Baar-Ebenhausen (DK) "Disco" mit Ilja Richter oder "Die Straßen von San Francisco", Schlaghosen, Holzclogs und Hippie-Outfit, Pril-Blümchen und Käse-Igel, Koteletten und Schnauzbart oder Flokatiteppich und Bonanzarad: Das (und noch viel mehr) waren die 70er-Jahre. Doch dieses Jahrzehnt war nicht nur bunt und laut: Wer es bewusst erlebt hat, wird sich bestimmt auch noch an die Ölkrise, die RAF und die Rasterfahndung oder die Friedensbewegung erinnern.
Ein Jahrzehnt mit vielen Seiten - und einer Kultmarke, die ein Comeback geschafft hat: Creme 21. Die meisten deutschen Haushalte hatten die Hautcreme in der runden orangeroten Dose im Badezimmer-Spiegelschrank oder im Handschuhfach des Wagens.
Die Erinnerungen an die 70er sind aber untrennbar auch mit den Autos von damals verbunden, waren sie doch nicht selten knallbunt. Youngtimer heißen diese noch existierenden Fahrzeuge heute: 5er-BMW, Opel Manta, Ford Capri, Porsche Targa, Scirocco, Golf 1 und viele mehr. Kurz nach der Jahrtausendwende entstand bei einigen Autofans aus Oldenburg die Idee zu einer Youngtimer-Rallye mit Schwerpunkt 70er- und 80er-Jahre, die mit dem Bezug auf die Creme 21 im Namen bewusst an diese Zeit erinnert. Sie geht heuer in die 15. Auflage - und führt mit Rennertshofen, Neuburg und einer eigenen Wertungsprüfung in Baar-Ebenhausen sogar erstmals durch die Region.
Die beiden Gemeinderäte Stefan Beer und Sepp Rothe haben es geschafft, dass heuer die mindestens 21 Jahre alten Autos (gemeint ist die Baureihe) auch im Herzen Bayerns zu sehen sind. "Die Idee ist uns im Spaß bei einer Halben nach dem Gemeinderat gekommen", erzählt Rothe. Und weil Beer bei BMW arbeitet und das Münchener Automobilunternehmen aus Anlass seines 100-jährigen Bestehens nicht nur Partner, sondern auch Ziel der viertägigen Fahrt ist, kam die Sache ins Rollen. Die beiden sind nicht nur diese, sondern auch schon andere Rallyes mit Begeisterung gefahren und kennen sich bestens aus. "Da schwingt die Begeisterung für die 70er-Jahre mit", erzählt Beer, der aus Erfahrung weiß, dass auch die Creme21-Pflegeserie "irgendwie dabei ist". Die Creme21-Rallye ist dabei keine Rundfahrt im herkömmlichen Sinne. "Da steht der Spaß im Vordergrund, da fahren verrückte Typen mit." Da gibt es beispielsweise Holländer mit Blumenkästen am Golf oder Teams in Verkleidung. "Der Spaß steht eindeutig im Vordergrund, das ist einmalig", sagt Beer.
Natürlich gibt es auch Wertungsprüfungen, die ähnlich denen anderer Rallyes wie etwa der Donau Classic sind. Die größte Gaudi der über 220 Teams aus Deutschland und den Nachbarländern, von denen etliche schon mehrmals dabei waren, sind aber die Aufgaben, die sich die Veranstalter jedes Jahr aufs Neue ausdenken. Teebeutel-Weitwurf mit dem Mund, Dosenwerfen, Puzzles, die Beantwortung von Quizfragen oder das Angeln von Plastikenten wären nur einige Beispiele. "Seit der allerersten Rallye gehört auch die Kofferfrage dazu", weiß Beer. Ein Team erhält für genau 21 Sekunden den Creme21-Koffer, der mit irgendwelchen Dingen gefüllt ist. Später müssen dann Fragen dazu beantwortet werden.
Start der Rallye ist heute in der Cité de l' Automobil in Mulhouse im Elsass, wo der französische Staat die Bugatti-Sammlung der Gebrüder Schlumpf beherbergt. Am Abend steht die Schwarzwaldmetropole Freiburg auf dem Programm. Am Freitag geht es weiter nach Schramberg zu Junghans, wo es Einblicke in die automobile Geschichte der Uhrmacherkunst gibt. "Museumsbesuche, kulturelle Veranstaltungen oder Besichtigungen von Brauereien oder Tagebaubetrieben gehören bei der Creme 21 dazu", sagt Beer. Weitere Stationen sind unter anderem das Dornier-Museum in Friedrichshafen oder das Automobilmuseum Busch in Wolfegg.
Am Samstag läuft die Route über Neuburg und Rennertshofen nach Baar-Ebenhausen. Gegen Mittag werden die Fahrer am Sportheim erwartet, wo sie eine kurze Pause machen und eine Wertungsprüfung absolvieren. "Die Zuschauer werden die Autos also auch beim Fahren sehen", sagt Beer. Zielpunkt ist dann in München die offizielle Eröffnung der neuen BMW-Klassik-Welt an der Moosacher Straße, wo die Rallye zu Gast ist bei der großen Eröffnungsparty der neuen Heimat der Klassikabteilung von BMW.
P. S.: Am Ende der Rallye steht natürlich auch ein Sieger fest. Das ist aber nicht der Beste, das wäre ja langweilig. Den Hauptpreis gewinnt das Team, das Platz 21 belegt. Und es erhält auch einen nicht ganz alltäglichen Preis: Passend zur Entstehungsgeschichte der Rallye gibt es irgendwas aus den 70er-Jahren wie beispielsweise alte Plattenspieler oder Lampenschirme.
