Gaimersheim
Mit Hilfe von Unterstützern flüssig werden

Zwei Freunde wollen per Crowdfunding eine rollende Braustätte finanzieren und Bier auf einem Anhänger brauen

08.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:50 Uhr

Foto: DK

Gaimersheim (EK) Kassjan Smyczek und Johan Jarvers haben eine Geschäftsidee. Sie planen eine mobile Brauerei. Aber sie haben nicht genügend Geld, um sie zu verwirklichen. Deshalb versuchen die beiden Freunde derzeit, die finanzielle Lücke zu schließen. Und zwar per Crowdfunding.

73 000 Euro brauchen sie zusätzlich zu ihrem Privatkapital, das sie ebenfalls dafür einsetzen wollen, damit das Projekt Wirklichkeit wird, so die Berechnung der beiden Jungunternehmer. Nicht gerade ein Pappenstiel. Bei einer After-Work-Party in Gaimersheim im Rahmen der Crowdfunding-Kampagne Ende Januar war Smyczek aber freilich noch recht zuversichtlich, dass die Summe zusammenkommt.

Nach rund zwei Dritteln der Kampagne, die am 13. Januar startete und bis 21. Februar laufen soll, ist der 29-jährige Wirtschaftsingenieur, der bei Audi in Ingolstadt arbeitet, allerdings etwas ernüchtert, weil es "deutlich langsamer als erwartet" laufe. Er ist deshalb verstärkt auf der Suche nach weiteren Geldgebern und hat dafür auch schon Faschings- oder Sportvereine, die das Braumobil interessieren könnte, kontaktiert. Ebenso Blogger und Aussteller auf der Fachmesse "Braukunst Live" am vergangenen Wochenende in München, die das Thema weiterverbreiten könnten. Denn eines ist ihm klar: "Es geht um Reichweite, Reichweite, Reichweite" in den sozialen Medien, wenn die Finanzierungslücke noch geschlossen werden soll.

Smyczek und sein gleichaltriger Partner Jarvers, ein Ingenieur für Getränketechnologie, haben eine spezielle Form des Crowdfundings gewählt, das sogenannte Reward-Based Crowdfunding. Der Geldgeber erhält dabei für seinen finanziellen Beitrag, der Smyczek zufolge meist zwischen 20 und 40 Euro liegt, eine Anerkennung, eben einen Reward. Dieses Dankeschön stelle einen "ideellen Wert für den Unterstützer" dar und sei abhängig von der gegebenen Summe. Es reicht vom E-Book, das Smyczek verfasst hat, über T-Shirts mit dem Aufdruck "Saus' und Brau's" - dem Namen der mobilen Brauerei, der gleichzeitig Programm ist - und die Teilnahme an einem Brauseminar bis hin zum eigenen Bier. Man wolle die Unterstützer "emotional mitnehmen" und nicht Investoren eine bestimmte Rendite versprechen.

Wenn das Crowdfunding noch ein Erfolg wird, "dann kommt nicht der Prophet zum Berg, also der Bierfreund zum Bier, sondern der Berg zum Propheten, also das Bier zum Konsumenten", wie Smyczek sagt. Denn dann kann man den Anhänger mitsamt der Brauanlage für Veranstaltungen mieten. Die Idee dahinter: Auf kleinen 30-Liter-Brauanlagen, die Jarvers' Großvater Ewald Metzler entwickelt hat und die die beiden Jungunternehmer seit dessen Eintritt in den Ruhestand vertreiben, wird mit einer Gruppe Braulustiger - etwa bei einer Party - ein Bier gebraut (und natürlich ein schon fertiges ausgeschenkt). Gleichzeitig setzen Smyczek und Jarvers auf der 500-Liter-Anlage auf dem Anhänger einen Sud für das gleiche Bier an, das sie dann nach Reifung und Lagerung auf anderen Veranstaltungen, von der Hochzeit über Geburtstagsfeiern bis hin zu Gaststätten und Stadtfesten, verkaufen wollen. Dass das Bier gelingt, daran besteht - im Gegensatz zum Crowdfunding - kein Zweifel.

Denn die beiden Schulfreunde aus dem nordrhein-westfälischen Dorsten haben Brauerfahrungen gemacht, seit sie 16 Jahre waren. Damals hatten sie mit einem dritten Kumpel unter dem dafür bezeichnenden Namen "Trini-Bräu" allerdings "Massensorten" gebraut, wie Smyczek sagt. Heute sind sie auch zu Craftbier-Sorten übergegangen. So produziert Jarvers in der Mikrobrauerei "Das Freie" in der Nähe von Hannover etwa Pils, Porter, IPA und sogar den historischen Bierstil aus dieser Gegend, den sogenannten Broyhan.

Von Jarvers - allerdings auf dessen Kleinanlage in Dorsten gebraut - stammte auch das "Winterbier", das bei der After-Work-Party zum Testen angeboten wurde. Es hätte auch "Weihnachtsbier" heißen können mit seinen deutlichen, aber sehr angenehmen Aromen Zimt und Nelke. Mit dem zweiten Bier der Party bewies dagegen Smyczek seine Braukünste. Wer den Namen des Biers - "ZDF" - freilich mit dem öffentlich-rechtlichen Fernsehsender in Verbindung bringt, liegt vollkommen falsch. Die Abkürzung für das in Smyczeks Ingolstädter Kleinbrauanlage entstandene obergärige Bier mit einer deutlichen Hopfennote aus der verwendeten Sorte Citra weist lediglich darauf hin, dass das Rezept dafür "Zwischen Den Feiertagen" entstanden ist.