Ingolstadt
Im Buchhandel hängt der Haussegen schief

Mitarbeiterinnen der Ingolstädter Hugendubel-Filialen streiken für besseren Lohn und ihren Manteltarifvertrag

12.12.2019 | Stand 02.12.2020, 12:24 Uhr
Sorge um Arbeitsbedingungen und Lohnentwicklung: Protestierende Buchhändlerinnen aus den Ingolstädter Hugendubel-Filialen gestern Morgen im Streiklokal beim TSV Nord. −Foto: Hauser

Ingolstadt - Mitten im Weihnachtsgeschäft, das auch dem Buchhandel stets die besten Umsätze beschert, hat es gestern in Ingolstadt und München beim bayerischen Branchenführer Hugendubel einen Warnstreik gegeben.

Es ging und geht um einen Tarifkonflikt im bayerischen Buchfachhandel, bei dem sich viele Beschäftigte finanziell abgehängt, aber auch ihre vertraglichen Ansprüche auf Rahmenbedingungen gefährdet sehen.

An Lohnzuwachs fordert die zuständige Dienstleistungsgewerkschaft Verdi für die Branche 5,6 Prozent, doch die Arbeitgeberseite bewegt sich angeblich kaum. Die Sache schwelt schon seit Kündigung des Manteltarifvertrags durch die Arbeitgeber im Jahr 2017.

Während Stammhaus und Filialen der renommierten Kette Hugendubel in der Landeshauptstadt noch bis zum morgigen Samstag bestreikt werden sollen, war der Ausstand in Ingolstadt, wo die Filialen an der Theresienstraße und im Westpark betroffen waren, ein vorerst eintägiger Nadelstich, den aber dennoch viele Kunden mitbekommen haben dürften: Weil nur ein Notbetrieb mit Aushilfskräften aufrecht erhalten werden konnte, dürften Einkäufe mitunter etwas mehr Zeit in Anspruch genommen haben.

Der Buchhandel ist ein fast ausschließlich von weiblichen Beschäftigten geprägter Geschäftsbereich. Wie auch allgemein im Einzelhandel sind die Gehälter nicht so üppig, dass damit große Sprünge gemacht werden können. Berufsanfänger verdienen nach Angaben von Verdi oft nicht einmal 2000 Euro Brutto; selbst wer mehrere Jahrzehnte Berufserfahrung vorweisen kann, kommt nach Auskunft streikender Hugendubel-Mitarbeiterinnen selten über die Grenze von 2500 Euro hinaus.

Wenn der Manteltarif, wie von den Arbeitgebern gefordert, in Teilen revidiert werden sollte, fürchten die Betroffenen den Verlust wichtiger Standards - unter anderem auch in der Weiterbildung, die ja vor allem der besseren Kundenberatung dienen soll. Generell sei die Arbeitsverdichtung in der Branche hoch, werde fürs gleiche Geld immer mehr verlangt, so übereinstimmende Kommentare aus der Belegschaft. Die Wertschätzung der geleisteten Arbeit durch den Arbeitgeber nehme hingegen vielfach ab.

Verdi-Sekretär Reinhardt Semmler zeigte sich gestern sehr zufrieden damit, dass sich 17 Buchhändlerinnen und damit praktisch der weitaus größte Teil der Stammmannschaft aus den beiden Ingolstädter Hugendubel-Filialen im Streiklokal beim TSV Nord eingefunden hatten. Der Betrieb in den Geschäften konnte nur aufrecht erhalten werden, weil die Filialleitungen kurzfristig Teilzeit- und Saisonkräfte einspannten, ohne die es im Weihnachtsgeschäft ohnehin oft nicht abgeht.

Der Ausstand bei Hugendubel muss auch in Ingolstadt nicht der letzte gewesen sein. Die örtliche Betriebsratsvorsitzende Eva Krause-Geitner freute sich sehr über die Solidarität unter den Kolleginnen, von denen etliche gar nicht bei Verdi organisiert sind und deshalb auch keinen Anspruch auf Lohnausgleich durch Streikgeld haben. Von dieser Solidarität, so die Belegschaftssprecherin, könnte eigentlich auch der Arbeitgeber profitieren, denn alle fühlten sich dem Buchhandel sehr verbunden: "Wir lieben diesen Beruf. "

hl