Ingolstadt
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Ausstellungen zum Ingolstädter Eisenbahnjubiläum im Rathaus und im Apian-Gymnasium eröffnet

08.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:23 Uhr

Experten unter sich: Eisenbahn-Enthusiast Hans Lichtenhof (links) ist seit seiner Kindheit Modellbahnfan und hat Dutzende seiner Loks für die Ausstellung zur Verfügung gestellt sowie in einer zweiten Vitrine ehemalige Kurs- und Betriebshandbücher. Auch viele andere haben zur Ausstellung beigetragen, die seit Samstag im Neuen Rathaus zu sehen ist. - Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Das wichtigste Zugpferd für den wirtschaftlichen Aufschwung Ingolstadts war das Krokodil. Gemeint ist damit freilich kein Reptil oder gar der verstorbene Alligator Maxl, sondern eine große, grün gestrichene Elektrolokomotive der Baureihe 94 (auch 194). Fast 60 Exemplare waren von 1965 bis 1988 bei Bahnbetriebswerk Ingolstadt beheimatet, hat der Eisenbahn-Enthusiast Hans Lichtenhof in mühevoller Arbeit herausgefunden.

Diese imposanten, sechsachsigen Maschinen mit ihrem charakteristischen Aufbau waren es, die von Ingolstadt die schweren Güterzüge bis an den Brenner, an die französische Grenze oder nach Mainz schleppten. "Das war die wichtigste Lok für Ingolstadt", sagt Lichtenhof, weshalb sie natürlich in der Vitrine mit den zahlreichen Lokomotiven (meist im Maßstab H0) im Foyer im 2. Stock des Neuen Rathauses nicht fehlen darf. Dort hat OB Christian Lösel am Samstag die Ausstellung "150 Jahre Eisenbahn Ingolstadt - 100 Jahre Ausbesserungswerk Ingolstadt"im Rahmen des Tags der offenen Tür der Stadt feierlich eröffnet.

In seiner Rede ging er kurz auf die Geschichte des Hauptbahnhofs und die Bedeutung der Eisenbahn für Ingolstadt ein. "Das war die Grundlage der Industrialisierung", betonte er, wie auch das Ausbesserungswerk am Hauptbahnhof einst der größte Arbeitgeber im Eisenbahnknotenpunkt Ingolstadt war. Am 14. November 1867 hielt der erste Zug in Ingolstadt.

Bereits in den 70er-Jahren des 19. Jahrhunderts kamen dann die Linien nach Regensburg, Augsburg, Donauwörth oder Treuchtlingen dazu. Der OB bedankte sich bei den vielen Ehrenamtlichen und Sammlern, ohne deren Mithilfe diese Ausstellung nicht möglich gewesen wäre. Mehrmals wies er auf das von Gerhard Böck ins Leben gerufene "sehr sehenswerte" Eisenbahnkabinett im Apian-Gymnasium hin, das 2. Standbein der Ausstellung (siehe eigener Bericht).

Auch Harald Kneitz vom Kulturreferat der Stadt warb für einen Besuch der Ochsenschlacht, wo der weitaus größere Teil der Ausstellung zu sehen ist. Wie zuvor der OB unterstrich er die Bedeutung der Bahn für den Aufschwung Ingolstadts. Audi wäre 1945 nicht nach Ingolstadt gekommen, wenn es nicht die Festungsbauten und die erfahrenen Techniker der Bahn gegeben hätte, sagte er. Die Eisenbahner haben nach seinen Worten im Süden der Stadt ganze Stadtteile (Ringsee, Kothau, Bahnhofsviertel) und eine eigene Kultur hervorgebracht, wie etwa den Eisenbahner-Sportverein ESV Ingolstadt-Ringsee. "Man hat sich früher im Südviertel sehr laut begrüßt", sagte Kneitz. Schmutzige Fingernägel und Schwerhörigkeit infolge der Arbeit im Ausbesserungswerk waren weitverbreitet. "Aber die Eisenbahn war früher ein Garant für Vollbeschäftigung, Auskommen und Ansehen." Das Ausbesserungswerk der Bahn ist längst Geschichte. Johann Bayerle, der wie viele ehemalige Bahner sowie auch Sammler und Eisenbahnfans zur Eröffnung gekommen war, hat als Bub noch das alte AW kennengelernt - der Vater und der Bruder haben noch darin gearbeitet. "Die Rohre der Dampfloks haben wir dann als Einfassung für Sportplätze hergenommen", weiß er noch.

Der schon erwähnte Hans Lichtenhof ist seit seiner Kindheit Modellbahnfan und hat Dutzende seiner Loks für die Ausstellung zur Verfügung gestellt sowie in einer zweiten Vitrine ehemalige Kurs- und Betriebshandbücher. Darüber hinaus beließ er es nicht beim Sammeln. Er hat detailliert das Schicksal der einzelnen Loks jeder Baureihe erforscht, die in Ingolstadt beheimatet waren - seit 1920 immerhin rund 800 Exemplare.

Auf großes Interesse unter den vielen Besuchern stieß nicht nur der Pharus-Plan aus den 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts, der vor Augen führt, wie tief damals das Gleisnetz in die Stadt hineinreichte: Militärbahnhof (heute Stadttheater, 1925 aufgelassen), Despag (Gießereigelände), Weinzierlgelände an der Staustufe, Neuburger Bahnlinie, Firma Uhlmann und andere mehr. Nicht nur für Eisenbahnfans interessant sind die vielen großen Fotos, die die Stadtgeschichte der vergangenen 150 Jahre wieder lebendig werden lassen. Sie zeigen die vielen Gleisverbindungen, den Nordbahnhof und den 1945 zerstörten alten sowie den neuen Hauptbahnhof, die im Ersten Weltkrieg als Lazarett genutzte Hauptwerkstätte in Ringsee und den Besuch der letzten bayerischen Königin Therese im August 1917 (der letzte Besuch eines gekrönten Hauptes in Ingolstadt überhaupt) sowie Fotos der ehemaligen Bahnhöfe in Oberhaunstadt, Zuchering und Haunwöhr und anderes mehr.

 

Die Ausstellung im Foyer des Neuen Rathauses ist bis Ende November zu den üblichen Öffnungszeiten zu sehen, das Eisenbahnkabinett im Apian-Gymnasium hat bis Ende Oktober mittwochs, freitags und samstags jeweils von 14 bis 18 Uhr geöffnet.