgt werden. Zum Radverkehr: Das Wegenetz sei in der gesamten Stadt gut entwickelt; besonders entlang der Donau und in den Grünzügen. Dafür fehle eine Ladeinfrastruktur für Elektroräder an zentralen Orten, eine Förderung für Pedelecs und E-Bikes existiere nicht. Verkehrsinformationen müssten ausgebaut werden. Zum Fußverkehr: In den Stadtteilen gebe es ein gutes Wegangebot, die Qualität leide an den Hauptstraße durch Lärm und die Trennwirkung der Trassen. Dafür zeige die Verkehrssicherheit ein hohes Niveau. Das gelte auch für die Sicherheit von Schulkindern auf dem Schulweg.

ÖPNV

Das Thema Bus hätte alleine schon einen ganzen Abend füllen können. Am Dienstag stand erwartungsgemäß die größte Traube am ÖPNV-Tisch. Der Takt tagsüber und das übersichtliche Tarifsystem wurden gelobt. Die Haltestellen seien gut ausgestattet. Der Airport-Express fahre jetzt stündlich. Schwächen wurden weit mehr genannt: Zum Beispiel der Takt an den Abendstunden, kaum Informationen über Verspätungen, lange Wartezeiten beim Umstieg von Bahn auf Bus und umgekehrt, Busse mit Querverbindung (wie zum Beispiel der 70er von Mailing ins Klinikum ohne Fahrt über den ZOB) fehlen, das Umsteigen dauere sehr lange. Als Anregungen kamen unter anderem: Die Schnellbuslinien zu Audi beziehungsweise zwischen den Bahnhöfen und dem ZOB ausbauen, digitale Tickets einführen, eine Querverbindung in der Altstadt, ein Badebus zu den Seen, mehr Kombitickets für Veranstaltungen und auch weitere Busspuren. Da zum ÖPNV auch eine Straßenbahn oder eine Seilbahn gehören könnten, kamen auch diese Vorschläge.

RADVERKEHR

Auch hier hätte es genug Stoff für eine eigene abendfüllende Veranstaltung gegeben. Die Liste mit den vorgebrachten Schwächen des Straßensystems war lang, doch dabei gingen die Kritiker arg ins Detail. Das Lob fiel genereller aus: Es gebe einen guten Fahrradstadtplan, im Glacis lasse sich entspannt fahren, von der Münchener Straße kann der Radler die Ringstraße kreuzungsfrei unterqueren, für die Freizeitnutzung sei viel geboten. Als negativ brachten die Bürger die Breite und den Belag mancher Straßen vor. Auch ein großes Radwegekonzept wurde vermisst. Fehlende Stellplätze bei Audi, an den Bahnhöfen und in der Innenstadt wurden genannt. Die Stadt mache auch zu wenig Werbung fürs Radeln, sondern lasse lieber kontrollieren. Als Ideen kamen unter anderem Radschnellverbindungen, eine Überprüfung der Ampelstandorte und der Grünphasen.

FUSSGÄNGER

Wie zu den anderen beiden ausstehenden Themen kamen hier weniger Meldungen. Meistens ging es um den Konflikt zwischen Fußgängern und Radlern beziehungsweise Autofahrern. In der Altstadt wird es manchmal sogar in der Fußgängerzone brenzlig. Manchmal fehlten auch Fußgängerquerungen. Ein überdachtes Förderband wie am Bahnhof war eine Idee, die genannt wurde.

SICHERHEIT

Die Barrierefreiheit in der Stadt „wird langsam“, hieß es. Ansonsten ging es in Kritik und Vorschlägen meist wieder um das Zusammentreffen von Radlern, Fußgängern und Autofahrern.

INNOVATION

Hier gibt es in Ingolstadt wohl am meisten Potenzial. Ladestationen für Elektrofahrzeuge und -räder sind vorhanden, das sei gut, aber es seien einfach noch zu wenige. Ein Bike-Sharing wird angeregt, ebenso eine Mobilitätszentrale, dazu Mobilitätsapps (mit Baustellenwarner) für Handys.

SO GEHT ES WEITER

Die Vorschläge, Ideen und Kritik aus den beiden Terminen (motorisierter Individualverkehr sowie Rad, Bus und Fußgänger) werden vom Fachbüro und der Stadtverwaltung ausgewertet. Die Ergebnisse sollen bald auch im Protokoll auf der städtischen Homepage auftauchen. Es folgt eine Beteiligungsrunde, zu der Vereine und Verbände eingeladen sind. Kommendes Jahr wird es mit dem Normalbürger einen weiteren großen Diskussionstermin geben, wenn konkretere Ideen vorliegen. Und irgendwann soll daraus der Verkehrsentwicklungsplan bis 2025 entstehen.