Kösching
Ein Sozialdemokrat und viel Sahne

SPD-Fraktionsvorsitzender Dieter Betz philosophiert beim Backen über ÖPNV und Wohnungsbau

22.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:37 Uhr
Käse-Sahne-Torte mit Himbeerfüllung und Kiwibelag: Dieter Betz’ Lieblingsbackwerk braucht nur wenig Zeit und Zutaten. In der Eichstätter Landkreispolitik sieht das etwas anders aus. −Foto: Stephan

Kösching (DK) Als Rechtsanwalt, SPD-Fraktionsvorsitzender im Eichstätter Kreistag und Köschinger Gemeinderat bleibt Dieter Betz nicht viel Zeit für Freizeitaktivitäten.

„SPD und AWO“, antwortet er auf die Frage, was seine Hobbys sind. Parteiarbeit und Engagement bei der Arbeiterwohlfahrt lassen sich natürlich gut verbinden – und passenderweise werden in beiden Vereinigungen viele Feste gefeiert. Da kommt das dritte Steckenpferd des 50-Jährigen ins Spiel: „Wir haben so viele Veranstaltungen, bei denen wir Kuchen brauchen“, sagt er. Sei dies nun für den Seniorennachmittag, das Osterbrunnen- oder das Kinderfest – innerhalb von drei Stunden können laut Betz für einen guten Zweck da schon 90 Kuchen verkauft werden.

Die müssen aber erst einmal gebacken werden. Die SPD- und AWO-Mitglieder übernehmen das selbst, und so hat auch Betz in seiner maßgefertigten Küche schon unzählige Backwerke aus dem Ofen gezaubert. „Man muss mit gutem Beispiel vorangehen“, sagt er. „Weil ich von zu Hause aus arbeite, lässt sich das machen.“ Am liebsten backe er eine Käse-Sahne-Torte. „Mit den Früchten kann man je nach Jahreszeit variieren“, sagt er. Diesmal sollen es Himbeeren und Kiwis werden. Die Anleitung dazu hat er im Kopf – oder im anlässlich des Osterbrunnenfests 2010 erschienen Backbuch der Köschinger SPD-Frauen.

In Betz’ Regal stehen zudem Dutzende Kochbücher aus aller Herren Länder wie Venezuela, wo Verwandte des 50-Jährigen wohnen. Oft habe er sie besucht, und jedes Mal sei er mit dem Gefühl zurückgekommen, das Leben im Landkreis Eichstätt noch mehr schätzen zu müssen. „Viele Menschen in Venezuela können nicht lesen und schreiben“, berichtet er, während er die Zutaten für den Biskuitteig vorbereitet. „Wir haben es hier gut, das ist ein Privileg.“

So investiere der Landkreis viel Geld in die Bildung der Bürger. „Da sind wir ganz vorne dabei, wir müssen uns nicht verstecken“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende im Kreistag. Zwar sei die Erweiterung der Eichstätter Berufsschule aufgrund der Standortfrage ein heißes Thema gewesen, aber die jetzige Lösung sei eine vernünftige. „Der Entwurf des Büros, das den Preis für den dritten Bauabschnitt gewonnen hat, wird sich super in die Landschaft einfügen“, ist er überzeugt. Es sei wichtig gewesen, die Bürger, die mit der Position am Burgberg erst nicht einverstanden waren, in die Diskussion einzubeziehen. Nun sei ein Standort mit Synergieeffekten zu erwarten.

Eine solche Wirkung erhofft Betz sich auch, als er dem Eiweiß einen Schuss Limettensaft beifügt. „Ich hab’ mal gelesen, dass das was bringt, wenn man Eiweiß schlägt“, sagt er. Weniger optimistisch ist Betz, was den Wohnungsbau im Landkreis angeht. Defizite seien insbesondere bei Wohnraum für sozial schwaá ?che Menschen festzustellen. „Die Schwierigkeiten gibt es vor allem rund um Ingolstadt, weiten sich aber aus“, sagt der 50-Jährige. In Kösching beispielsweise sei für unter elf Euro pro Quadratmeter kaum ein Mietobjekt zu finden.

Betz bringt deshalb den SPD-Antrag auf Gründung einer landkreisweiten Wohnbaugesellschaft von vor einigen Jahren ins Gespräch. „Die Verwaltung hat den schon auf formaler Ebene abgelehnt und wälzt die Probleme auf die Kommunen ab“, ärgert er sich. „Es gibt keine politische Diskussion darüber, das ist ein Fehler.“ Als Vorbild nennt Betz die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft Ingolstadt. „Die haben über Jahrzehnte ein super Fachwissen gesammelt, das ist für kleine Kommunen schwierig.“ Bei den derzeitigen Mehrheitsverhältnissen im Kreistag werde sich die Situation in naher Zukunft aber kaum bessern. „Mal sehen, wie das 2020 wird.“

Im Hause Betz sind die Verhältnisse dagegen klar geregelt: „Wenn meine Frau da ist, dann backen wir miteinander“, erzählt er. Und dann ist da noch Mops Freddy, der aufgeregt bellt, als Betz den fertigen Teig in die Backform gießt und in den Ofen schiebt. Ihm zufolge wohnt die Familie gerne in Kösching. „Die Gemeinden im Landkreis sind wahnsinnig attraktiv“, sagt er. Neben den hohen Mietpreisen gebe es allerdings ein weiteres Problem: den ÖPNV. „Versuchen Sie mal, mit dem Bus von Oberdolling nach Ingolstadt zu kommen“, nennt der 50-Jährige ein Beispiel. Abgesehen davon, dass die Verzögerung des Regionaltarifs „furchtbar ärgerlich“ sei, gebe es keine zulängliche Vernetzung der Gemeinden über den Personennahverkehr. „Da müssen wir als Landkreis Geld in die Hand nehmen“, fordert Betz. „Das ist nicht unsere Pflicht, aber sonst geht’s nicht.“

Überhaupt wird laut Betz einiges an Ausgaben auf den Landkreis zukommen. „Klar, viele Sachen kosten Geld, was machen wir mit dem ÖPNV, was passiert durch den Audi-Bahnhalt“, sagt er. „Aber wenn nicht mehr Überraschungen kommen wie bei der Generalsanierung der Klinik in Eichstätt, dann denke ich, dass die Kreisumlage niedrig bleibt.“ So sei vielleicht sogar etwas für die eine oder andere Fleißaufgabe übrig. Betz stellt sich vor, einen mit dem Seniorenwegweiser vergleichbaren Sozialwegweiser zu erstellen: „Darin können Fragen wie ,An wen wende ich mich bei Erkrankungen im psychischen Bereich?’ beantwortet werden.“

Vom Kuchen bleibe meistens nichts übrig. „Meine Erfahrung ist, dass die runden und hohen Kuchen am schnellsten wegá ?gehen“, erzählt Betz. „Und die mit viel Sahne.“ Dementsprechend viel Sahne mit Himbeeren kommt am Ende auf die Torte, die der 50-Jährige obendrein mit Gelatine, Kiwischeiben und einem Pfirsich-„SPD“-Schriftzug versieht. Auch beim Backen bleibt Betz eben durch und durch Sozialdemokrat.

Dabei sollte es kein steifes Interview in der Redaktionsstube sein. Vielmehr sollten die Hobbys der Kreisräte im Mittelpunkt stehen, um in ungezwungener Atmosphäre über Bildung, medizinische Versorgung oder die finanzielle Lage im Landkreis sprechen zu können. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Dieter Betz hat für uns den Teigschaber geschwungen und eine Käse-Sahne-Torte gebacken, die schon allein optisch für seine Partei steht. | DK